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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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werden müssen 187 . Und diese Balance zu f<strong>in</strong>den, ist selbst e<strong>in</strong> sozialer Akt, dessen Gr<strong>und</strong>lage<br />

Kooperation <strong>in</strong> Form von gegenseitigem <strong>Vertrauen</strong> ist, e<strong>in</strong>e Kooperation, die e<strong>in</strong>e aktive<br />

soziale Gestaltung <strong>der</strong> beteiligten Akteure erfor<strong>der</strong>t.<br />

Die Kunst des Umgangs mit Menschen<br />

Das erste Lehrbuch zum Thema soziale Kompetenz stammt nicht von 1988, son<strong>der</strong>n ist<br />

200 Jahre älter. Es wurde von Adolf Freiherr von Knigge verfasst <strong>und</strong> heißt: Über den Umgang<br />

mit Menschen (1788). Man mag sich nun fragen, was das mit sozialer Kompetenz zu tun hat,<br />

bei „Knigge“ geht’s doch nur um Höflichkeit, um äußerliche <strong>und</strong> aufgesetzte Benimmregeln,<br />

die altmodisch, wenn nicht gar lächerlich geworden s<strong>in</strong>d. Auf diese Art kann man doch nicht<br />

zu se<strong>in</strong>er <strong>in</strong>dividuellen „authentischen“ sozialen Kompetenz kommen?<br />

Unternehmensberater beklagen, dass die allgegenwärtige egoistische<br />

Karriereorientierung dazu führt, dass häufig die e<strong>in</strong>fachsten Gr<strong>und</strong>sätze des Sozialverhaltens<br />

fehlten <strong>und</strong> die Fähigkeiten unterentwickelt seien, an<strong>der</strong>e Me<strong>in</strong>ungen gelten zu lassen <strong>und</strong><br />

eigene For<strong>der</strong>ungen auch e<strong>in</strong>mal zurückzustellen (vgl. Nigsch 1999, 3). Natürlich s<strong>in</strong>d Betriebe<br />

ke<strong>in</strong>e Diskursgeme<strong>in</strong>schaften, aber die Mitarbeiter s<strong>in</strong>d auch nicht jene unsozialisierten, frei<br />

<strong>und</strong> ausschließlich rational nutzenmaximierend handelnde Akteure, wie die Ökonomie sie gern<br />

sieht. S<strong>in</strong>d diese „e<strong>in</strong>fachsten Gr<strong>und</strong>sätze“ also doch nicht mehr als nur Benimmregeln?<br />

„Wenn man moralische Kompetenz als die Fähigkeit zur produktiven<br />

Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit dem Wertewandel <strong>und</strong> se<strong>in</strong>en Auswirkungen auf die Restrukturierung<br />

<strong>der</strong> Arbeitswelt begreift, dann ist moralische Kompetenz im Betrieb <strong>und</strong> im Beruf aktueller<br />

denn je, nicht als verstaubte Berufsmoral, son<strong>der</strong>n als „Pr<strong>in</strong>zip Verantwortung““ (Ehrke 1995,<br />

109). Und dieses „Pr<strong>in</strong>zip Verantwortung“ wäre dann nichts an<strong>der</strong>es als die für die Zukunft<br />

notwendige Selbstbeschränkung zugunsten e<strong>in</strong>es Geme<strong>in</strong>wohls (vgl. Siebert 1992, 43). Damit<br />

käme es<br />

zunächst e<strong>in</strong>mal nur darauf an, die sozialen Normen im S<strong>in</strong>ne von Spielregeln e<strong>in</strong>zuhalten. Die<br />

Akteure würden das Spiel des „homo reziprocans“ 188 spielen, <strong>der</strong> nach <strong>der</strong> Regel verfährt: Wie<br />

du mir, so ich dir (o<strong>der</strong> tit-for-tat). E<strong>in</strong>e soziale Norm wäre zunächst nicht mehr <strong>und</strong> nicht<br />

weniger als e<strong>in</strong> Commitment.<br />

187 Schwengel (2000, 458) formuliert weitere „Gegenkräfte“, unter Berufung auf das „Cluetra<strong>in</strong>-Manifest“: Gegen<br />

den Gleichgewichtswahn mehr Differenz <strong>und</strong> Unterschiede; gegen den Mobilitätsterror mehr Festigkeit <strong>und</strong><br />

Stehvermögen; gegen die Formlosigkeit mehr Gestaltwillen; gegen den medialen Radau mehr Ruhe; gegen die<br />

Schlaraffenland-Mentalität mehr Knappheit; gegen Wehleidigkeit mehr Mut <strong>und</strong> Tatkraft; gegen die<br />

Leistungsunlust mehr Ansporn <strong>und</strong> Anfor<strong>der</strong>ung; gegen die Anmaßung mehr Bescheidenheit; gegen<br />

Sozialzynismus mehr Geme<strong>in</strong>s<strong>in</strong>n; gegen das von 12 bis Mittag-Denken mehr Langfristigkeit.<br />

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