01.12.2014 Aufrufe

Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Die Frage ist dann, ob „das Gute“ selbst auch nützlich <strong>und</strong> nutzenmaximierend se<strong>in</strong><br />

darf? „Viele Menschen (s<strong>in</strong>d) enttäuscht ..., wenn sie Hilfe durch an<strong>der</strong>e nur erfahren, wenn<br />

diese an<strong>der</strong>en nicht „re<strong>in</strong>“ altruistisch handeln, o<strong>der</strong> wenn sie bemerken, dass <strong>der</strong> Altruist quasi<br />

se<strong>in</strong>e H<strong>in</strong>tergedanken hatte. „Ach nur deshalb hast du mir geholfen, weil du von mir was<br />

willst...!““ (Wuketits 1999, 158). Aber auch wenn man Tr<strong>in</strong>kgeld aus e<strong>in</strong>er moralischen<br />

Verpflichtung heraus gibt, ebenso wie man sich nicht am Missgeschick e<strong>in</strong>es an<strong>der</strong>en<br />

bereichert, so kann diesem moralisch guten Handeln selbst auch e<strong>in</strong> Nutzen zugeschrieben<br />

werden. Es kommt auf die E<strong>in</strong>schätzung des Wertes bestimmter Handlungen im H<strong>in</strong>blick auf<br />

den <strong>in</strong>dividuellen Nutzengew<strong>in</strong>n an. „Auch sogenannte uneigennützige Menschen – Wohltäter<br />

wie Mutter Theresa, sich aufopfernde Retter <strong>und</strong> Helden o<strong>der</strong> „bedürfnislose“ Asketen <strong>und</strong><br />

Eremiten – maximieren durch ihre Taten auch ihr persönliches Wohlbef<strong>in</strong>den“ (Ramb 1993, 6).<br />

Insofern bleibt es e<strong>in</strong> hoffnungsloses Unterfangen, menschlichen Handlungen re<strong>in</strong> moralische<br />

Beweggründe unterstellen zu wollen, es wird sich dem Akteur immer e<strong>in</strong> „privates Vergnügen“<br />

beimessen lassen.<br />

Durch diese Modellierung von Präferenzen lassen sich alle erwartbaren<br />

Handlungsweisen als Maximierungshandeln verstehen, die über e<strong>in</strong>e zu enge Def<strong>in</strong>ition von<br />

Eigennutz h<strong>in</strong>ausgehen. Voraussetzung ist dann jedoch, dass diese Präferenzen <strong>in</strong> sich<br />

konsistent s<strong>in</strong>d. „Schuldgefühle, Ehrlichkeit, Neid, Sympathie, Fairnessvorstellungen o<strong>der</strong><br />

Ehrbewahrung können e<strong>in</strong>e handlungsleitende Bedeutung für den Akteur erlangen <strong>und</strong> die<br />

Orientierung an <strong>in</strong>dividuellem Eigen<strong>in</strong>teresse transzendieren. In <strong>der</strong> Ökonomie wird hier von<br />

Geschmäckern gesprochen. Und: De gustibus non est disputandum“(Beckert 1997, 30, kursiv im<br />

Orig.).<br />

Folgerung<br />

Was ist <strong>Vertrauen</strong>? <strong>Vertrauen</strong> ist e<strong>in</strong>e Ressource, die Komplexität reduziert. Damit wird<br />

<strong>Vertrauen</strong> über se<strong>in</strong>e Funktion beschrieben. Def<strong>in</strong>iert man <strong>Vertrauen</strong> als soziales Kapital, so<br />

kann es nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bestehenden sozialen Kontext <strong>in</strong>itiiert werden. In dieser Funktion<br />

„erspart“ <strong>Vertrauen</strong> weitere Transaktionskosten, man braucht ke<strong>in</strong>e Verträge <strong>und</strong> ke<strong>in</strong>e<br />

expliziten Kontrollen. <strong>Vertrauen</strong> wird allerd<strong>in</strong>gs dafür über Schwellen kontrolliert <strong>und</strong> diese<br />

Form von Kontrolle macht wie<strong>der</strong>um auf e<strong>in</strong>e an<strong>der</strong>e Art deutlich, dass über <strong>Vertrauen</strong> nicht<br />

e<strong>in</strong>fach verfügt werden kann. Letztlich läuft es aber immer darauf h<strong>in</strong>aus, dass <strong>der</strong> Treugeber<br />

vor <strong>der</strong> Entscheidung steht, <strong>Vertrauen</strong> zu schenken o<strong>der</strong> nicht. Insofern kommt man an den<br />

Kern <strong>der</strong> Problematik nur, wenn man die Entscheidungssituation des e<strong>in</strong>zelnen Akteurs<br />

nachvollzieht. Damit stellt sich wie<strong>der</strong>um die Frage, wie die Prozesse <strong>der</strong> <strong>Vertrauen</strong>sbildung<br />

37

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!