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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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die Kausalfolgen jedes E<strong>in</strong>zelaktes 28 . Das Handeln nach dieser Maßgabe wird als rational –<br />

o<strong>der</strong> <strong>in</strong> vielen Fällen als opportunistisch rational bezeichnet. Dieser Begriff des Opportunismus<br />

soll hierbei ohne wertenden Unterton benutzt werden. Opportunistisch rational handeln zu<br />

können bedeutet, e<strong>in</strong>e sich bietende Chance (Opportunitäten) wahrzunehmen. Auch dieser<br />

Sachverhalt ist dem freien Willen zuzuschreiben (vgl. Kliemt 1993, 282f.).<br />

Wann <strong>und</strong> aus welcher Perspektive könnte e<strong>in</strong>e Handlung als irrational beschrieben<br />

werden? Dann, wenn sie nach E<strong>in</strong>schätzung des Akteurs selbst zu e<strong>in</strong>em suboptimalen<br />

Ergebnis geführt hat. D.h. man weist ihn auf e<strong>in</strong>e möglicherweise bessere Handlungsalternative<br />

h<strong>in</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> Akteur bereut es, <strong>in</strong> entsprechen<strong>der</strong> Art <strong>und</strong> Weise gehandelt zu haben.<br />

Aufgr<strong>und</strong> von fehlenden Informationen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> kognitiven Fähigkeit alle gegebenen<br />

Informationen optimal zu verarbeiten, machen Akteure nun e<strong>in</strong>mal Fehler <strong>in</strong> <strong>der</strong> Beurteilung<br />

von Alternativen. Diese begangenen „Fehler“ könnten dem Akteur dann im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong><br />

möglicherweise als e<strong>in</strong>e irrationale Handlung vorkommen.<br />

Wor<strong>in</strong> liegt bspw. die Rationalität, an e<strong>in</strong>er Raststätte Tr<strong>in</strong>kgeld zu zahlen, zu <strong>der</strong> man<br />

nicht zurückkehren wird, o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> gef<strong>und</strong>enes Portemonnaie an den Eigentümer zurück zu<br />

senden? Es ist dabei etwas an<strong>der</strong>es, Tr<strong>in</strong>kgeld <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em häufig besuchten Stammlokal zu<br />

geben. Dies könnte als langfristige Investition <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e zuvorkommende Bedienung <strong>in</strong>terpretiert<br />

werden. O<strong>der</strong> wenn das Portemonnaie e<strong>in</strong>em Fre<strong>und</strong> gehört, könnte er den F<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

herausbekommen, <strong>und</strong> durch die Rückgabe wird die Fre<strong>und</strong>schaft erhalten. Wenn also auch <strong>in</strong><br />

den ersten beiden Fällen die Akteure nicht bereuen, ihre Handlungen durchgeführt zu haben, so<br />

muss dies eben nicht zw<strong>in</strong>gend heißen, dass sie irrational (im S<strong>in</strong>ne von: ohne subjektiv<br />

nachvollziehbarer Plausibilität) gehandelt haben o<strong>der</strong> das Modell nicht ausreicht.<br />

Menschen entfalten o<strong>der</strong> unterlassen Aktivitäten, wenn sie sich e<strong>in</strong> größeres<br />

Wohlbef<strong>in</strong>den dadurch versprechen, d.h. sie treffen ex ante e<strong>in</strong>e relative Bewertung <strong>der</strong><br />

Handlung bzgl. ihrer Erwartungen <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Planungszeitraums. „Der Mensch könnte<br />

daher allgeme<strong>in</strong> als e<strong>in</strong> Wesen bezeichnet werden, das nach <strong>der</strong> Maximierung se<strong>in</strong>es<br />

Wohlbef<strong>in</strong>dens trachtet“ (Ramb 1993, 5).<br />

28 Das Ergebnis kann dabei durchaus für die Gruppe negative se<strong>in</strong>, wie e<strong>in</strong> Beispiel von Friedman (1999, 20f.)<br />

zeigt: Vor ca. e<strong>in</strong>tausend Jahren stehen Männer im Krieg, zu Fuß mit Speeren bewaffnet, <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Reihe. Sie<br />

werden von Reitern angegriffen, die ebenfalls mit Speeren bewaffnet s<strong>in</strong>d. Bleiben alle stehen, so wird die<br />

Angriffswelle wahrsche<strong>in</strong>lich brechen, <strong>und</strong> nur wenige sterben. Wenn e<strong>in</strong>zelne fliehen, werden die meisten <strong>der</strong><br />

verbleibenden überritten <strong>und</strong> getötet. Es ist offensichtlich, dass man stehen bleiben sollte. Offensichtlich <strong>und</strong><br />

falsch. Je<strong>der</strong> Krieger kann nur für sich selbst entscheiden. Bleiben alle stehen, gibt es für den e<strong>in</strong>zelnen, <strong>der</strong> flieht<br />

praktisch ke<strong>in</strong> Risiko getötet zu werden. Wenn alle die Flucht ergreifen, hat <strong>der</strong>jenige <strong>der</strong> als erster losrennt die<br />

beste Chance. Was immer die an<strong>der</strong>en tun, das beste ist es, als erster zu rennen. Je<strong>der</strong> rennt los <strong>und</strong> die meisten<br />

werden fallen. „Willkommen auf <strong>der</strong> Schattenseite <strong>der</strong> Vernunft“(ebd.).<br />

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