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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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ger<strong>in</strong>ger Autonomie <strong>und</strong> wenig Entwicklungschancen für den e<strong>in</strong>zelnen unterschieden. Es gibt<br />

e<strong>in</strong>en struktur<strong>in</strong>novativen Typus mit anspruchsvoller Qualifizierung <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en<br />

strukturkonservativen Typus, <strong>der</strong> sich auf e<strong>in</strong>e Taylorisierung <strong>in</strong> Eigenregie beschränkt (vgl.<br />

Weitbrecht/ Mehrwald 1998, 23f).<br />

Die Kehrseiten des Konzepts<br />

Der Blick <strong>in</strong> die betriebliche Wirklichkeit zeigt e<strong>in</strong>e Vielzahl von Wi<strong>der</strong>sprüchen <strong>und</strong><br />

oftmals den Rekurs auf alte Konzepte, die lediglich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e mo<strong>der</strong>ne Worthülse gesteckt<br />

wurden. „Die mit dem Umbau <strong>der</strong> Industriearbeit <strong>in</strong> Richtung neuer Formen <strong>der</strong><br />

Arbeitsorganisation respektive Gruppenarbeit verknüpften Erwartungen seitens <strong>der</strong><br />

Beschäftigten s<strong>in</strong>d im Gr<strong>und</strong>satz nicht erfüllt <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Weiterentwicklung kommt trotz<br />

sichtbarer Handlungsnotwendigkeiten, so unsere eigenen empirischen Bef<strong>und</strong>e, nur schleppend<br />

voran“ (Novak 1998, 95). 166 Hierzu seien vier Bereiche exemplarisch angeführt.<br />

Erstens besteht e<strong>in</strong> Hauptproblem <strong>in</strong> dem faktischen Statusverlust <strong>der</strong> Meister. Dies ist<br />

nicht nur so zu verstehen, dass die Meister „gern e<strong>in</strong> wenig mächtiger wären“, son<strong>der</strong>n es<br />

entsteht zunächst e<strong>in</strong>mal e<strong>in</strong> Machtdefizit, e<strong>in</strong> Vakuum, dort, wo zuvor die Verantwortung des<br />

Meisters klar def<strong>in</strong>iert war. Das funktionale Äquivalent stellt nun <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong><br />

Selbstorganisation <strong>der</strong> Gruppensprecher o<strong>der</strong> Teamleiter dar, ohne jedoch über<br />

<strong>in</strong>stitutionalisierte Verfahren zu verfügen. Er soll mit den an<strong>der</strong>en <strong>in</strong>direkten Bereichen des<br />

Unternehmens kooperieren, Term<strong>in</strong>e absprechen, das Material bewirtschaften, Schulungen<br />

planen <strong>und</strong> Urlaubsvertretungen anlernen, sowie auf die Gruppenprobleme e<strong>in</strong>gehen, den<br />

Personale<strong>in</strong>satz planen <strong>und</strong> die Treffen <strong>der</strong> Qualitätszirkel vorbereiten (vgl. Markert 1998, 70, sowie<br />

Herzer et al. 1997, 7). Damit wird dem Gruppensprecher implizit die Aufgabe des Vorarbeiters<br />

o<strong>der</strong> E<strong>in</strong>richters zuteil, <strong>und</strong> wer könnte das besser als <strong>der</strong> immer noch <strong>in</strong> den Betrieben<br />

vorhandene Meister, <strong>der</strong> das irgendwie immer schon gemacht hat, nur dass ihm diese<br />

exponierte Stellung nicht mehr offiziell zugebilligt wird, weil ja alle gleich s<strong>in</strong>d.<br />

Zweitens entsteht e<strong>in</strong> doppeltes Kontroll- <strong>und</strong> Abstimmungsproblem. 167 In dem Maße,<br />

wie Gruppen tatsächlich als teilautonome E<strong>in</strong>heiten operieren, lassen sich ihre Aktivitäten nur<br />

166 Novak weiter: „Dass die neuen Arbeitskonzepte, wie Gruppenarbeit <strong>und</strong> Inselfertigung, sich nicht voll<br />

entfalteten, sich dennoch jeden Tag <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis, oft mit den Maßstäben kurzfristiger Kostenbetrachtung<br />

gemessen, beweisen mussten, hat auch die Berufsbildung nie kritisch h<strong>in</strong>terfragt“ (ebd. 100).<br />

167 In diesem Zusammenhang möchte ich nur kurz auf das Sen-Paradox verweisen. Die These von Sen von 1970<br />

lautet dabei paraphrasiert: Jede Organisation, welche die Autorität, Entscheidungen zu treffen, an mehr als e<strong>in</strong>e<br />

Gruppe von Individuen delegiert, wird entwe<strong>der</strong> unter zusammenhanglosem Verhalten zu leiden haben o<strong>der</strong> unter<br />

<strong>der</strong> Ineffizienz, die sich aus <strong>der</strong> Komb<strong>in</strong>ation <strong>der</strong> unterschiedlichen <strong>in</strong>dividuellen Präferenzen ergibt (ref. n. Miller<br />

1992, 86, vgl. auch Coleman 1992, 16ff).<br />

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