Lehrertag 2006 - Pädagogisches Institut der EKvW
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stützendes Feld ausfällt (Familie als „verlängerter Arm <strong>der</strong> Schule“ bzw.<br />
„Überanpassung <strong>der</strong> Familie an die Schule“); 4. schließlich Jugendliche aus<br />
bildungsorientierten Familien mit hohen Schulabschlüssen und Bildungstiteln <strong>der</strong><br />
Eltern, wobei diese Jugendlichen deutlich unter diesen Bildungsabschlüssen<br />
bleiben (sogenannte „missratene Söhne und Töchter“).<br />
- Allerdings kann es Jugendlichen gelingen, sich gegen <strong>der</strong>artige Belastungen aus<br />
schulischen Versagenskarrieren zu immunisieren. Insbeson<strong>der</strong>e dann, wenn sie<br />
starke Einbindungen in subkulturelle Szenen und Cliquen aufweisen, die deutlich<br />
schuldistanziert o<strong>der</strong> schuloppositionell sind und darin auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Peers<br />
umfassende Anerkennung und emotionale Stützung erfahren (vgl. Fend 2000).<br />
Das Fatale daran ist, dass diese Stützung ihres Selbst und die Kompensation<br />
ihrer Entwertung durch diese Peermilieus zugleich eine weitere Verstärkung <strong>der</strong><br />
Schuldistanz impliziert, weil sie nun für schuloppositionelle Haltungen die<br />
Anerkennung ihrer Freunde erhalten.<br />
Kurz: Je nachdem welche Schulform und hier wie<strong>der</strong>um: welche Schule, mit welchen<br />
konkreten Bedingungen, Einzugsgebieten und regionalen Milieubezügen Jugendliche<br />
besuchen, erfahren sie eine sehr unterschiedliche För<strong>der</strong>ung und Unterstützung ihrer<br />
kognitiven Bildungsprozesse, ihrer Kompetenz- und Wissensentfaltung o<strong>der</strong> auch<br />
weitere Problemverschärfungen, Belastungen und Exklusion. Und für einen<br />
relevanten Teil <strong>der</strong> versagenden o<strong>der</strong> unter starkem Erfolgsdruck stehenden<br />
Jugendlichen resultieren daraus zusätzliche psychosoziale Belastungen und<br />
Destabilisierungen, die ihre schulischen Bildungsprozesse zusätzlich erheblich<br />
behin<strong>der</strong>n.<br />
Vom schulischen Bildungsmonopol zur Diversifizierung von Bildungs- und<br />
Lernorten Jugendlicher<br />
- Dieser These muss eine Relativierung vorausgeschickt werden: Das schulische<br />
Bildungsmonopol ist nämlich schon immer durch familiäre Bildung relativiert,<br />
denn die Familie ist neben <strong>der</strong> Schule ein zweiter zentraler Ort von<br />
Lernprozessen, die geradezu die Basis für schulische Bildungsprozesse<br />
darstellen. Gerade für das deutsche Schulsystem, das zeigt sich im<br />
internationalen Vergleich, sind diese familiär erworbenen Bildungsressourcen<br />
und das familiäre kulturelle Kapital hoch bedeutsam für den Erfolg in den<br />
schulischen Bildungsprozessen (vgl. Baumert u.a. 2003).<br />
- Daneben aber – und dies ist mit <strong>der</strong> These <strong>der</strong> Relativierung des schulischen<br />
Bildungsmonopols im Kern gemeint – entfalten sich vielfältige Möglichkeiten für<br />
Lernen und Bildung außerhalb <strong>der</strong> Schule: Im Rahmen von Vereinen und<br />
außerschulischen kulturellen Einrichtungen, im Kontext jugendkultureller<br />
Netzwerke und Peerzusammenhänge, im Zusammenhang neuer medialer,<br />
virtueller Lern- und Erfahrungsräume. All dies wird unter dem Stichwort einer<br />
Ausweitung und Pluralisierung informellen Lernens o<strong>der</strong> informeller Bildung<br />
gefasst (vgl. Grunert 2005).<br />
- Damit entstehen für Kin<strong>der</strong> und Jugendliche neue und erweiterte Möglichkeiten<br />
eines freieren, offenen, selbstgesteuerten, insbeson<strong>der</strong>e auch medialen Zugangs<br />
zu umfassenden Wissensbeständen jenseits <strong>der</strong> Schule: Jugendliche können<br />
sich verstärkt eigengesteuerte Wissens- und Bildungszugänge, die sie viel<br />
stärker selbstständig gestalten können und die enger mit ihren Interessen<br />
verbunden sind, jenseits von Schule und Lehrern und den dort gegebenen<br />
asymmetrischen und zwangsförmigen Erfahrungsräumen eröffnen.