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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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erdrückend, dass es letztlich ke<strong>in</strong>e Rolle zu spielen sche<strong>in</strong>t, ob e<strong>in</strong>er von beiden tatsächlich<br />

schuldig o<strong>der</strong> unschuldig ist. 30<br />

In diesem e<strong>in</strong>mal durchgeführten (s<strong>in</strong>gle shot) Gefangenendilemma ist Kooperation die<br />

schlechtere Lösung. Daran würde sich <strong>in</strong> diesem Beispiel auch nicht gr<strong>und</strong>legend etwas<br />

än<strong>der</strong>n, wenn die beiden Gefangenen die Möglichkeit hätten, fünf M<strong>in</strong>uten mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu<br />

reden. Was könnte man <strong>in</strong> dieser Zeit für e<strong>in</strong>e verlässliche <strong>Vertrauen</strong>sbasis schaffen? In diesem<br />

S<strong>in</strong>ne ist die Situation vergleichbar mit dem erwähnten Geiselbeispiel. Wie kann e<strong>in</strong>e Geisel<br />

ihr Versprechen rational glaubhaft machen, dass sie den erkannten Kidnapper nicht verraten<br />

wird, wenn er sie freilässt?<br />

Diese Situation spiegelt e<strong>in</strong> klassisches soziales Dilemma wi<strong>der</strong> (vgl. bspw. Miller 1992,<br />

Gambetta 1988, Raub 1999). Die Akteure stehen vor <strong>der</strong> Wahl, ob sie ihre eigenen Interessen<br />

verfolgen, o<strong>der</strong> ob sie zusammenarbeiten <strong>und</strong> dadurch e<strong>in</strong>en höheren Ertrag erzielen.<br />

Individuelle Freiheit <strong>und</strong> soziale Wirksamkeit bilden unter diesen Bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>e<br />

Nullsumme.<br />

Ke<strong>in</strong>e Kooperation jenseits <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

Der Vorwurf, <strong>der</strong> gerne den Spieltheoretikern gemacht wird, ist <strong>der</strong>, dass sie mehr<br />

unkooperative Gleichgewichte darstellen können, als es <strong>in</strong> <strong>der</strong> realen Welt geben mag, so dass<br />

die Frage eigentlich lauten müsste: Warum kommt unkooperatives Verhalten nicht so oft vor,<br />

wie es Spieltheoretiker vorhersagen?<br />

Auch Hobbes war e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> Theoretiker <strong>der</strong> Unvere<strong>in</strong>barkeit von <strong>Vertrauen</strong> <strong>und</strong><br />

Eigen<strong>in</strong>teresse. Im Naturzustand, o<strong>der</strong> unter den Ausgangsbed<strong>in</strong>gungen für die Konstruktion<br />

<strong>der</strong> Rational Choice, ist <strong>der</strong> Mensch dom<strong>in</strong>iert durch se<strong>in</strong>e kurzfristigen Leidenschaften <strong>und</strong><br />

Interessen. Jedes Versprechen unter diesen „nackten“ Bed<strong>in</strong>gungen kann nur e<strong>in</strong> leeres<br />

Versprechen se<strong>in</strong> <strong>und</strong> je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> darauf vertraut, begeht zwangsläufig e<strong>in</strong>e Dummheit. Es gibt<br />

nichts <strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt, wodurch das Eigen<strong>in</strong>teresse <strong>der</strong> Akteure dah<strong>in</strong>gehend e<strong>in</strong>geschränkt werden<br />

könnte, nicht ihren eigenen Präferenzen zu folgen. So schreibt Hobbes 1651 (zit. n. Miller 1992,<br />

50):<br />

30 Miller weist darauf h<strong>in</strong>, dass es sich <strong>in</strong> diesem Punkt nicht nur um e<strong>in</strong>e akademische Spielerei handelt: „The<br />

authority to create <strong>in</strong>centives that <strong>in</strong>duce <strong>in</strong>nocents to confess to crimes they did not commit is a terrible power.”<br />

Und er verweist auf die Hexenjagd o<strong>der</strong> auf Polizeistaaten, <strong>in</strong> denen durch Folterungen Menschen dazu gebracht<br />

werden, an<strong>der</strong>e zu denunzieren (1992, 24).<br />

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