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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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Herrscht Informationsasymmetrie auf dem Markt <strong>und</strong> könnte deshalb e<strong>in</strong> Markt-versagen<br />

möglich werden, so kann man entwe<strong>der</strong> den D<strong>in</strong>gen se<strong>in</strong>en Lauf lassen o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>es<br />

„worst case scenario“ sich alle (Un-)Möglichkeiten vorstellen, die evtl. noch passieren könnten.<br />

Durch die misstrauische Verengung <strong>der</strong> Perspektive <strong>und</strong> das ausschließliche Fixieren auf das<br />

Schlimmste, was jemals passieren kann, ersche<strong>in</strong>t es dann zw<strong>in</strong>gend geboten „zu retten, was zu<br />

retten ist“. Insofern ist unmittelbares Gew<strong>in</strong>nstreben statt langfristiger Gew<strong>in</strong>nkalküle die<br />

„rationalere“ Antwort auf misstrauische Befürchtungen. Sztompka (1995) stellt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Untersuchung über se<strong>in</strong> Heimatland Polen heraus, dass das allgeme<strong>in</strong>e Misstrauen über e<strong>in</strong>e<br />

unklare Zukunft e<strong>in</strong>e Fixierung auf die Gegenwart bed<strong>in</strong>gt. Auffallend hoch s<strong>in</strong>d die Ausgaben<br />

für Konsumartikel, woh<strong>in</strong>gegen kaum langfristige Investitionen getätigt werden. Das ersparte<br />

Geld wird <strong>in</strong> „harten“ Devisen angelegt, anstatt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>heimischer Währung. Boomende private<br />

Sicherheitsdienste, Detektivbüros <strong>und</strong> Inkassobüros s<strong>in</strong>d die „misstrauischen“ Marktalternative<br />

zu staatlichen Behörden.<br />

Der Markt verursacht nicht genu<strong>in</strong> Misstrauen. Misstrauen ist nur e<strong>in</strong> weiterer Faktor,<br />

<strong>der</strong> Marktversagen beschleunigt, <strong>in</strong>dem genau dem Pr<strong>in</strong>zip des Eigen<strong>in</strong>teresses als Ursache für<br />

das Versagen misstraut wird, <strong>und</strong> zwar dann, wenn es nicht mehr funktioniert. Dann wird <strong>der</strong><br />

Ruf laut, dass genau dieses Pr<strong>in</strong>zip gezügelt werden muss, dass man dem bl<strong>in</strong>den<br />

zerstörerischen Egoismus durch Autorität E<strong>in</strong>halt gebieten muss.<br />

Hierarchieversagen<br />

Innerhalb e<strong>in</strong>er Organisation ist Hierarchie die asymmetrische <strong>und</strong> unvollständig<br />

def<strong>in</strong>ierte Autorität e<strong>in</strong>es Akteurs, mit dem Ziel, die Aktivitäten e<strong>in</strong>es an<strong>der</strong>en <strong>in</strong>nerhalb<br />

gewisser Grenzen zu führen. Dieses Verhältnis ist weitgehend vertraglich charakterisiert,<br />

wobei die Rechte des Angestellten meist recht vage def<strong>in</strong>iert s<strong>in</strong>d, ebenso wie die<br />

Verantwortlichkeiten. Für e<strong>in</strong> Gehalt billigt nun <strong>der</strong> Angestellte dem Unternehmer zu, ihm im<br />

jeweiligen Bereich Anweisungen zu geben (vgl. Miller 1992, 16). Dieser Mechanismus<br />

funktioniert so lange, wie <strong>der</strong> jeweilige Vorgesetzte weiß, was er bei den Ausführungen se<strong>in</strong>er<br />

Untergebenen kontrollieren muss.<br />

Wie aber reagiert nun e<strong>in</strong> bürokratisch geführtes Unternehmen auf die Verän<strong>der</strong>ungen<br />

im Produktionsbereich? Die technokratische Rationalisierungspolitik <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

(Deutschmann 1991, 31) steigerte die Produktivität <strong>der</strong> Arbeit <strong>in</strong>dem die menschliche Arbeitskraft<br />

fortschreitend durch Masch<strong>in</strong>en ersetzt wurde. Diese Fragmentierung <strong>der</strong> Arbeit e<strong>in</strong>erseits<br />

erfor<strong>der</strong>t an<strong>der</strong>erseits um so mehr Kopfarbeit, um die atomisierten Prozesse wie<strong>der</strong><br />

zusammenzufügen, zu planen, zu steuern <strong>und</strong> ihre Ergebnisse zu kontrollieren. Damit e<strong>in</strong>e<br />

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