Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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Ressource genauso sorgfältig managt, wie Arbeitsbeziehungen oder Kapitaleinsatz“ (ebd. 1). „Wissen verhält sich als Ressource und Produktionsfaktor in einigen entscheidenden Hinsichten anders als herkömmliche Faktoren. Es ist weniger sichtbar als Rohstoffe, Kapital oder Arbeit, dafür aber, wenn es erst einmal generiert ist, nahezu beliebig und mit geringen Kosten kopierbar“ (ebd. 60). Und Wissensmanagement ist dann das Element, welches die personalen, organisationalen und systemischen Ressourcen an Intelligenz, Innovation und Invention fördert und nutzt, um das strategische Ziel der Wettbewerbsfähigkeit zu erreichen oder zu erhalten (vgl. ders. 1995, 248). In letzter Instanz geht es also schlicht um die menschlichen Eigenschaften Intelligenz, Innovation und Kreativität, die im Zeitalter eines globalen ökonomisch-technologischen Wettbewerbs zu einem Faktor hochstilisiert werden, der sich als Überlebensfrage schlechthin präsentiert. Es bleibt dabei, dass trotz aller Automatisierung und Maschinisierung wirklich neues Wissen nicht per Computer und durch mechanische Rekombination zustande kommt, sondern eine Leistung der konkreten Individuen vor Ort ist. 181 „Der Computer ist zwar eine universelle Maschine mit allen früheren Technologien weit übertreffenden Flexibilitätseigenschaften, aber er bleibt gleichwohl eine Maschine, die nach wie vor nicht in der Lage ist, die kontextbezogene Kreativität menschlichen Handelns nachzubilden“ (Deutschmann 1999, 157). Wenn aber die „unternehmerische Wissensgesellschaft“ zu einem Synonym für eine Gesellschaft wird, die allein von Kapital, Konkurrenz und Kommerz beherrscht wird, wenn das Strategieziel eines Unternehmens ausschließlich im Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit besteht, dann ist das Ziel der Weg und die Schrittlänge der „Konkurrenzvorteil“. Wenn nur noch Eigeninteresse, Geld und Macht die ausschließlichen Antriebskräfte sein sollen, wenn jeder dem Anderen ein Konkurrent ist, wird niemand aus eigenem Antrieb Wissen als Konkurrenzvorteil weitergeben. Wissen lebt aber gerade von der Weitergabe, von Rekombination, von gemeinschaftlicher Umsetzung und gegenseitiger Bereicherung. In dem Moment, wo es aber einmal preisgegeben wurde, entfaltet es seine Kraft und ist als spezifischer Besitz des Schöpfers wertlos geworden. Damit ähnelt Wissen (wenn es denn das entscheidende Wissen war) der Pointe eines Witzes. Ein Witz ist nach dem Erzählen nicht mehr viel wert, da es nicht besonders lustig ist, den Witz zweimal zu erzählen. Also sollte man sich in einer 180 Dazu gehören vor allem Standardverfahren, Leitlinien, Arbeitsprozess-Beschreibungen, Routinen, Traditionen, kodiertes Produktions- und Projektwissen u.v.m. (ebd.). 181 Und natürlich bleibt es unbenommen, dass es die Innovation fördernde und hemmende Umgebungen und Dynamiken gibt, insofern geht es nicht darum, einen systemischen Ansatz für unzweckmäßig zu erklären, sondern darum zu zeigen, warum er nicht erklären kann, was er nicht erklären kann. 219

konkurrierenden Umgebung strategisch gut überlegen, wann man jeweils in welcher Dosis seine „Pointen“ einstreut, um den höchst möglichen Vorteil für sich zu erringen – das dürfte mit Sicherheit im Sinne des Ganzen suboptimal sein. Hier helfen auch keine Appelle weiter, vor allem dann nicht, wenn es gar nichts mehr gibt, an das man rationalerweise appellieren könnte, weil es eben schlicht systemwidrig ist, wenn ein Unternehmen an Moral, Pflichtbewusstsein und Freiwilligkeit appelliert, um damit teure Anreizsysteme einzusparen. Aber dieses Dilemma ist im Rahmen dieser Arbeit ja nichts Neues. Die Lösung: Das „passende“ Personal „“Knowledge-Worker“ haben eine veränderte Wertehaltung, sie schöpfen ihre Identität weniger aus Betrieben und Milieus als aus Arbeitsweisen und Arbeitsinhalten“ (Schröder 2000, 510). Eine solche Aussage lässt doch hoffen, dass es einen Ausweg aus dem unsäglichen Anreiz-Kontroll-Dilemma gibt: Man muss nur das richtige Personal finden, welches dann in der richtigen Organisation richtigen Mehrwert schafft und dadurch automatisch richtig motiviert wird. Wenn von der neuen Elite der Wissensarbeiter die Rede ist, fällt die erste Assoziation auf einen Selbständigen, der einen neuen Beruf hat, darin Experte ist, große Unabhängigkeit genießt und im Übrigen dazu neigt, sich weit mehr als es ihm persönlich auf Dauer gut tut, zu belasten 182 (vgl. Wimmer 1999, 38). Auch gibt es Untersuchungen über wirkliche Spitzenmanager, an denen übereinstimmende Charaktermerkmale heraus gearbeitet werden konnten, „eine Art genetischer Code sozusagen, der wahren Führungskräften gleichsam in die Wiege gelegt ist und der sie von allen anderen unterscheidet“ (Fickinger 2000, 65 183 ). Solche Top-Kandidaten haben klare Wertvorstellungen wozu Vertrauen (!) und Offenheit, Überzeugung, soziales Engagement, Selbstbeherrschung, Entscheidungsstärke, Fairness und Vernunft gehören. Und derart wirklich gute Leute vermeiden dann auch tautologische Begriffe, welche von „Unwissenden“ als vermeintliche Tugenden dargestellt werden, wie: gesunder Egoismus statt soziales Engagement und gesundes Misstrauen statt Loyalität und Treue (vgl. ebd.). Die Unternehmen sind also für ihre Top-Positionen auf der Suche nach den „rundum vollendeten Persönlichkeiten, nach Multitalenten“ (Stützel 1998, 29). Dies ist natürlich ein verständlicher Wunsch, bedenkt man die unberechenbaren Herausforderungen von morgen. 182 Zu diesen Nebenfolgen gehören dann auch frühzeitiges Ausbrennen (burn out), die Zerstörung privater Beziehungsgefüge und ganz allgemein negative psychosoziale Folgen. 183 Der Autor bezieht sich hierbei auf Dr. Bernhard Frank, der 1971 die Societät für Unternehmensplanung International AG (SUP) in Frankfurt gegründet hat und ihr noch immer als CEO vorsteht. 220

konkurrierenden Umgebung strategisch gut überlegen, wann man jeweils <strong>in</strong> welcher Dosis<br />

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Pflichtbewusstse<strong>in</strong> <strong>und</strong> Freiwilligkeit appelliert, um damit teure Anreizsysteme e<strong>in</strong>zusparen.<br />

Aber dieses Dilemma ist im Rahmen dieser Arbeit ja nichts Neues.<br />

Die Lösung: Das „passende“ Personal<br />

„“Knowledge-Worker“ haben e<strong>in</strong>e verän<strong>der</strong>te Wertehaltung, sie schöpfen ihre Identität<br />

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510). E<strong>in</strong>e solche Aussage lässt doch hoffen, dass es e<strong>in</strong>en Ausweg aus dem unsäglichen<br />

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Wenn von <strong>der</strong> neuen Elite <strong>der</strong> Wissensarbeiter die Rede ist, fällt die erste Assoziation<br />

auf e<strong>in</strong>en Selbständigen, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en neuen Beruf hat, dar<strong>in</strong> Experte ist, große Unabhängigkeit<br />

genießt <strong>und</strong> im Übrigen dazu neigt, sich weit mehr als es ihm persönlich auf Dauer gut tut, zu<br />

belasten 182 (vgl. Wimmer 1999, 38). Auch gibt es Untersuchungen über wirkliche Spitzenmanager,<br />

an denen übere<strong>in</strong>stimmende Charaktermerkmale heraus gearbeitet werden konnten, „e<strong>in</strong>e Art<br />

genetischer Code sozusagen, <strong>der</strong> wahren Führungskräften gleichsam <strong>in</strong> die Wiege gelegt ist<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> sie von allen an<strong>der</strong>en unterscheidet“ (Fick<strong>in</strong>ger 2000, 65 183 ). Solche Top-Kandidaten<br />

haben klare Wertvorstellungen wozu <strong>Vertrauen</strong> (!) <strong>und</strong> Offenheit, Überzeugung, soziales<br />

Engagement, Selbstbeherrschung, Entscheidungsstärke, Fairness <strong>und</strong> Vernunft gehören. Und<br />

<strong>der</strong>art wirklich gute Leute vermeiden dann auch tautologische Begriffe, welche von<br />

„Unwissenden“ als verme<strong>in</strong>tliche Tugenden dargestellt werden, wie: ges<strong>und</strong>er Egoismus statt<br />

soziales Engagement <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>es Misstrauen statt Loyalität <strong>und</strong> Treue (vgl. ebd.).<br />

Die Unternehmen s<strong>in</strong>d also für ihre Top-Positionen auf <strong>der</strong> Suche nach den „r<strong>und</strong>um<br />

vollendeten Persönlichkeiten, nach Multitalenten“ (Stützel 1998, 29). Dies ist natürlich e<strong>in</strong><br />

verständlicher Wunsch, bedenkt man die unberechenbaren Herausfor<strong>der</strong>ungen von morgen.<br />

182 Zu diesen Nebenfolgen gehören dann auch frühzeitiges Ausbrennen (burn out), die Zerstörung privater<br />

Beziehungsgefüge <strong>und</strong> ganz allgeme<strong>in</strong> negative psychosoziale Folgen.<br />

183 Der Autor bezieht sich hierbei auf Dr. Bernhard Frank, <strong>der</strong> 1971 die Societät für Unternehmensplanung<br />

International AG (SUP) <strong>in</strong> Frankfurt gegründet hat <strong>und</strong> ihr noch immer als CEO vorsteht.<br />

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