01.12.2014 Aufrufe

Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Vertrauen</strong> ist dann „die generalisierte Erwartung, dass <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e se<strong>in</strong>e Freiheit, ... im<br />

S<strong>in</strong>ne se<strong>in</strong>er Persönlichkeit handhaben wird“ (ebd. 40). Das muss jedoch nicht automatisch<br />

heißen, dass die persönlichen Wertschätzungen bestimmter Personen für gewisse Handlungen<br />

für alle verständlich se<strong>in</strong> müssen. Dies könnte dann <strong>der</strong> Fall se<strong>in</strong>, wenn die Handlung <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

freiwilligen E<strong>in</strong>nahme von Rauschgift besteht o<strong>der</strong> Menschen bewusst Selbstmord begehen.<br />

Ob die vorausgegangenen <strong>in</strong>dividuellen Handlungse<strong>in</strong>schätzungen nun richtig o<strong>der</strong> falsch,<br />

s<strong>in</strong>nvoll o<strong>der</strong> s<strong>in</strong>nlos waren, kann ke<strong>in</strong> Unbeteiligter vornehmen. „Die wahre Wertschätzung<br />

bestimmter Aktivitäten beruht alle<strong>in</strong> auf <strong>der</strong> subjektiven Beurteilung des handelnden<br />

Individuums. ... Letztlich ist es aber die handelnde Person, die sich für ihre Taten persönlich<br />

rechtfertigen muss, <strong>und</strong> – nur – aus den Handlungen des Individuums ist se<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelle<br />

Wertschätzung erkennbar“ (Ramb 1993, 3). So kann es auch se<strong>in</strong>, dass bl<strong>in</strong>dem <strong>Vertrauen</strong> e<strong>in</strong>e<br />

sehr bewusste Wahl vorausg<strong>in</strong>g, bspw. dann, wenn an<strong>der</strong>e Alternativen noch schlechter s<strong>in</strong>d.<br />

Wenn wir nun bei dem e<strong>in</strong>zelnen Akteur angekommen s<strong>in</strong>d, mit se<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dividuellen<br />

Wahlfreiheit, ist die Frage, wo die soziale Strukturiertheit bleibt, bzw. was für e<strong>in</strong>e Rolle das<br />

Soziale für diesen e<strong>in</strong>zelnen Akteur noch besitzt?<br />

Theorieentscheidung<br />

„Der mo<strong>der</strong>ne Individualismus hat Selbstbeschreibungen hervorgebracht, die ihn<br />

bestätigen.“ Mit diesem für Luhmann (1997, 23 u. ff.) typischen Satz beg<strong>in</strong>nt er die Kritik an <strong>der</strong><br />

für ihn so selbstverständlich gewordenen „Fetischisierung des Individuums“(ebd.). Es reicht<br />

aber für ihn nicht aus, zu behaupten, dass Individuen ernst genommen werden müssen, als<br />

Menschen, als Subjekte, die aller sozialen Ordnung zugr<strong>und</strong>e liegen. Die neuartige Autonomie<br />

<strong>der</strong> Funktionssysteme erzeugt <strong>in</strong> den Individuen e<strong>in</strong>en Überschuss an operativen<br />

Möglichkeiten. Der Überschuss nun muss <strong>in</strong> diesen Systemen selbst gebändigt werden. Das<br />

kann nur durch Selbstorganisation geschehen. Hierbei ist auch rationales Handeln durchaus<br />

möglich; es kann sich aber nur um kontextuelle, von Gedächtnis <strong>und</strong> Lage abhängige<br />

Rationalität handeln (vgl. ebd. 28). Letztendlich ist das, was ausschließlich <strong>in</strong> <strong>der</strong> kognitiven<br />

Mirkof<strong>und</strong>ierung <strong>der</strong> Individuen se<strong>in</strong>en Ausgang nimmt, e<strong>in</strong>e ungerechtfertigte Beschränkung.<br />

„Das Individuum ist für uns (für Luhmann gegenüber dem abzulehnenden „methodologischen<br />

Individualismus“, d. Verf.) ke<strong>in</strong>e elementare Kausalkategorie, die aus sich selbst heraus Wirkung<br />

erzeugt“ (ebd. 30). 21<br />

21 Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass Luhmann die „erf<strong>und</strong>ene Unterscheidung“ von Makro- <strong>und</strong><br />

Mikrophänomenen „vermutlich theoretisch unbegabten Amerikanern“ zuschreibt (<strong>der</strong>s. 1997, 30).<br />

31

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!