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Lehrertag 2006 - Pädagogisches Institut der EKvW

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Wissen und Kompetenzen von Heranwachsenden zu initiieren und zu beför<strong>der</strong>n. Die<br />

folgenden Punkte scheinen mir – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – bedeutsam:<br />

- Der Lehrberuf ist keiner <strong>der</strong> „freien“ Berufe, son<strong>der</strong>n seine Entstehung ist –<br />

insbeson<strong>der</strong>e in Deutschland – auf das engste mit Staat und Organisation<br />

verbunden: Die pädagogische Profession <strong>der</strong> Lehrer ist damit eine staatlich<br />

konstituierte und kontrollierte. Pädagogisches Lehrerhandeln ist somit immer<br />

Handeln in staatlichen, organisatorischen Rahmungen gewesen und unterliegt<br />

<strong>der</strong>en Strukturierung. Es ist damit beson<strong>der</strong>s stark in die Spannung<br />

organisatorischer Vorstrukturierungen und <strong>der</strong> für professionelles Handeln<br />

notwendigen Offenheit <strong>der</strong> Gestaltung interaktiver und kommunikativer Prozesse<br />

gestellt.<br />

- Daher weist es in beson<strong>der</strong>er Form ein Autonomieproblem auf: Die Regeln, die<br />

Vorgehensweise, die Rahmenbedingungen des pädagogischen Handelns<br />

werden nicht von den Lehrkräften, son<strong>der</strong>n durch staatliche Beschlüsse, Erlasse,<br />

Verordnungen, Landes- und zum Teil Bundesgesetzgebungen geregelt. Erst in<br />

diesen Rahmungen können Lehrer ihre pädagogische, didaktische und<br />

methodische Freiheit realisieren. Die an<strong>der</strong>e Seite des Autonomieproblems ist,<br />

dass Lehrkräfte auch dazu neigen, diese Autonomieproblematik entlastend<br />

einzusetzen, ihre eigenen konkreten Handlungsspielräume systematisch<br />

unterschätzen und die Handlungszwänge zu stark zu betonen. So findet sich in<br />

den Deutungsmustern von Lehrkräften immer wie<strong>der</strong> ein Oszillieren zwischen<br />

<strong>der</strong> Klage zu vieler Zwänge und <strong>der</strong>en entlasten<strong>der</strong> Verwendung gegenüber<br />

Freiheits- und Gestaltungsauffor<strong>der</strong>ungen. Diese doppelte Autonomieproblematik<br />

wurzelt nicht zuletzt darin, dass Schulen als staatlich organisierte <strong>Institut</strong>ionen<br />

immer bereits vorgegeben und vorstrukturiert sind, so dass sich Lehrer im Zuge<br />

<strong>der</strong> zunehmenden Verfachlichung und Verwissenschaftlichung vornehmlich als<br />

Fachlehrer begreifen können, die zwar für die Vermittlung ihres fachlichen<br />

Wissens zuständig sind, nicht aber für die Gestaltung und <strong>Institut</strong>ionalisierung<br />

<strong>der</strong> Schule als einer pädagogischen <strong>Institut</strong>ion insgesamt.<br />

- Lehrer sind zudem ganz entscheidend in hoheitsstaatliche Aufgaben involviert,<br />

vor allem in Form von Selektionsentscheidungen, <strong>der</strong> Verteilung von<br />

Zugangsrechten und Lebenschancen. Sie sollen nicht nur Wissen, Kenntnisse,<br />

Fertigkeiten und Kompetenzen auf Seiten <strong>der</strong> Schülerinnen beför<strong>der</strong>n, son<strong>der</strong>n<br />

sie sollen diese auch beurteilen, in eine Rangreihe bringen,<br />

Zugangsberechtigungen und Chancen verteilen. Damit gestaltet sich ihre<br />

pädagogische Tätigkeit – in <strong>der</strong> deutschen Tradition des staatlichen<br />

Schulsystems mit seinen frühen und beson<strong>der</strong>s weitreichenden<br />

Selektionsentscheidungen beson<strong>der</strong>s drastisch – sehr wi<strong>der</strong>spruchsvoll: Sie<br />

werden – um mit einer Anleihe bei einer an<strong>der</strong>en Profession zu argumentieren –<br />

zugleich zu Anwälten <strong>der</strong> Schüler und zu <strong>der</strong>en Richtern. Daraus resultieren<br />

strukturelle Belastungen des Arbeitsbündnisses, des Vertrauens, <strong>der</strong><br />

notwendigen Nähe, Personorientierung und eine Verstärkung <strong>der</strong> Asymmetrie.<br />

Wenn sich in Untersuchungen zur Selektions- und Beurteilungstätigkeit von<br />

Lehrern zeigt, dass Lehrer damit vergleichsweise wenig Probleme haben (vgl.<br />

etwa Terhart 2001a, Lü<strong>der</strong>s 2001), dann ist dies auch darüber zu erklären, dass<br />

es genau dieser Aspekt ihrer Tätigkeit ist, <strong>der</strong> ihnen auch soziale Macht,<br />

Einflussmöglichkeiten und auch Druckmittel verleiht, kurz: <strong>der</strong> ihnen deutliche<br />

Macht über die Lebenschancen ihrer Klientel gibt.<br />

- Aus dieser Zwiespältigkeit resultiert für die Lehrerschaft ein „Mandatsproblem“:<br />

Ist <strong>der</strong> Lehrer/die Lehrerin zentral dem Staat, den hoheitsstaatlichen,<br />

insbeson<strong>der</strong>e den Selektionsaufgaben o<strong>der</strong> <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> einzelnen Schüler

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