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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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aussichtslos wäre es auch, die Liebe über ihre Funktion e<strong>in</strong>sichtig machen zu wollen o<strong>der</strong> eben<br />

<strong>Vertrauen</strong> lediglich zu funktionalisieren. Wenn die Freiheit, sich für o<strong>der</strong> gegen <strong>Vertrauen</strong> zu<br />

entscheiden, die Bed<strong>in</strong>gung <strong>der</strong> Möglichkeit ist, dann kann ich diese Freiheit nicht e<strong>in</strong>sichtig<br />

machen, weil E<strong>in</strong>sicht ke<strong>in</strong> Bedarf an <strong>Vertrauen</strong> hat.<br />

Die Freiheit <strong>der</strong> Akteure besteht dann dar<strong>in</strong> zu entscheiden, ob <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e aus ihrer<br />

Sicht vertrauenswürdig ist o<strong>der</strong> nicht. Damit wird das Problem <strong>der</strong> <strong>Vertrauen</strong>sbereitschaft zu<br />

e<strong>in</strong>em Problem <strong>der</strong> spezifischen personalen E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> <strong>Vertrauen</strong>swürdigkeit unter <strong>der</strong><br />

Prämisse doppelter Kont<strong>in</strong>genz. Das heißt nicht, dass <strong>Vertrauen</strong> nun doch bl<strong>in</strong>d vergeben wird.<br />

Die <strong>Vertrauen</strong>sdynamik unterliegt nur komplexeren Voraussetzungen. Gewöhnlich s<strong>in</strong>d solche<br />

Entscheidungen auf stereotype (vertraute) Weise gerahmt. Dies bedeutet sowohl normative als<br />

auch kulturelle Codes <strong>und</strong> be<strong>in</strong>haltet Me<strong>in</strong>ungswissen, Klischees <strong>und</strong> Vorurteile 82 , die<br />

ihrerseits Argumentationsvorentscheidungen darstellen zur potentiellen Problembewältigung.<br />

All dies kann aber nicht ständig rational verfügbar gemacht werden, was mit dem Aspekt <strong>der</strong><br />

Begrenzung angesprochen wurde. Und letztlich werden trotz e<strong>in</strong>es Lebens <strong>in</strong> Kont<strong>in</strong>genz nicht<br />

alle Erfahrungen gemacht, die theoretisch möglich s<strong>in</strong>d. Es muss von personenbezogenen<br />

Regelhaftigkeiten <strong>und</strong> strukturellen Kanalisierungen ausgegangen werden (vgl. Preisendörfer 1995,<br />

Junge 1998). <strong>Vertrauen</strong> ist damit we<strong>der</strong> re<strong>in</strong> objektiv im S<strong>in</strong>ne von Wahrheit, noch e<strong>in</strong>e re<strong>in</strong><br />

subjektive Angelegenheit aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Bed<strong>in</strong>gung <strong>der</strong> Reziprozität. <strong>Vertrauen</strong> be<strong>in</strong>haltet<br />

primär die Freiwilligkeit <strong>und</strong> Alternativität <strong>der</strong> Entscheidung. Dieses <strong>Vertrauen</strong> muss mit<br />

Ungewissheit <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er Motivation unter Ungewissheit umgehen. Und erst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zweiten<br />

Schritt f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e Risikobewertung statt, unter <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> Glaubwürdigkeit <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er<br />

wie auch immer gearteten Evidenz, unter Bewertungsmaßstäben, welche sowohl von objektiver<br />

Kenntnis als auch von subjektiver Zustimmung abhängen. In dieser Dynamik <strong>und</strong> Reflexivität<br />

von eigen<strong>in</strong>teressiertem, rationalem Verhalten e<strong>in</strong>erseits <strong>und</strong> erwartungs- <strong>und</strong> normgesteuertem<br />

Verhalten an<strong>der</strong>erseits kann die <strong>Vertrauen</strong>sbereitschaft e<strong>in</strong>e Brückenfunktion (vgl. Preisendörfer<br />

1995, 269) e<strong>in</strong>nehmen zwischen Entscheidungsfreiheit e<strong>in</strong>erseits <strong>und</strong> kulturellem Determ<strong>in</strong>ismus<br />

an<strong>der</strong>erseits.<br />

<strong>Vertrauen</strong> <strong>in</strong> doppelt kont<strong>in</strong>genten Situationen ist <strong>in</strong>sofern immer e<strong>in</strong>e Leistung des<br />

konkreten Individuums <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er konkreten Handlungssituation mit <strong>der</strong> subjektiven <strong>und</strong> immer<br />

riskanten E<strong>in</strong>schätzung <strong>der</strong> <strong>Vertrauen</strong>swürdigkeit des an<strong>der</strong>en.<br />

82 Hierzu gehören eben auch all die gutgeme<strong>in</strong>ten Sprichwörter wie: „<strong>Vertrauen</strong> ist gut, Kontrolle besser“, o<strong>der</strong><br />

„wer e<strong>in</strong>mal lügt, dem glaubt man nicht...“<br />

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