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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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aber gerade auch <strong>in</strong> neueren Untersuchungen wurde herausgestellt, dass Tele-Angestellte an<br />

nur knapp 7 Tagen pro Monat tatsächlich zuhause arbeiten, unabhängig davon, ob sie auf ihrem<br />

etwa 80 Kilometer langen Weg zur Arbeit viele St<strong>und</strong>en im Stau verbr<strong>in</strong>gen müssen. Offenbar<br />

ersche<strong>in</strong>t ihnen die Qual des Pendelns ger<strong>in</strong>ger als die Gefahr, aus dem persönlichen<br />

Beziehungsgeflecht <strong>der</strong> Firma herauszufallen (vgl. Reske 1998, 67).<br />

Kooperation lernen?<br />

Verhaltensweisen des <strong>in</strong>dividuellen E<strong>in</strong>zelkämpfertums lassen sich nicht über Nacht <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong> team- o<strong>der</strong> gruppengerechtes Kooperationsniveau verwandeln. „Teamarbeit <strong>und</strong> vernetzte<br />

Kooperation braucht e<strong>in</strong>en <strong>Vertrauen</strong>snährboden <strong>und</strong> <strong>der</strong> kann dort eher entstehen, wo<br />

Konkurrenz nicht dom<strong>in</strong>iert“ (Götz/ Lackner 1996, 22). Wenn von e<strong>in</strong>er Gruppe erwartet wird,<br />

dass sie Arbeitsprozesse so weit optimiert, dass größere Arbeitsumfänge nicht nur rascher,<br />

son<strong>der</strong>n de facto auch mit weniger Personal bewältigt werden können, dann bedeutet die<br />

Aufgabenerfüllung im Extremfall den Arbeitsplatzverlust. Was für e<strong>in</strong> Interesse sollte e<strong>in</strong><br />

Akteur haben, sich <strong>in</strong> dieser Gruppe zu engagieren? Ohne e<strong>in</strong>e gleichzeitige Arbeitsplatzgarantie<br />

fehlt das organisatorische Gerüst, welches gleichsam die strukturelle Voraussetzung<br />

für die riskanten Vorleistungen <strong>der</strong> Treugeber darstellt.<br />

Je<strong>der</strong> Akteur handelt <strong>in</strong> sozialen Gruppen zunächst nach se<strong>in</strong>en persönlichen<br />

(Wert)Vorstellungen. Je tiefgreifen<strong>der</strong> <strong>und</strong> unmittelbarer die Restrukturierungsprozesse<br />

verlaufen, desto eher gerät <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Abstimmungskonflikt, <strong>in</strong> welchem er sich<br />

gegenüber konkurrierenden Vorstellungen positionieren muss. Gerade <strong>in</strong> <strong>der</strong> Gruppenarbeit<br />

wird dies beson<strong>der</strong>s deutlich. Ehrke argumentiert vor diesem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> mit <strong>der</strong><br />

Notwendigkeit nach moralischer Kompetenz, die er als e<strong>in</strong> Bildungsproblem darstellt: „Alles,<br />

was hierzu gehört, muss man allerd<strong>in</strong>gs lernen. Es stimmt nicht, dass wertegeleitetes Handeln<br />

nichts mit Qualifizierung zu tun hat nach dem Motto: „Moral hat man o<strong>der</strong> man hat sie nicht““<br />

(<strong>der</strong>s. 1995, 110).<br />

Es ist nicht me<strong>in</strong>e Absicht, <strong>der</strong> expliziten Frage nach Moral <strong>und</strong> Werten nachzugehen.<br />

Vielmehr ist es mir wichtig, <strong>Vertrauen</strong> gerade von „re<strong>in</strong>en“ moralischen Kategorien<br />

weitgehend frei zu halten, 172 daher möchte ich die Kategorien von Ehrke eher als soziale <strong>und</strong><br />

kommunikative Dimension def<strong>in</strong>ieren, welche über das im engen S<strong>in</strong>ne fachliche Können <strong>der</strong><br />

Akteure h<strong>in</strong>ausgeht. Akteure müssen – wenn sie <strong>in</strong> Gruppen arbeiten wollen, lernen, mit<br />

Leistungsunterschieden umzugehen, sie müssen - <strong>in</strong>dividuell <strong>und</strong> als Gruppe - die Fähigkeit<br />

172 ...nicht, weil Moral etwas Unangenehmes wäre, das Problem liegt m.E. dar<strong>in</strong>, dass Diskussionen über Moral<br />

sehr schnell apodiktisch werden <strong>und</strong> damit die funktionale Dimension nicht mehr bearbeitbar ist.<br />

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