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Lehrertag 2006 - Pädagogisches Institut der EKvW

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- 99 -<br />

mich und stellte mich auf meine Füße. Wer ist Subjekt? Wer tut etwas und mit wem<br />

geschieht etwas? Es bleibt offen, was einer tut und was ihm geschieht. Diese<br />

sprachliche Unschärfe ist wohl so gewollt, die Ungenauigkeit ist Ausdruck höchster<br />

Genauigkeit, stellt <strong>der</strong> Bochumer Alttestamentler Jürgen Ebach zu dieser Stelle fest.<br />

Es bleibt unscharf, was ein Mensch tut und was ihm wi<strong>der</strong>fährt, wenn Gottes Geist<br />

am Werk ist. Wir kennen das auch aus <strong>der</strong> Umgangssprache: Meine Lebensgeister<br />

kehrten zurück, sagen wir o<strong>der</strong> Meine Lebensgeister erwachten wie<strong>der</strong>. Wo Gottes<br />

Geist weht, kommt Leben in uns und die Lebensgeister kehren zurück. Es bedarf<br />

mehr als des Ich, das um sich selber kreist, um zum Ich zu werden, um im Vollsinn<br />

Ich sagen zu können. Das Ich bedarf einer von außen kommenden Kraft, bedarf <strong>der</strong><br />

Kommunikation, <strong>der</strong> Beziehung. Allein auf sich selbst bezogen ist <strong>der</strong> Mensch<br />

eingekrümmt in sich selbst, incurvatus in se ipsum – so definiert Luther Sünde.<br />

Freiheit aber ist ein Geschenk. Freiheit kommt aus Anerkennung. Schon in <strong>der</strong> Taufe<br />

wurde uns gesagt: Ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein. Ein<br />

Mensch hat Wert und Würde allein, weil er da ist. Unabhängig von dem, was ein<br />

Mensch aus sich macht, hat er als Person eine unverrechenbare Würde. Wo Gottes<br />

Geist weht, erfahren wir Anerkennung und die weckt unsere Lebensgeister. Gottes<br />

Geist befreit zum Leben. Das Geschenk ist die tiefe Lebensgewissheit, dass wir viel<br />

mehr sind als das, was wir leisten o<strong>der</strong> anrichten. Das Geschenk ist ein getröstetes<br />

Herz. Wo <strong>der</strong> Geist Gottes weht, da kann ein Mensch aufatmen und durchatmen.<br />

Wirklich Ich sagen können ist immer mehr als nur Ich sagen: Ein eigener Mensch<br />

sein können, bedeutet, das Entscheidende empfangen zu haben und immer wie<strong>der</strong><br />

neu zu empfangen. Das schenkt eine unglaubliche Freiheit.<br />

IV<br />

Wo <strong>der</strong> Geist des Herrn ist, da ist Freiheit. Aber we<strong>der</strong> über den Geist des Herrn<br />

noch über die Freiheit können wir einfach verfügen. Wir können sie nicht mitnehmen,<br />

im Pult aufgewahren und jeden Tag ein Stückchen davon abschneiden. Wir leben<br />

von Grundlagen, die uns nicht einfach zur Verfügung stehen. Aber wir können dem<br />

Geist des Herrn Raum geben, damit sein frischer Wind bei uns wehen kann. Wie ihm<br />

Raum geben? Indem wir unter uns eine Mitte frei lassen für Gott; in je<strong>der</strong> Schule zum<br />

Beispiel eine Mitte frei räumen für Gott. Freiheit und Gemeinschaft wachsen dort, wo<br />

es einen Sinn für das Heilige gibt. Aus dieser Mitte wächst eine Freiheit aus Bindung<br />

und eben keine Beliebigkeit. Sie wurzelt in Gott.<br />

Diese Freiheit aus Bindung an Gott führt in die Verantwortung für an<strong>der</strong>e. Wie ein<br />

frischer Luftzug in stickiger Luft befreit sie Menschen. Es ist eine Befreiung, wenn<br />

Menschen selber schreiben, lesen und rechnen können, wenn Menschen sich in <strong>der</strong><br />

Welt orientieren und an<strong>der</strong>en Orientierung geben können. Bildung ist die Grundlage<br />

für die Freiheit, sich in Gesellschaft und Beruf einzubringen. Hingegen wird keine<br />

noch so reformfreudige Schule bei Jugendlichen fruchten, wenn sie in<br />

Arbeitslosigkeit mündet, in <strong>der</strong> Botschaft also: ihr werdet nicht gebraucht. Kein<br />

Mensch darf wegen seiner Herkunft in <strong>der</strong> Entwicklung behin<strong>der</strong>t werden. Darum<br />

setzt <strong>der</strong> Geist <strong>der</strong> Freiheit uns an die Arbeit, Menschen durch Bildung von Fesseln<br />

zu befreien.<br />

Nein, wir haben es nicht eine Nummer kleiner: Schule, Freiheit und <strong>der</strong> Geist des<br />

Herrn gehören ganz eng zusammen.<br />

Mit den Worten von Hans Dieter Hüsch:<br />

Wie oft hat er uns verlassen

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