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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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Wissen nun wirklich mit den Menschen zu tun? Ist Wissen e<strong>in</strong>e Bildungskategorie <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d<br />

Wissensmanager Bildungsspezialisten? – Hoffentlich nicht, denn bisher hat noch niemand über<br />

die Halbwertzeit von Bildung gesprochen.<br />

Für Willke 175 stellen sich die letzten 30 Jahre als e<strong>in</strong>e Geschichte gezielter<br />

Verän<strong>der</strong>ungen von Organisationen dar. Bereits <strong>in</strong> den 70er Jahren des 20.Jahr<strong>und</strong>erts werden<br />

Ideen zur Lernenden Organisation entwickelt, <strong>der</strong>en Stärken dar<strong>in</strong> liegen, dass sie e<strong>in</strong>en<br />

Lernbedarf nicht nur auf <strong>der</strong> Seite <strong>der</strong> Person, son<strong>der</strong>n auch auf <strong>der</strong> Seite <strong>der</strong> Organisation als<br />

Organisation sehen. In <strong>der</strong> Praxis scheitert diese Konzeption primär deshalb, weil es nicht<br />

gel<strong>in</strong>gt, dem Management deutlich zu machen, was es heißt, die Organisation selbst lernfähig<br />

zu machen. Anfang <strong>der</strong> 90er Jahre kommen radikalere Ansätze von Bus<strong>in</strong>ess Reeng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g bis<br />

h<strong>in</strong> zur Geschäftsprozessoptimierung h<strong>in</strong>zu, die ganz auf die Seite <strong>der</strong> Organisation setzen <strong>und</strong><br />

die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong>selben bestenfalls darunter subsumieren. 176 Trotz dieser E<strong>in</strong>seitigkeit bleibt<br />

die Erkenntnis bestehen, dass die Organisation als Organisation <strong>in</strong> ihren Strukturen <strong>und</strong><br />

Prozessen lernen muss, um sich schnellen, dynamischen Verän<strong>der</strong>ungen anpassen zu können.<br />

„Der Ansatz des Wissensmanagements greift die Idee <strong>der</strong> Lernenden Organisation wie<strong>der</strong> auf<br />

<strong>und</strong> erweitert den Ansatz des Bus<strong>in</strong>ess Reeng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g zu e<strong>in</strong>em klaren Fokus auf systemische<br />

Lernfähigkeit“ (Willke 2000, 16).<br />

„Ke<strong>in</strong> Individuum verfügt heute über das erfor<strong>der</strong>liche Wissen, um e<strong>in</strong>en mo<strong>der</strong>nen<br />

Computer, e<strong>in</strong> Auto o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Flugzeug zu bauen“ (Willke 1995, 297). An<strong>der</strong>erseits wird diesen<br />

Menschen dann auch zugestanden, dass nur sie es s<strong>in</strong>d, die neues Wissen erschaffen können.<br />

Nicht die Autofirma, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne Ingenieur o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e von Personen geprägte<br />

Arbeitsgruppe entwickeln e<strong>in</strong> neues Patent, e<strong>in</strong> neues Verfahren etc.. Nicht die Kl<strong>in</strong>ik, son<strong>der</strong>n<br />

e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zelne Ärzt<strong>in</strong> o<strong>der</strong> Pfleger<strong>in</strong> kommt auf e<strong>in</strong>en neuen Gedanken. „Dieses Handikap<br />

sozialer Systeme liegt dar<strong>in</strong> begründet, dass sie nur über die E<strong>in</strong>beziehung von Personen ihr<br />

systemspezifisches Wissen aktivieren können“ (ebd. 298).<br />

174 Diese Wortschöpfung erlaube ich mir <strong>in</strong> Anlehnung an Alv<strong>in</strong> Tofflers Begriff des „Kognitariats“ (1995, 60),<br />

womit er die Wissensarbeiter <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Gesellschaft bezeichnet, die selbst über ihre Produktionsmittel<br />

Wissen, Information <strong>und</strong> E<strong>in</strong>schätzung verfügen.<br />

175 In weiten Teilen dieses Abschnitts möchte ich mich auf den systemischen Wissensmanagement-Ansatz von<br />

Willke stützen, weil er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Dynamik hoch anschlussfähig an die ökonomische Logik ist <strong>und</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

systemischen Orientierung nicht sieht, was er nicht sieht, <strong>und</strong> diese Bl<strong>in</strong>dstellen m.E. sehr entscheidend s<strong>in</strong>d.<br />

176 Das Wall Street Journal zitiert am 26. Nov. 1996 den Begrün<strong>der</strong> des Bus<strong>in</strong>ess Reeng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g, Dr. Michael<br />

Hammer, mit <strong>der</strong> Aussage, dass er <strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Führer <strong>der</strong> Reeng<strong>in</strong>eer<strong>in</strong>g Industrie schlichtweg die Bedeutung des<br />

Menschen vergessen hätten (<strong>in</strong> Müller-Stewens/ Lechner 1999, 35) Diese „übersehen“ humane Dimension ist<br />

wohl e<strong>in</strong> weiterer Gr<strong>und</strong> für die relative Unzufriedenheit mit <strong>der</strong> Praxis <strong>der</strong>artiger Ansätze.<br />

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