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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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Kapitel 3<br />

Die Reflexivität des <strong>Vertrauen</strong>s<br />

E<strong>in</strong>leitung:<br />

In <strong>der</strong> bisherigen Untersuchung wurde <strong>Vertrauen</strong> zunächst als e<strong>in</strong>e Ressource<br />

beschrieben, die konstitutionslogisch dem Handeln vorgeordnet war. <strong>Vertrauen</strong> reduzierte als<br />

soziale Ressource Komplexität <strong>und</strong> ermöglichte damit Kooperation. Solidarität,<br />

Nachbarschaftshilfe <strong>und</strong> ganz allgeme<strong>in</strong> die reziproke Erwartung von Gegenseitigkeit waren<br />

das Resultat e<strong>in</strong>er vertrauensbasierten Interaktion. In diesem S<strong>in</strong>ne waren<br />

<strong>Vertrauen</strong>sbeziehungen auch jeweils an konkrete materielle Tauschbeziehungen rückgeb<strong>und</strong>en<br />

<strong>und</strong> dienten sowohl <strong>der</strong> Sicherung von Eigentum als auch <strong>der</strong> Sicherung von Macht:<br />

„<strong>Vertrauen</strong> ist also nie nur e<strong>in</strong>e ideelle Größe, son<strong>der</strong>n von Anfang an <strong>in</strong> die Ökonomie<br />

e<strong>in</strong>gelassen. Daher än<strong>der</strong>n sich <strong>Vertrauen</strong>s-beziehungen, wenn sich die Ökonomie än<strong>der</strong>t, <strong>und</strong><br />

vice versa“ (Heisig/ Littek 1995, 301). 62<br />

Wenn <strong>Vertrauen</strong> also e<strong>in</strong>e relevante Größe <strong>in</strong> sozialen Tauschbeziehungen ist, dann<br />

muss es auch möglich se<strong>in</strong>, die Rationalität von <strong>Vertrauen</strong> nachvollziehen zu können. Die<br />

Dynamik von <strong>Vertrauen</strong> muss sich aus den rationalen Wahlhandlungen <strong>der</strong> Akteure<br />

erschließen lassen können, ansonsten wäre <strong>Vertrauen</strong> etwas, was schon vor den Akteuren da<br />

war. Dann würde man <strong>Vertrauen</strong>sakte e<strong>in</strong>fach ausführen, ohne ihre Evidenz, jenseits <strong>der</strong><br />

Absichten <strong>der</strong> Akteure, e<strong>in</strong>sichtig machen zu können.<br />

Dennoch ließ sich <strong>Vertrauen</strong> auch aus e<strong>in</strong>er Rational-Choice Perspektive nicht<br />

ausschließlich auf se<strong>in</strong>e Rationalität zurückführen, vielmehr erschien <strong>Vertrauen</strong> aus dieser<br />

Sicht re<strong>in</strong> rational als irrational. Die Erklärung hierfür liegt <strong>in</strong> den verschiedenen Dimen-sionen<br />

dessen, was alles mit dem Begriff <strong>Vertrauen</strong> erklärt werden soll. <strong>Vertrauen</strong> mag irgendwo<br />

zwischen Wissen <strong>und</strong> Nichtwissen, zwischen Überzeugung <strong>und</strong> Hoffen, zwischen re<strong>in</strong>er<br />

Rationalität <strong>und</strong> Irrationalität liegen, <strong>und</strong> entspricht doch ke<strong>in</strong>em dieser Begriffe vollständig;<br />

<strong>in</strong>sofern ist es unter e<strong>in</strong>er solchen Begriffsunklarheit auch nicht möglich, die e<strong>in</strong>e Rationalität<br />

von <strong>Vertrauen</strong> herauszuarbeiten.<br />

Im folgenden Kapitel gilt es, das „<strong>Vertrauen</strong>sspektrum“ zu differenzieren. <strong>Vertrauen</strong><br />

bewegt sich dabei von Vertrautheit über Zuversicht h<strong>in</strong> zu Zutrauen <strong>und</strong> <strong>Vertrauen</strong> o<strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

englischen Literatur von familiarity über confidence <strong>und</strong> reliance h<strong>in</strong> zu trust. Die<br />

Schwierigkeit <strong>in</strong> dieser Form <strong>der</strong> Abgrenzung liegt dar<strong>in</strong>, dass auch die verschiedenen Autoren<br />

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