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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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die Bed<strong>in</strong>gungen se<strong>in</strong>er Möglichkeiten. <strong>Vertrauen</strong> ist <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Ausschließlichkeit bl<strong>in</strong>d, ebenso<br />

wie Misstrauen. <strong>Vertrauen</strong>, als willentlicher Akt, setzt Stabilität anstelle von Kont<strong>in</strong>genz.<br />

<strong>Vertrauen</strong> arbeitet über Sicherheit <strong>und</strong> Langfristigkeit, um zur Konsequenz se<strong>in</strong>er eigenen<br />

Voraussetzung zu werden. Gerade dar<strong>in</strong> läuft <strong>Vertrauen</strong> Gefahr, aus Stabilität Starrheit werden<br />

zu lassen, <strong>und</strong> se<strong>in</strong>erseits die Flexibilität, welche man sich als Voraus-setzungen zur<br />

Kooperation erwünscht hat, <strong>in</strong>flexibel werden zu lassen. So wie es „um die Beherrschung des<br />

Wechselspiels zwischen <strong>in</strong>terner Kooperation <strong>und</strong> Konkurrenz sowie zwischen zentraler<br />

Kontrolle <strong>und</strong> dezentraler Autonomie“ (Hirsch-Kre<strong>in</strong>sen 1995, 429) geht, so gilt es e<strong>in</strong>e Balance<br />

herzustellen zwischen gezielter Verunsicherung als <strong>Vertrauen</strong>sabbau e<strong>in</strong>erseits, <strong>und</strong><br />

vertrauensbildende Maßnahmen an<strong>der</strong>erseits, um e<strong>in</strong> Übermaß an Misstrauen abzufe<strong>der</strong>n.<br />

Unter dieser Perspektive benötigt e<strong>in</strong>e Organisation wie<strong>der</strong>um sowohl <strong>Vertrauen</strong>s- als<br />

auch Misstrauenselemente. Wobei dieser Wechsel nicht reibungslos verlaufen kann. Wie<br />

bereits verdeutlicht wurde, kann es „gefährlich“ werden, vertrauensbasierte Beziehungen<br />

gezielt zu verunsichern. Wurde die Schwelle überschritten, welche die <strong>Vertrauen</strong>sprozesse<br />

kontrollierte, gilt es, die wie<strong>der</strong>entstandene Komplexität <strong>in</strong> nicht-zerstörerische Bahnen zu<br />

lenken. Luhmann (vgl. 1989, ref. n. Kap. 10) def<strong>in</strong>iert den Bedarf an Misstrauen wie folgt: Wenn<br />

e<strong>in</strong> soziales System misstrauisches Verhalten se<strong>in</strong>er Teilnehmer für bestimmte Funktionen<br />

benötigt o<strong>der</strong> nicht vermeiden kann, so braucht es zugleich Mechanismen, die verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n, dass<br />

das Misstrauen überhand nimmt <strong>und</strong> sich das System ggf. durch Prozesse wechselseitiger<br />

Steigerung selbst zerstört. Es muss folglich Möglichkeiten geben, Endzeitpunkte zu fixieren,<br />

mit denen e<strong>in</strong>e schwelende Unsicherheit auch abgeschlossen werden kann <strong>und</strong> dann ke<strong>in</strong><br />

legitimer Anlass mehr für Misstrauen besteht. Für Luhmann liegt gerade auch dar<strong>in</strong> die<br />

Funktion <strong>und</strong> <strong>der</strong> S<strong>in</strong>n von Institutionen des Strafens, Büßens <strong>und</strong> Verzeihens. Unwesentliche<br />

Misstrauensakte können abgefangen <strong>und</strong> neutralisiert werden, bzw. die Zirkel wachsenden<br />

Misstrauens können unterbrochen werden. Durch diese Unterbrechungen verschafft sich das<br />

System wie<strong>der</strong> Zeit, um erneut <strong>Vertrauen</strong> zu lernen <strong>und</strong> <strong>Vertrauen</strong>skapital anzusammeln.<br />

Aus Sicht <strong>der</strong> Akteure gesprochen bedeutet dies, dass e<strong>in</strong> Pr<strong>in</strong>zipal sich bewusst se<strong>in</strong><br />

muss, dass er Innovation zwar durch das Initiieren von Misstrauen bewirken kann, zugleich<br />

muss er sich aber auch vergegenwärtigen, dass er die langfristige Perspektive <strong>der</strong> Kooperation<br />

auf Seiten se<strong>in</strong>er Agenten potentiell aufs Spiel setzt.<br />

Diese „Mischformen“ sowohl von Markt <strong>und</strong> Hierarchie als auch von <strong>Vertrauen</strong> <strong>und</strong><br />

Misstrauen lassen sich letztlich überall erkennen. Sofern man von <strong>der</strong> pr<strong>in</strong>zipiellen<br />

Wahlfreiheit <strong>der</strong> Akteure ausgeht, lassen sich diese Ebenen nur dann umgehen, wenn man das<br />

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