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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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von Rollen <strong>und</strong> Verhaltensweisen erzeugen. 161 Sie werden hartnäckig versuchen, an<br />

klassischen L<strong>in</strong>ienorganisationen gr<strong>und</strong>sätzlich festzuhalten, an Organisationen mit<br />

e<strong>in</strong>deutigen Über- <strong>und</strong> Unterordnungsverhältnissen <strong>und</strong> zentralen Verantwortungs- <strong>und</strong><br />

Entscheidungsbefugnissen, <strong>und</strong> dies trotz bzw. wegen all <strong>der</strong> Modifikationen. Sie werden dort<br />

Sicherheiten suchen, wo sie diese vormals fanden <strong>und</strong> dort Ungewissheiten reduzieren, wo sie<br />

Kontrolle über Ermessensspielräume ausüben können.<br />

Die erste <strong>und</strong> zweite Meisterkrise<br />

Von dieser Dynamik s<strong>in</strong>d eben nicht nur Arbeiter <strong>und</strong> Angestellte, son<strong>der</strong>n ebenso<br />

Führungskräfte auf fast allen Ebenen betroffen. Statt des Ideals <strong>der</strong> Ebenbürtigkeit <strong>der</strong> Akteure<br />

auf den restlichen Ebenen etabliert sich e<strong>in</strong> Verdrängungswettbewerb um die verbliebenen<br />

Führungspositionen. Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Organisation von Arbeit betreffen damit alle Bereiche,<br />

<strong>in</strong> denen angeordnet <strong>und</strong> ausgeführt wird <strong>und</strong> die Bereiche, <strong>in</strong> denen diese Anordnungen<br />

wie<strong>der</strong>um anordnend weitergegeben werden. Anhand zweier Krisen, welche die Riege <strong>der</strong><br />

Meister <strong>in</strong> jüngster Zeit durchmachen musste, lässt sich die Problematik des Wandels von<br />

Selbstbil<strong>der</strong>n kurz beschreiben.<br />

In <strong>Zeiten</strong> <strong>der</strong> Stände- <strong>und</strong> Agrargesellschaft gab es noch ke<strong>in</strong> Total Quality<br />

Management. Es gab auch ke<strong>in</strong>e ausufernden Kontrollhierarchien, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Meister unterlag<br />

gleichsam e<strong>in</strong>er handwerklichen Eigenkontrolle, die <strong>in</strong> enger Verb<strong>in</strong>dung mit den Vorgaben<br />

<strong>der</strong> Zünfte stand. 162 Diese Vorgaben zielten aber nicht auf partikulare<br />

Funktionsbeschreibungen, son<strong>der</strong>n darauf, dass <strong>der</strong> ehrbare Meister se<strong>in</strong>em Handwerk zur Ehre<br />

gereicht. Dann, wenn die ganze Person des Meisters <strong>in</strong>teger ist, ist se<strong>in</strong> Tun <strong>und</strong> Arbeiten nur<br />

die Fortsetzung se<strong>in</strong>er Persönlichkeit. Indem man die tugendhafte Persönlichkeit des ehrbaren<br />

Handwerkers gesellschaftlich überprüft, werden se<strong>in</strong>e Taten auch se<strong>in</strong>em Wesen entsprechen.<br />

Im Zeichen <strong>der</strong> Industrialisierung <strong>und</strong> Massenproduktion verloren nicht nur die Zünfte<br />

ihre e<strong>in</strong>stige dom<strong>in</strong>ante Stellung, son<strong>der</strong>n auch die Meister waren nicht mehr alle<strong>in</strong> durch ihre<br />

Ehrbarkeit gerechtfertigt. Edwards beschreibt 1979 den Übergang zur „technischen Kontrolle“<br />

als e<strong>in</strong>e erste Meisterkrise. Dieser Übergang zur ersten strukturellen <strong>und</strong> partikularen<br />

Kontrollmethode macht den damit verb<strong>und</strong>enen Wandel <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Weise deutlich, wie sie<br />

161 So hat die Tatsache, dass es <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es mo<strong>der</strong>nen Automobilkonzerns <strong>in</strong> Ingolstadt offiziell ke<strong>in</strong>e Titel<br />

mehr für die konkrete Stelle gibt, nicht wirklich etwas mit e<strong>in</strong>er Egalisierung <strong>der</strong> Verhältnisse zu tun, dazu wissen<br />

die Angestellten viel zu genau, wer welchen Dienstwagen fahren darf, wer auf Firmenkosten diesen Wagen dann<br />

auch auftanken darf, <strong>und</strong> wie hoch dann das Gehalt se<strong>in</strong> dürfte.<br />

162 vgl. auch Kapitel 4.1<br />

199

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