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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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1997, 135). Bürokratisch strukturierte Organisationen setzten bei <strong>der</strong> Ausbildung von<br />

<strong>Vertrauen</strong>sbeziehungen gerade darauf, dass die Mitglie<strong>der</strong> auf Dauer an sie geb<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d.<br />

Diese Garantie <strong>der</strong> lebenslangen Beschäftigung wird des weiteren durch das Laufbahnpr<strong>in</strong>zip<br />

ergänzt, das jedem Beschäftigten, <strong>der</strong> sich systemkonform verhält, e<strong>in</strong>e bürokratische Karriere<br />

verspricht. Es gilt folglich nicht alle<strong>in</strong> das Kontrollpr<strong>in</strong>zip, son<strong>der</strong>n ebenso soll <strong>der</strong><br />

Beschäftigte aufgefor<strong>der</strong>t werden, sich motiviert <strong>und</strong> ehrgeizig um die Erfüllung se<strong>in</strong>er<br />

Pflichten zu kümmern – gleichsam aus Dankbarkeit für das „Behütet- Werden“ durch die<br />

Organisation.<br />

Die Frage ist, was für e<strong>in</strong>e <strong>Vertrauen</strong>sdimension h<strong>in</strong>ter e<strong>in</strong>em Begriff wie Loyalität <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> L<strong>in</strong>ie <strong>der</strong> Hierarchie steckt? „Die Fähigkeit <strong>der</strong> Bürokratie, die sie tragenden Akteure an<br />

sie zu b<strong>in</strong>den <strong>und</strong> diese zu willigen Vollstreckern ihrer Pr<strong>in</strong>zipien zu machen, beruht demnach<br />

im wesentlichen darauf, dass bürokratische Organisationen materielle Ressourcen <strong>und</strong> Chancen<br />

kontrollieren, die nur ihren Angehörigen zugänglich s<strong>in</strong>d, während „Fremde“ ausdrücklich<br />

davon ausgeschlossen bleiben. Die Mitglie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er bürokratisch strukturierten Organisation<br />

bilden <strong>in</strong>sofern e<strong>in</strong>e <strong>Vertrauen</strong>sgeme<strong>in</strong>schaft, die durch Zugeständnisse <strong>und</strong> die Gewährung<br />

von persönlichen Vorteilen zusammengehalten wird“ (Heisig 1997, 134, kursiv im Orig.).<br />

Wenn folglich bestimmte Aufgabenbereiche we<strong>der</strong> e<strong>in</strong>deutig def<strong>in</strong>iert noch vollständig<br />

kontrolliert werden können, sche<strong>in</strong>t <strong>Vertrauen</strong> das Mittel <strong>der</strong> Wahl zu se<strong>in</strong>. Indem e<strong>in</strong> Beamter<br />

e<strong>in</strong>en Amtseid leistet, vollzieht er e<strong>in</strong>e Selbstb<strong>in</strong>dung an se<strong>in</strong>e Aufgabe, um über e<strong>in</strong>e<br />

Innenf<strong>und</strong>ierung <strong>der</strong> Pflicht möglichem Kontrollversagen vorzubeugen. Dies wird immer dann<br />

<strong>der</strong> Fall se<strong>in</strong>, wenn langfristige <strong>und</strong> hochgradig unsichere Austauschbeziehungen nicht<br />

hierarchisch gesteuert werden können. Sei es wegen exogener Kont<strong>in</strong>genzen o<strong>der</strong> endogenen<br />

Unsicherheiten bzgl. <strong>der</strong> pr<strong>in</strong>zipiellen Leistungsfähigkeit <strong>der</strong> Akteure 58 , o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Entscheidung<br />

bzgl. ihres kooperativen Verhaltens (vgl. Rößl 1996, 316f).<br />

Unter diesen Voraussetzungen kann <strong>Vertrauen</strong> vielleicht unterstützen, aber nicht die<br />

Fehler wett machen, die systemimmanent s<strong>in</strong>d. Das gr<strong>und</strong>sätzliche Problem <strong>der</strong><br />

Interessendivergenz bleibt nach wie vor bestehen <strong>und</strong> löst sich nicht e<strong>in</strong>fach auf. <strong>Vertrauen</strong><br />

kann im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er reziproken Selbstverpflichtung die Akteure an ihre Versprechungen <strong>und</strong><br />

„Abkommen“ er<strong>in</strong>nern, solange <strong>Vertrauen</strong> als soziales Kapital im geme<strong>in</strong>samen Austausch<br />

erhalten wird. Es kann aber <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>ne nicht e<strong>in</strong>geklagt werden.<br />

Vielmehr wird diese Form von <strong>Vertrauen</strong> durch e<strong>in</strong>en Charakter <strong>der</strong> Verpflichtung <strong>und</strong><br />

Langfristigkeit gespeist. Die lebenslange B<strong>in</strong>dung, o<strong>der</strong> zum<strong>in</strong>dest die mittel- bis langfristige<br />

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