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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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ist, dann besteht die „Misstrauense<strong>in</strong>richtung“ dar<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>en Sitzkontakt auf dem Beifahrersitz<br />

zu <strong>in</strong>stallieren, <strong>der</strong> nachvollziehbar macht, ob auch tatsächlich jedes Mal <strong>der</strong> Gebührenzähler<br />

e<strong>in</strong>geschaltet wurde, <strong>und</strong> <strong>der</strong> Subunternehmer nicht <strong>in</strong> die eigene Tasche gearbeitet hat.<br />

Man mag hierbei e<strong>in</strong>wenden, dass dies eher bürokratische Maßnahmen <strong>der</strong> Kontrolle<br />

s<strong>in</strong>d als Zeichen für Misstrauen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er spezifischen Form. Dagegen spricht jedoch, dass das<br />

Haupt<strong>in</strong>teresse <strong>der</strong> Transaktionen e<strong>in</strong>e marktförmig Ausgangsbasis hat. Ziel ist es, den<br />

jeweiligen (Sub-)Unternehmer zu motivieren, (fast) alles <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Macht stehende zu tun, um<br />

den Gew<strong>in</strong>n zu maximieren. Dies ist explizit ke<strong>in</strong>e Vorgabe e<strong>in</strong>er Bürokratie. Und die negative<br />

Implikation <strong>der</strong> Misstrauensmechanismen s<strong>in</strong>d offenbar, wenn e<strong>in</strong>em implizit ständiger<br />

Vertragsbruch unterstellt wird.<br />

Feld III.<br />

Das klassische Beispiel für „Zusammenarbeit“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er hierarchische Bürokratie unter<br />

Misstrauen ist Henry Ford mit se<strong>in</strong>er „driv<strong>in</strong>g method of supervision“ (vgl. Miller 1992, 70ff).<br />

Dieses System war e<strong>in</strong>e Mischung aus autoritären Vorschriften <strong>und</strong> physischem Druck. Die<br />

Arbeit musste nach dem Takt <strong>der</strong> Masch<strong>in</strong>en verrichtet werden. Dies wurde kontrolliert, <strong>in</strong>dem<br />

je<strong>der</strong> Höhere den Niedrigeren genau überwachte. Die Methode war total, <strong>und</strong> es wurde je nach<br />

Laune <strong>der</strong> Vorgesetzten durchgegriffen. Die Gegenwehr war sehr ger<strong>in</strong>g, da das Gehalt so gut<br />

war, dass man nicht <strong>in</strong> Kauf nehmen wollte, gefeuert zu werden. Der Vorteil des "Fordismus“<br />

war ja gerade se<strong>in</strong>e Kontrollierbarkeit, <strong>in</strong>dem die Arbeiten fast völlig unabhängig von <strong>der</strong><br />

Erfahrung <strong>der</strong> Arbeiter war. E<strong>in</strong> Masch<strong>in</strong>enbediener konnte praktisch nichts verlernen, man<br />

brauchte auch ke<strong>in</strong>e Ausbildung über die Eigenschaften <strong>der</strong> Materialien. Das Fließband steuert<br />

den Rhythmus <strong>der</strong> Arbeiter <strong>und</strong> das von Ford gegründete „Ford Sociology Department“<br />

entwickelte sich zu e<strong>in</strong>er Spionagee<strong>in</strong>richtung, die sicherstellte, dass die Arbeiter auch nicht<br />

bei sich zuhause Alkohol tranken o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Gewerkschaften organisiert waren (ebd. 71).<br />

Es gibt nichts für den e<strong>in</strong>zelnen Akteur zu tun, als den Regeln zu entsprechen. Das<br />

Modell sieht se<strong>in</strong> Engagement gar nicht vor, weil es explizit vom Gegenteil ausgeht (auf das<br />

Gegenteil misstraut): Der böse Mensch bedarf <strong>der</strong> Züchtigung.<br />

In solchen ent<strong>in</strong>dividualisierten Modellen kann erfolgreiche Eigen<strong>in</strong>itiative schnell zum<br />

Bumerang werden. So berichtet Simmel (1908 zit. n. Coleman 1991, 217) „von e<strong>in</strong>em regierenden<br />

Fürsten, <strong>der</strong> se<strong>in</strong>en Ratgeber nach e<strong>in</strong>em Statthalter befragt: ‚Ist uns <strong>der</strong> Mann unentbehrlich?‘<br />

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