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Lehrertag 2006 - Pädagogisches Institut der EKvW

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Und wie die Forschungsergebnisse zur Unterrichtsqualität zeigen, lassen sich<br />

zwar wichtige Dimensionen angeben, die den Unterrichtserfolg positiv<br />

beeinflussen, doch keine generalisierbare Vorgehensweise des Lehrerhandelns,<br />

die Unterrichtserfolg sicher versprechen kann (vgl. zusammenfassend Helmke<br />

2003, Meyer 2004).<br />

- Eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg im professionellen Handeln ist ein<br />

Arbeitsbündnis, das auf Gegenseitigkeit beruht, aber das nicht erzwungen<br />

werden kann, selbst wenn Zwang und Not im Spiel sind. Erst dieses<br />

Arbeitsbündnis sichert die Basis, dass Professionelle und Klienten am selben<br />

arbeiten, ein gemeinsames Ziel verfolgen, so dass Schüler sich etwa einen<br />

Gegenstand aneignen wollen, dafür mit allen Fragen, Unklarheiten und Fehlern,<br />

mit vorliegenden Vermutungen und Erklärungen sich an den Lehrer wenden, die<br />

dieser aufgreift, Hilfe zum Weiterdenken gibt, die Schüler stützt und flankiert,<br />

seinerseits Fragen stellt, vorschnelle Lösungen irritiert und dies alles ohne die<br />

Schüler für das Unwissen, die Fehler o<strong>der</strong> Irrwege zu beschämen. Fehlt ein<br />

<strong>der</strong>artiges Arbeitsbündnis, ist die Grundlage für die Initiierung von<br />

Bildungsprozessen und Wissenserwerb nicht gegeben. Dieses Arbeitsbündnis ist<br />

dabei durch strukturelle, nicht aufhebbare, son<strong>der</strong>n nur reflektiert zu<br />

handhabende Spannungen bzw. Antinomien gekennzeichnet (vgl. Schütze u.a.<br />

1996): Es bedarf des gegenseitigen Vertrauens, obwohl <strong>der</strong> Professionelle in<br />

aller Regel kein Vertrauter ist; es bedarf <strong>der</strong> Orientierung an <strong>der</strong> ganzen Person,<br />

an einer diffusen Nähe, obwohl <strong>der</strong> Professionelle eher fremd und nicht nah ist,<br />

eine Nähe, die aber zugleich begrenzt werden muss; es bedarf einer Als-Ob-<br />

Haltung <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung und Zuschreibung von Autonomie trotz bestehen<strong>der</strong><br />

Heteronomie etc. (vgl. Oevermann 2002, Helsper 2004, Helsper/Hummrich<br />

<strong>2006</strong>).<br />

- Professionelle besitzen – das unterscheidet sie von Ingenieuren, Statikern,<br />

Konstrukteuren, die ebenfalls eine wissenschaftliche Wissensbasis haben –<br />

somit keine sichere „Technologie“. Systemtheoretiker – wie etwa Niklas<br />

Luhmann (2001) – sprechen hier von einem „Technologiedefizit“, das in <strong>der</strong><br />

Medizin eher am geringsten, in <strong>der</strong> Pädagogik wohl am deutlichsten ausgeprägt<br />

ist.<br />

- Damit geht einher, dass Professionelle immer in <strong>der</strong> Spannung von Einzelfall<br />

und Verallgemeinerung arbeiten: Was in einem Fall gilt, muss nicht im an<strong>der</strong>en<br />

Fall auch umfassend gelten. Lehrer kennen das aus <strong>der</strong> immer wie<strong>der</strong>kehrenden<br />

Erfahrung, das eine Unterrichtsreihe, die im vorigen Jahr ganz ausgezeichnet<br />

lief, in diesem Jahr, in dieser Klasse ständig stockt. Zudem besteht die Gefahr,<br />

dem Einzelnen o<strong>der</strong> auch einer spezifischen Gruppe nicht gerecht zu werden,<br />

wenn sie vorschnell einem Typus untergeordnet werden: Also vorschnell als „Fall<br />

von...“ abgelegt werden. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite sind <strong>der</strong>artige Klassifikationen<br />

zwingend, weil nicht jedes Mal ein Einzelfall ganz neu entfaltet werden kann und<br />

weil subsumtive Eingruppierungen und Ordnungsschemata wichtig sind, um sich<br />

in komplexen Handlungszusammenhängen orientieren zu können.<br />

Was ist nun die Beson<strong>der</strong>heit – wenn die Typik des Lehrberufs als Profession zu<br />

fassen ist – dieser spezifischen pädagogischen Profession im Unterschied zu<br />

an<strong>der</strong>en? Dies hängt – wie<strong>der</strong> im Unterschied zu an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n und Kulturen –<br />

mit dem spezifischen deutschen Son<strong>der</strong>weg <strong>der</strong> Verberuflichung und<br />

<strong>Institut</strong>ionalisierung des Schulwesens und mit dem spezifischen Gegenstand, an dem<br />

sie arbeiten, zusammen, nämlich die psychische Entwicklung, Bildungsprozesse,

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