01.12.2014 Aufrufe

Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

parallel auf den heute noch gültigen Zustand anwendbar ist: „Die Gesamtstruktur <strong>der</strong> Betriebe,<br />

die umfassen<strong>der</strong> ist als <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne Arbeitsplatz <strong>und</strong> auf höherer Ebene implementiert wurde,<br />

nahm dem Meister die Kontrolle über den Arbeitsablauf aus den Händen. Die Rolle des<br />

Meisters im Produktionsprozess verkam so zu e<strong>in</strong>em Part, <strong>der</strong> den vorstrukturierten<br />

Arbeitsablauf nur noch <strong>in</strong> Gang zu setzen hatte. Die Macht wurde nicht mehr offen ausgeübt<br />

durch den Meister o<strong>der</strong> Vorgesetzten, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> den Arbeitsstrukturen unsichtbar gemacht“<br />

(<strong>der</strong>s. <strong>in</strong> Littler 1987, 39). Die wirkliche Verantwortung <strong>und</strong> Kontrolle über die Arbeit ist so, statt<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>in</strong>tegeren Person <strong>und</strong> im Können des Meisters <strong>in</strong> <strong>der</strong> kle<strong>in</strong>teiligen Struktur <strong>der</strong> Fertigung<br />

selbst festgelegt. Damit war es möglich, massenhaft Arbeit zu vere<strong>in</strong>heitlichen <strong>und</strong> von <strong>der</strong><br />

konkreten Person e<strong>in</strong>es Meisters zu ent-<strong>in</strong>dividualisieren.<br />

Das <strong>in</strong>dustrie-gesellschaftliche Führungsverhalten beruhte auf e<strong>in</strong>em Verständnis <strong>der</strong><br />

Führungsaufgabe als Anweisung <strong>und</strong> Kontrolle <strong>und</strong> stellte damit zugleich e<strong>in</strong>en bedeutenden<br />

Teil des alltäglichen Aufgabenspektrums <strong>und</strong> Statusgew<strong>in</strong>ns dar. Die neuerliche<br />

Reorganisation stellt wie<strong>der</strong>um komplexe Anfor<strong>der</strong>ungen an die Meister. Nun sollen sie die<br />

dezentralen E<strong>in</strong>heiten zur Selbstorganisation befähigen, sie sollen Mo<strong>der</strong>ator, Koord<strong>in</strong>ator <strong>und</strong><br />

Motivator selbstorganisierter Gruppenprozesse se<strong>in</strong>. Damit stehen die Meister aber <strong>in</strong><br />

Konkurrenz zu an<strong>der</strong>en betrieblichen Bereichen, immer die Angst vor Augen, sich selbst bei<br />

Erfolg <strong>der</strong> Selbstorganisation überflüssig zu machen. Je stärker all diese sozialen Folgen<br />

ignoriert werden, desto eher müssen <strong>der</strong>artige Strukturen zu e<strong>in</strong>er Überfor<strong>der</strong>ung <strong>und</strong><br />

Verunsicherung <strong>der</strong> Akteure führen, so dass es gerade nicht verw<strong>und</strong>ert, wenn Meister zu<br />

Gegnern <strong>und</strong> Bremsern <strong>der</strong> Organisationsentwicklung werden, weil sie im traditionellen<br />

Aufgabenverständnis befangen bleiben o<strong>der</strong> <strong>in</strong> den neuen Strukturen ke<strong>in</strong>e Zukunft für sich<br />

sehen. „Vor allem mittlere <strong>und</strong> untere Führungskräfte sehen sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Welt versetzt, <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

nahezu alle früheren Sicherheiten h<strong>in</strong>sichtlich Karriere, Qualifikation, Loyalität problematisch<br />

werden“ (Deutschmann et al. 1995, 438). So erweist sich die Öffnung auf <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Seite als e<strong>in</strong><br />

Prozess <strong>der</strong> Schließung auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en, <strong>und</strong> die bl<strong>in</strong>den Flecken werden lediglich verschoben.<br />

Gestiegener Abstimmungsaufwand <strong>und</strong> Politisierung<br />

Diese Krisenphänomene tauchen nicht etwa auf, weil die Akteure es <strong>in</strong> neuerer Zeit<br />

verlernt haben mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu kommunizieren o<strong>der</strong> zu kooperieren. Die alten Abläufe waren<br />

weitgehend kontextabhängig <strong>und</strong> strukturell vorgegeben, d.h. dass noch nie so viel kooperiert<br />

<strong>und</strong> kommuniziert werden mussten wie heute, um den neuen Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> verän<strong>der</strong>ten<br />

Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen gerecht zu werden. Es wäre <strong>in</strong>sofern auch nicht gerechtfertigt, von neuen<br />

Dimensionen e<strong>in</strong>er <strong>Vertrauen</strong>skrise zu sprechen; es f<strong>in</strong>det vielmehr e<strong>in</strong>e gr<strong>und</strong>sätzliche<br />

200

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!