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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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Verantwortung abverlangt, ohne dass das virulente Koord<strong>in</strong>ationsproblem <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong><br />

Gruppe selbst thematisiert wird. Wenn dann <strong>in</strong> <strong>Zeiten</strong> des Neoliberalismus die<br />

Verhaltensweisen des E<strong>in</strong>zelkämpfertums hochgelobt werden, ist es geradezu wi<strong>der</strong>s<strong>in</strong>nig<br />

annehmen zu wollen, dass sich e<strong>in</strong> gruppengerechtes Kooperationsniveau gleichsam von selbst<br />

e<strong>in</strong>stellt. In e<strong>in</strong>er Gruppe als Gruppe zu arbeiten bedeutet, mit Leistungsunterschieden<br />

umgehen zu lernen, Konflikte zu erkennen <strong>und</strong> als Gruppe bearbeiten zu können. Dies benötigt<br />

den <strong>Vertrauen</strong>snährboden e<strong>in</strong>er langfristige Perspektive <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en sozialen Spielraum, jenseits<br />

e<strong>in</strong>er ausschließlich ökonomischen Verwertungslogik.<br />

Dieses Kooperationsproblem stellt sich auch verstärkt beim Thema<br />

Wissensgesellschaft. Es geht dabei um Konkurrenzvorteile, <strong>und</strong> zwar durch die optimale<br />

Generierung von Wissen. Relevantes, verwissenschaftlichtes <strong>und</strong> hochspezifisches Wissen<br />

wird <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>ne ökonomisch hoch anschlussfähig. Dieser ökonomische Mehrwert kann<br />

allerd<strong>in</strong>gs nur durch die menschlichen Eigenschaften <strong>der</strong> Intelligenz, Innovation <strong>und</strong><br />

Kreativität „hergestellt“ werden. Neues Wissen lebt von <strong>der</strong> Weitergabe <strong>und</strong> Rekomb<strong>in</strong>ation,<br />

sowie von e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>schaftlichen Umsetzung <strong>und</strong> gegenseitigen Bereicherung. Diese<br />

Kooperation kann nicht an<strong>der</strong>s gedacht werden als e<strong>in</strong> offener <strong>und</strong> risikoreicher Prozess, <strong>und</strong><br />

<strong>Vertrauen</strong> wäre dann <strong>der</strong> soziale Stoff, <strong>der</strong> vor Risikoaversion <strong>und</strong> vorzeitiger<br />

Kontroll<strong>in</strong>tervention „schützen“ könnte.<br />

Es bleibt bei dem gr<strong>und</strong>sätzlichen Dilemma <strong>der</strong> Nichtvere<strong>in</strong>barkeit e<strong>in</strong>er ökonomischen<br />

mit e<strong>in</strong>er sozialen Logik. Das Werkzeug des Marktes ist Angebot <strong>und</strong> Nachfrage, also<br />

Konkurrenz; aber Konkurrenz alle<strong>in</strong> bewirkt eben ke<strong>in</strong>e Geme<strong>in</strong>schaft. Das aktuelle Dogma<br />

<strong>der</strong> Flexibilisierung könnte aber dennoch e<strong>in</strong> soziales Gesicht bewahren, wenn menschliche<br />

Unzulänglichkeit <strong>und</strong> Verletzlichkeit nicht automatisch zum Wettbewerbsnachteil werden.<br />

Reziprozität wird zw<strong>in</strong>gend notwendig, damit <strong>Vertrauen</strong> se<strong>in</strong>e zwischenmenschliche<br />

Gr<strong>und</strong>lage zurückgew<strong>in</strong>nt.<br />

Dieses <strong>Vertrauen</strong> kann nicht befohlen werden, <strong>und</strong> dar<strong>in</strong> stimmt <strong>Vertrauen</strong> mit Bildung<br />

übere<strong>in</strong>. Es geht um Subjektivität, weil diese Subjektivität die basale Voraussetzung von<br />

beidem darstellt. Hier<strong>in</strong> besteht ironischerweise die eigentliche Po<strong>in</strong>te <strong>der</strong> dargestellten<br />

Entwicklung, dass <strong>der</strong> heute von den Unternehmen so ersehnte Mehrwert nur das Resultat e<strong>in</strong>er<br />

gebildeten Persönlichkeit se<strong>in</strong> kann. <strong>Vertrauen</strong> <strong>und</strong> Bildung s<strong>in</strong>d aber qualitative Dimensionen.<br />

Sie brauchen Spielräume jenseits e<strong>in</strong>es ausschließlich ökonomisch gestalteten Raumes.<br />

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