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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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eigenständig denkende Mitglie<strong>der</strong> <strong>und</strong> ihre Ideen zu ertragen – o<strong>der</strong> ob es den Selbstdenker<br />

abstößt, ihn ausscheidet, wie <strong>der</strong> kranke Körper das e<strong>in</strong>gepflanzte Organ“ (Deysson 1999, 168). 169<br />

Der Markt ist nicht per se gut o<strong>der</strong> böse, ebenso wenig wie die Bürokratie o<strong>der</strong> eben das<br />

Team. Die erwarteten positiven Gruppendynamiken lassen sich nun e<strong>in</strong>mal nicht mechanisch<br />

<strong>in</strong>itiieren, wie man es sich auch bei <strong>Vertrauen</strong> wünschen würde. Das, was als das „Mehr“ <strong>der</strong><br />

Gruppe herbeigesehnt wird, ist wie<strong>der</strong>um das soziale Kapital, von dem man sich<br />

stillschweigend erhofft, dass all die strukturellen Fehler <strong>der</strong> unzulänglichen Konzepte<br />

ausbügelt werden.<br />

<strong>Vertrauen</strong> auf Zeit – e<strong>in</strong>e Contradictio <strong>in</strong> adjecto?<br />

„Swift trust“ ist das neueste Zauberwort für e<strong>in</strong>en <strong>Vertrauen</strong>sbegriff, den ich als<br />

Instant-<strong>Vertrauen</strong> bezeichnen möchte. Die For<strong>der</strong>ungen nach <strong>der</strong> rettenden Teamfähigkeit,<br />

s<strong>in</strong>d geradezu identisch mit den komplexitätsreduzierenden Eigenschaften des <strong>Vertrauen</strong>s.<br />

Für Heisig/ Littek (1995, 285) stellt sich diese Problematik wie folgt dar: Nachdem<br />

nämlich e<strong>in</strong> Großteil <strong>der</strong> (qualifizierteren) Tätigkeiten <strong>in</strong> Form von Team-, Projekt- o<strong>der</strong><br />

Netzwerk-arbeiten stattf<strong>in</strong>det, müssen sich die Akteure <strong>in</strong> je unterschiedliche<br />

Beziehungszusammen-hänge kurzfristig aktiv <strong>und</strong> ohne persönliche Vorbehalte e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen. Sie<br />

müssen sich schnell <strong>in</strong> „fremde“ Umgebungen bruchlos e<strong>in</strong>passen <strong>und</strong> dazu immer abstrakter<br />

werdende Kommunikationsmedien benutzen. Dabei gew<strong>in</strong>nen <strong>in</strong>tellektuelle Fähigkeiten,<br />

E<strong>in</strong>fühlungsvermögen sowie kooperative <strong>und</strong> kommunikative Kompetenz an Bedeutung<br />

gegenüber technischen Qualifikationen <strong>und</strong> Fachwissen. Ziel <strong>der</strong> Akteure muss es se<strong>in</strong>, die<br />

Bereitschaft zu entwickeln, Unsicherheit zu ertragen <strong>und</strong> soziale Risiken zu akzeptieren <strong>und</strong><br />

dafür e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>geres Maß an Zukunftsgewissheit <strong>und</strong> sozialer Sicherheit <strong>in</strong> Kauf zu nehmen.<br />

Dies entspricht nun m.E. e<strong>in</strong>em <strong>Vertrauen</strong>sbegriff, <strong>der</strong> an Magersucht leidet. Wenn das<br />

Geme<strong>in</strong>schaftliche <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeitswelt zurückgeht, so s<strong>in</strong>kt auch gleichzeitig die Solidarität<br />

<strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Arbeitsgruppen. Wie sollen sich die Angestellten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Unternehmen<br />

gegenseitig auf Dauer helfen, wie sollen sie die zeitweisen Schwächen <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

ausgleichen, wie sollen sie davon ausgehen, dass ihnen selbst geholfen wird, nachdem sie<br />

heute an<strong>der</strong>en unter die Arme greifen – „wie also sollen sie Geme<strong>in</strong>schaft am Arbeitsplatz<br />

üben, wenn das Team nur auf Zeit besteht, wenn das betreffende Geschäftsfeld e<strong>in</strong> um das<br />

an<strong>der</strong>e Mal neu gefasst wird, wenn die Arbeitnehmer immer wie<strong>der</strong> neu zusammengewürfelt<br />

169 In Anlehnung an Kapitel 2 könnte man neben Markt- <strong>und</strong> Hierarchieversagen von Teamversagen sprechen.<br />

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