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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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Zum Schluss dieses Abschnitts soll nochmals das Verhältnis von Risiko zu<br />

Ungewissheit geklärt werden. E<strong>in</strong>erseits wurde Risiko funktional def<strong>in</strong>iert als das Bewusstse<strong>in</strong><br />

über die Gemachtheit <strong>der</strong> Welt aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> kont<strong>in</strong>genten Entscheidungen <strong>der</strong> Akteure, wie bei<br />

Luhmann, an<strong>der</strong>erseits bedeutet handlungstheoretisch e<strong>in</strong>e Entscheidung unter Risiko bei<br />

Coleman die potentielle Kalkulierbarkeit des Geschehens.<br />

Im H<strong>in</strong>blick auf den nächsten Abschnitt möchte ich die These aufstellen, dass (echtes)<br />

<strong>Vertrauen</strong> e<strong>in</strong>e Ressource ist, für die man sich entscheiden kann, um allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e<br />

Kooperation unter Ungewissheit e<strong>in</strong>gehen zu können. Dabei folge ich zunächst <strong>der</strong><br />

Argumentation von Beckert (1997, 60ff), um die Differenz zwischen Risiko <strong>und</strong> Ungewissheit<br />

<strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen Konsequenzen herauszuarbeiten.<br />

Immer dann, wenn zwei (<strong>und</strong> mehr) Akteure mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> kooperieren, muss mit<br />

unvollständigen Informationen <strong>und</strong> asymmetrischer Informationsverteilung gerechnet werden.<br />

Diese pr<strong>in</strong>cipal-agent Probleme <strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>ene Unh<strong>in</strong>tergehbarkeit des<br />

Kooperationsparadoxes e<strong>in</strong>er gr<strong>und</strong>sätzlichen Interessendivergenz, kann unter <strong>der</strong> Annahme<br />

<strong>der</strong> ökonomischen Handlungstheorie nicht h<strong>in</strong>reichend gelöst werden. Die Lösungen durch<br />

Iteration o<strong>der</strong> Sanktion, im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternen bzw. externen Lösung des Dilemmas, s<strong>in</strong>d<br />

äußerst voraussetzungsreich <strong>und</strong> lassen wie<strong>der</strong>um multiple Gleichgewichte erwarten. Hieraus<br />

ergeben sich zwei Grenzen. Erstens: „E<strong>in</strong> auf <strong>in</strong>dividuelle Nutzenmaximierung ausgerichtetes<br />

Handeln führt zu pareto<strong>in</strong>ferioren 77 Gleichgewichten, <strong>der</strong>en Überw<strong>in</strong>dung nur durch die<br />

Integration <strong>der</strong> Möglichkeit von „irrationalem“ Handeln erklärt werden kann. Es kann rational<br />

se<strong>in</strong>, irrational zu handeln“ 78 (ebd. 61).<br />

Das hier zu behandelnde Problem bezieht sich jedoch auf die zweite Grenze, die mit<br />

dem Problem <strong>der</strong> Ungewissheit zu tun hat: „Das Problem ist nicht, wie beim<br />

Kooperationsproblem, dass e<strong>in</strong>e rationale Handlungsstrategie die Erreichung des effizienten<br />

Resultats verh<strong>in</strong><strong>der</strong>t, son<strong>der</strong>n dass e<strong>in</strong>e optimale Strategie nicht erkannt werden kann“ (ebd.).<br />

Wie gehen Akteure mit Situationen um, <strong>in</strong> denen es gar nicht irrational ist, rational zu handeln,<br />

son<strong>der</strong>n unmöglich, weil für e<strong>in</strong>e mögliche Handlungsstrategie die kausalen Beziehungen nicht<br />

bekannt s<strong>in</strong>d? Ungewissheit wird damit zur zentralen Limitation des ökonomischen<br />

Ordnungsmodells.<br />

77<br />

Das e<strong>in</strong>malige Gefangenendilemma führt bspw. zu e<strong>in</strong>em pareto-suboptimalen Ergebnis, weil das<br />

Eigen<strong>in</strong>teresse <strong>der</strong> Akteure zu e<strong>in</strong>em Ergebnis führt, welches schlechter ist als e<strong>in</strong> möglicherweise erreichbares<br />

an<strong>der</strong>es Ergebnis (d. Verf.).<br />

78 Beckert verweist hierbei nochmals auf das Dilemma, Rationalität als e<strong>in</strong> Konzept zu beschreiben, mit dem<br />

e<strong>in</strong>deutige Prognosen über Handlungen erstellt werden könnten: wenn Irrationalität zu e<strong>in</strong>er plausiblen, i.e.<br />

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