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Lehrertag 2006 - Pädagogisches Institut der EKvW

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geworden, in Lerngruppen ein Arbeitsklima herzustellen und aufrechtzuerhalten, das<br />

von Kooperation, Rücksichtnahme und gegenseitiger Toleranz geprägt ist. Aber es<br />

besteht die Möglichkeit, dass unter günstigen Voraussetzungen (Größe <strong>der</strong> Schule,<br />

Unterrichtsorganisation, Verzicht auf jeden vermeidbaren Wechsel <strong>der</strong> Lehrkräfte<br />

usw.) die Lehrerinnen und Lehrer zu bedeutungsvollen Erwachsenen werden. Mit<br />

ihnen können die Schülerinnen und Schüler die Auseinan<strong>der</strong>setzung suchen und von<br />

ihnen Orientierungshilfen auch in Bereichen erfahren, die weit über die unmittelbaren<br />

Inhalte des Fachunterrichts hinausgehen. Wer kennt nicht bewegende Biografien von<br />

Menschen, die ihrem Lehrer, ihrer Lehrerin entscheidende Impulse für ihr Leben<br />

verdanken! Nicht selten ist das <strong>der</strong> Grund dafür, dass junge Erwachsene diesen<br />

Beruf selbst ergreifen wollen.<br />

Lehrerbildung ist also immer auch Menschenbildung im Sinne einer Anbahnung von<br />

Potentialität und Sinnfindung. Wichtigstes Mittel ist dabei die Schaffung einer<br />

unterrichtlichen Gesprächskultur, in <strong>der</strong> unterschiedliche Positionen wahrgenommen,<br />

reflektiert und respektiert werden. Martin Buber:<br />

Nicht <strong>der</strong> Unterricht erzieht, aber <strong>der</strong> Unterrichtende. Der gute Lehrer erzieht mit<br />

seiner Rede und mit seinem Schweigen, in den Lehrstunden und in den Pausen, im<br />

beiläufigen Gespräch, durch sein bloßes Dasein, er muss nur ein wirklich existenter<br />

Mensch sein und er muss bei seinen Schülern wirklich gegenwärtig sein; er erzieht<br />

durch Kontakt. Kontakt ist das Grundwort <strong>der</strong> Erziehung. … Es bedeutet nicht bloß<br />

Auskunftsuchen von unten und Auskunftgeben von oben, auch nicht bloß Fragen<br />

und Antworten hinüber und herüber, son<strong>der</strong>n echtes Wechselgespräch, das <strong>der</strong><br />

Lehrer zwar leiten und beherrschen, in das er aber eben doch auch mit seiner<br />

eigenen Person unmittelbar und unbefangen eintreten muss…. Das ist es, was ich<br />

das dialogische Prinzip <strong>der</strong> Erziehung nenne.<br />

Alles Lernen in schulischen Lernzusammenhängen ist jedoch in seiner Wirkung in<br />

Frage gestellt, wenn die Erfahrungen in <strong>der</strong> Alltagswelt dem schulischen Lernen<br />

wi<strong>der</strong>sprechen. Schülerinnen und Schüler nehmen kritisch wahr, ob Verhalten und<br />

Reden <strong>der</strong> Lehrerinnen und Lehrer übereinstimmen. Sie vertrauen denen, die sich für<br />

sie als verlässlich, ehrlich und gerecht erweisen. Sie messen sie daran, wie sie ihr<br />

soziales Verhältnis zu den Schülerinnen und Schülern gestalten und ob es nicht<br />

durch ihre persönlichen Existenzvollzüge Lügen gestraft wird. Dabei erwarten die<br />

Schüler keineswegs Heilige, son<strong>der</strong>n respektieren durchaus die Brüchigkeit und<br />

Wi<strong>der</strong>sprüchlichkeit des Lebens, sofern diese nicht durch leere Formeln und<br />

ethischen Rigorismus überdeckt wird.<br />

Gleichwohl werden die hohen Erwartungen <strong>der</strong> Schülerinnen und Schüler an die<br />

Person des Lehrers bzw. <strong>der</strong> Lehrerin von diesen vielfach als persönliche<br />

Überfor<strong>der</strong>ung empfunden. Je<strong>der</strong> Lehrer muss unzählige wi<strong>der</strong>sprüchliche Strukturen<br />

und Erfahrungen aushalten. Wenn er sich davon nicht zerreiben lassen will, braucht<br />

er eine grundlegende personale Standhaftigkeit und Authentizität. In evangelischer<br />

Perspektive gewinnt er diese aus <strong>der</strong> Zusage, dass er nicht mit seinem Werk<br />

identisch ist. Er darf Fehler machen, er darf zu seinen Fehlern stehen. Er braucht<br />

keine Allmachtspose, er ist we<strong>der</strong> Retter seiner Schüler noch guter Hirte, <strong>der</strong> seine<br />

Schafe sorgsam behüten muss. Im Licht des christlichen Glaubens, gerade in seiner<br />

reformatorischen

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