01.12.2014 Aufrufe

Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Reziprozität, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gesellschaft, Betrieb <strong>und</strong> Individuum <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em über die Arbeit geregelten<br />

Gleichgewicht stehen. Der Beruf kann jedoch als ganzheitliches Modell unter globalisierten<br />

Bed<strong>in</strong>gungen transnational operieren<strong>der</strong> Unternehmen nicht mehr wirken, ebenso wenig ist er<br />

flexibel genug, auf die zunehmend <strong>in</strong>stabilen <strong>und</strong> kurzfristigen Qualifikationsanfor<strong>der</strong>ungen<br />

angemessen zu reagieren. Dies bedeutet aber nicht zugleich e<strong>in</strong> Ende <strong>der</strong> Arbeit, im Gegenteil.<br />

Nur menschliche Arbeit kann kreativ <strong>und</strong> <strong>in</strong>novativ se<strong>in</strong> <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en Mehrwert schaffen. Hierfür<br />

bedarf es aber an<strong>der</strong>er Kompetenzen <strong>und</strong> Qualifikationen als zu <strong>Zeiten</strong> <strong>der</strong> Hoch<strong>in</strong>dustrie. Aber<br />

diese „neuen“ Konzepte, „neuen“ Kompetenzen <strong>und</strong> Qualifikationen gelten dann nur noch<br />

<strong>in</strong>nerhalb des jeweiligen utilitaristisch-kalkulativen Arbeits- <strong>und</strong> Organisationskontextes.<br />

Wogegen das personengeb<strong>und</strong>ene Berufskonzepts immer auch e<strong>in</strong>en sittlichen <strong>und</strong><br />

tugendhaften Charakter hatte. Der Verlust dieses Modells stellt dann zugleich auch den Verlust<br />

e<strong>in</strong>er umfassenden Integration <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Gesellschaft durch Berufsarbeit dar.<br />

Viele dieser aktuellen Konzepte zum Umbau <strong>der</strong> Unternehmen, wie die Rücknahme <strong>der</strong><br />

Arbeitsteilung <strong>und</strong> die gr<strong>und</strong>sätzliche Erneuerung von Arbeitsprozessen, weisen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis<br />

zunehmend Probleme auf o<strong>der</strong> werden durch e<strong>in</strong>e Re-Taylorisierung konterkariert. Aufgr<strong>und</strong><br />

<strong>der</strong> Kurzfristigkeit <strong>und</strong> Strukturlosigkeit ist <strong>der</strong> Abstimmungsaufwand gestiegen <strong>und</strong> die<br />

Fähigkeit zur Kooperation wird ausschließlich zu e<strong>in</strong>er sozialen (Zusatz-)Leistung <strong>der</strong><br />

Arbeitnehmer. Je häufiger sich nun <strong>in</strong> dieser „sozialen Unlogik“ Schwierigkeiten ergeben,<br />

desto wahrsche<strong>in</strong>lich wird wie<strong>der</strong>um e<strong>in</strong> Rückgriff auf Rezentralisierung <strong>und</strong> Hierarchie. In<br />

e<strong>in</strong>er Zeit aber, <strong>in</strong> <strong>der</strong> das gleichzeitig verfügbare Wissen <strong>der</strong>art umfangreich ist, dass man<br />

umso abhängiger von <strong>der</strong> freiwilligen Kooperationsbereitschaft <strong>der</strong> Akteure ist, s<strong>in</strong>d <strong>der</strong>artige<br />

Maßnahmen kontraproduktiv. <strong>Vertrauen</strong> wäre nötiger als je zuvor, aber solange das Risiko für<br />

opportunistisches <strong>und</strong> kurzfristiges Handeln nicht glaubwürdig e<strong>in</strong>geschränkt ist, kann sich<br />

auch <strong>Vertrauen</strong> als soziales Kapital nicht jenseits e<strong>in</strong>er bloßen Nutzenkalkulation etablieren.<br />

Im fünften Kapitel liegt <strong>der</strong> Fokus auf den <strong>in</strong>dividuellen Bed<strong>in</strong>gungen <strong>der</strong><br />

Möglichkeit, subjektiv daran <strong>in</strong>teressiert zu se<strong>in</strong>, auf die riskante Ressource <strong>Vertrauen</strong> zu<br />

vertrauen. Jemandem zu vertrauen, bedeutet immer auch das Risiko e<strong>in</strong>zugehen, enttäuscht zu<br />

werden. Allerd<strong>in</strong>gs kann <strong>Vertrauen</strong> als e<strong>in</strong> Mittel betrachtet werden, das mit dieser<br />

gr<strong>und</strong>sätzlichen Ungewissheit „umgehen“ kann, <strong>und</strong> dies nicht um den Preis, den an<strong>der</strong>en<br />

Akteur besser zu kontrollieren o<strong>der</strong> se<strong>in</strong>en freien Willen zu umgehen. Ist Vertrautheit e<strong>in</strong><br />

Zustand, <strong>der</strong> <strong>in</strong> dem Moment, <strong>in</strong> dem er reflexiv betrachtet wird, meist diese Vertrautheit<br />

bereits e<strong>in</strong>büßt, basiert <strong>Vertrauen</strong> sehr wohl auf e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dividuellen Entscheidung, diese<br />

riskante Vorleistung erbr<strong>in</strong>gen zu wollen o<strong>der</strong> zu unterlassen.<br />

238

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!