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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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Und weil es nicht an<strong>der</strong>s geht, stehen wir wie<strong>der</strong> vor dem ursprünglichen Kontrolldilemma:<br />

Kontrolle kann sich immer nur auf Kontrolle beziehen. Die Wahl e<strong>in</strong>es jeden<br />

Vorgesetzten 197 , <strong>der</strong> mit potentiell unkontrollierbaren Akteuren (i.e. neue Wissensarbeiter,<br />

hochqualifizierte Angestellte, etc.) zu tun hat, besteht unter diesen Bed<strong>in</strong>gungen lediglich noch<br />

dar<strong>in</strong> zu entscheiden, ob er entwe<strong>der</strong> nicht kontrollieren wird o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>erseits <strong>in</strong> <strong>Vertrauen</strong><br />

<strong>in</strong>vestieren will. Wobei ihm dieses <strong>Vertrauen</strong> als soziales Kapital niemals ganz zur Verfügung<br />

stehen wird <strong>und</strong> nur sehr bed<strong>in</strong>gt steuer- <strong>und</strong> manipulierbar ist. Dafür besitzt aber <strong>Vertrauen</strong><br />

die Eigenschaft, e<strong>in</strong>e hoch produktive Eigendynamik entwickeln zu können, e<strong>in</strong>e Dynamik, auf<br />

die es sich e<strong>in</strong>zulassen gilt.<br />

Die Bed<strong>in</strong>gungen für diese Dynamik lassen sich aktiv <strong>in</strong>itiieren, <strong>und</strong> zwar auf die<br />

gleiche Art, wie sich jede <strong>Vertrauen</strong>sbeziehung anbahnen lässt. Es bedarf <strong>der</strong> riskanten<br />

Vorleistung des Treugebers gegenüber dem potentiellen Treuhän<strong>der</strong>. D.h. <strong>der</strong> Vorgesetzte<br />

leistet gegenüber se<strong>in</strong>em Untergebenem e<strong>in</strong>e riskante Vorleistung, <strong>in</strong>dem er e<strong>in</strong>en Spielraum<br />

def<strong>in</strong>iert, <strong>der</strong> dem Untergebenen die Möglichkeit bietet, „unkontrolliert“ zu entscheiden, was er<br />

tun will bzw. wie er das Problem lösen will. Je nachdem wie groß dieser Spielraum ist, sei es<br />

an Zeit, Geld o<strong>der</strong> sonstigen Ressourcen, <strong>und</strong> wie weit die Kontrollen gesteckt s<strong>in</strong>d 198 , wird das<br />

Risiko für den Treugeber entsprechend hoch se<strong>in</strong>, ebenso wie die Verlockung seitens des<br />

Treuhän<strong>der</strong>s, das <strong>Vertrauen</strong> <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er Form zu missbrauchen – <strong>und</strong> dann nehmen all die<br />

Überlegungen wie<strong>der</strong> ihren Lauf, die bisher dargestellt wurden.<br />

Natürlich ist auch dieser soziale Spielraum wie<strong>der</strong>um auch nur e<strong>in</strong> formaler Akt <strong>der</strong><br />

Selbstb<strong>in</strong>dung des Treugebers – gleich e<strong>in</strong>em Ritual, nach dem Motto: „Wenn Du <strong>Vertrauen</strong><br />

willst, billige De<strong>in</strong>en Untergebenen e<strong>in</strong> wenig Freiheiten zu.“ Allerd<strong>in</strong>gs wurden <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

bisherigen Betrachtung <strong>der</strong> verschiedenen Management-Paradigmata genug zynische,<br />

unehrliche, wi<strong>der</strong>sprüchliche <strong>und</strong> verlogene Spielräume dargestellt, die sich <strong>in</strong> Bezug auf ihre<br />

„Selbstb<strong>in</strong>dungs-Glaubwürdigkeit“ nur allzu offensichtlich als opportunistisch herausstellten.<br />

Es würde <strong>in</strong>sofern immerh<strong>in</strong> schon e<strong>in</strong>e Leistung darstellen, e<strong>in</strong>en für beide Seiten zum<strong>in</strong>dest<br />

fairen Spielraum zu konstruieren. Ob sich dann <strong>Vertrauen</strong> e<strong>in</strong>stellen wird, ist ke<strong>in</strong>eswegs<br />

garantiert, aber es kann zum<strong>in</strong>dest nicht ausgeschlossen werden. Vielleicht lässt es sich auch<br />

mit <strong>der</strong> gern über Niels Bohr erzählten Anekdote vergleichen, <strong>der</strong> als Physiker e<strong>in</strong> Hufeisen<br />

197 Solange e<strong>in</strong> Vorgesetzter noch e<strong>in</strong> Vorgesetzter ist, solange verfügt er über e<strong>in</strong> gewisses Maß an Macht,<br />

E<strong>in</strong>fluss <strong>und</strong> Verantwortung. Vorgesetzte <strong>und</strong> radikale Marktstrukturen, <strong>in</strong> denen sich <strong>der</strong> Untergebene selbst<br />

führt, schließen sich gegenseitig aus.<br />

198 Es gibt natürlich weiterh<strong>in</strong> Kontrollmöglichkeiten. Diese stellen sich dann aber meist so dar, dass die<br />

komplexen En<strong>der</strong>gebnisse auf ihre Tauglichkeit geprüft werden, bspw. e<strong>in</strong> bestimmtes Softwareprogramm, für das<br />

e<strong>in</strong>e Abteilung e<strong>in</strong>e gewisse Zeit lang die Mittel zur Verfügung gestellt bekommt, um <strong>in</strong> Eigenverantwortung das<br />

Endprodukt zu erarbeiten.<br />

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