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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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Vor diesem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> soll <strong>Vertrauen</strong> im folgenden Kapitel als e<strong>in</strong> kognitiver Sprung<br />

<strong>in</strong>s Ungewisse (vgl. Bradach/ Eccles 1989, 104) def<strong>in</strong>iert werden, <strong>und</strong> zwar zunächst auf e<strong>in</strong>er<br />

theoretischen <strong>und</strong> nicht empirischen Ebene.<br />

Kapitel 1.5<br />

<strong>Vertrauen</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> homo oeconomicus<br />

„Die Ökonomie beruht auf den Annahmen, dass Menschen<br />

e<strong>in</strong>igermaßen e<strong>in</strong>fache Ziele haben <strong>und</strong> die richtigen Mittel wählen, um<br />

sie zu erreichen. Beide Annahmen s<strong>in</strong>d falsch – aber nützlich.“<br />

„Es ist vernünftig, unwissend zu bleiben, wenn<br />

Information mehr kostet, als sie wert ist.“<br />

David Friedman 1999, 16 <strong>und</strong> 19<br />

Ist <strong>der</strong> homo oeconomicus imstande, se<strong>in</strong> <strong>Vertrauen</strong>sproblem zu lösen, <strong>und</strong> wenn ja<br />

wie? Welche Erklärung braucht man, wenn <strong>Vertrauen</strong> nicht die Lösung, son<strong>der</strong>n das Problem<br />

ist? Wie kann man erklären, dass <strong>Vertrauen</strong> spontan entsteht, sich stabilisiert <strong>und</strong> auch wie<strong>der</strong><br />

verloren geht, ohne dabei auf e<strong>in</strong> vorhandenes Systemvertrauen rekurrieren zu müssen?<br />

Die Rational-Choice-Perspektive beschränkt sich <strong>in</strong> ihren Erklärungen zunächst auf das<br />

Problem des zwischenmenschlichen <strong>Vertrauen</strong>s. Dies geschieht als re<strong>in</strong> theoretische <strong>und</strong> nicht<br />

empirische Fragestellung, denn natürlich schenken sich Menschen, wenn auch nicht immer, so<br />

doch häufig <strong>Vertrauen</strong> <strong>und</strong> erweisen sich dessen als würdig 24 . Insofern möchte ich den<br />

Ausführungen Zieglers (1997, 243) über das Alfred Schützsche „Marionettentheater“ folgen,<br />

wonach Sozialwissenschaftler die Direktoren dieses Theaters s<strong>in</strong>d. Sie zeigen, wie die von<br />

ihnen konstruierten Puppen auf <strong>der</strong> von ihnen gebauten Bühne nach e<strong>in</strong>em von ihnen<br />

geschriebenen Drehbuch das „<strong>Vertrauen</strong>sspiel“ spielen werden.<br />

Jenseits von Systemen<br />

Münch (1998) erhebt den Anspruch auf die Eigengesetzlichkeit von Strukturen <strong>und</strong><br />

Systemen jenseits ihre Funktion. Am Beispiel von Normen macht er deutlich, dass Normen<br />

24 Es fällt nicht schwer, jede menschliche Verhaltensweise als e<strong>in</strong> <strong>Vertrauen</strong>sakt zu beschreiben: Ich vertraue, dass<br />

die entgegenkommenden Fahrzeuge auch rechts fahren, obwohl es Geisterfahrer gibt; ich vertraue den Leuten auf<br />

<strong>der</strong> Straße, dass sie nicht plötzlich e<strong>in</strong>e Waffe zücken <strong>und</strong> wild darauf losschießen – wobei diese Problematik <strong>in</strong><br />

Amerika sicher e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Stellenwert bekommt. Dass menschliches Handeln e<strong>in</strong>er gr<strong>und</strong>sätzlichen<br />

Vertrautheit bedarf, <strong>und</strong> Menschen eher vertrauenswillig s<strong>in</strong>d, soll <strong>in</strong> diesem Kapitel daher außer Acht gelassen<br />

werden. Auch Coleman (1991, 253) nennt als dritten Punkt se<strong>in</strong>er Zusammenfassung <strong>der</strong> dynamischen<br />

Eigenschaften von <strong>Vertrauen</strong>ssystemen, dass „e<strong>in</strong> umfassen<strong>der</strong> Entzug von <strong>Vertrauen</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Menge von Eliten<br />

e<strong>in</strong> starkes Bedürfnis (bei den Akteuren schafft, d. Verf.), <strong>Vertrauen</strong> an<strong>der</strong>weitig zu vergeben.“ (kursiv d. Verf.).<br />

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