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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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nehmen von ihren „Lieferanten“ nur „Nullfehler-Produkte“ ab. Sollte <strong>in</strong> diesem „Null-Puffer-<br />

Denken“ e<strong>in</strong> „Lieferant“ versagen, käme die gesamte Fertigungskette zum Stillstand. Damit<br />

werden die beherrschenden Element dieses Produktionsprozesses Konkurrenz, Leistungs-druck<br />

<strong>und</strong> die Angst, als Versager vorgeführt zu werden. 159<br />

Diese Problematik spiegelt sich allerd<strong>in</strong>gs nicht nur auf Seiten <strong>der</strong> Angestellten wi<strong>der</strong>,<br />

gerade Führungskräfte des mittleren Managements „s<strong>in</strong>d nicht mehr länger nur „Betreiber“<br />

<strong>in</strong>dustrieller Reorganisation, son<strong>der</strong>n zunehmend „Betroffene““ (Deutschmann et al. 1995, 436).<br />

Aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Ausdünnung <strong>der</strong> Hierarchieebenen 160 stellt sich die Reorganisation gerade auch<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Führungsorganisation als e<strong>in</strong> „Verdrängungswettbewerb nach unten“ (Faust et al. 1994, 117)<br />

dar. Bei dieser Elim<strong>in</strong>ierung von „unnötigen“ Hierarchieebenen wird nur allzu häufig e<strong>in</strong><br />

wichtiger Aspekt ihrer sozialen Relevanz übersehen. Die Funktion des mittleren Managements<br />

bestand <strong>in</strong> <strong>der</strong> traditionellen bürokratischen Großorganisation zu e<strong>in</strong>em wesentlichen Teil<br />

dar<strong>in</strong>, den notwendigen Ausgleich zwischen den Partial<strong>in</strong>teressen <strong>der</strong> Funktionsbereiche <strong>und</strong><br />

den Abteilungen sicherzustellen. Dieser Interessenausgleich hatte sowohl e<strong>in</strong>e sachliche als<br />

auch e<strong>in</strong>e soziale Dimension. Sie machte die gegenseitige E<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>enheit <strong>und</strong> Verantwortung<br />

<strong>der</strong> Akteure auf den jeweiligen Ebenen im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er vertikalen <strong>Vertrauen</strong>sachse erwartbar<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>schätzbar. Die Metapher vom „selben Boot“ <strong>in</strong> dem man sitzt, war gerade aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong><br />

E<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>enheit von Führung <strong>und</strong> Unterordnung fast aller Akteure <strong>in</strong> allen Bereichen<br />

glaubwürdig. Die soziale Distanz zwischen den unmittelbaren Vorgesetzten <strong>und</strong> Untergebenen<br />

war aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> Dichte <strong>der</strong> Ebenen relativ ger<strong>in</strong>g <strong>und</strong> stellt gerade damit e<strong>in</strong>e <strong>der</strong><br />

„<strong>in</strong>formellen Nebenfolgen des bislang dom<strong>in</strong>ierenden professionell-bürokratischen<br />

Karrieretypus“ (Deutschmann et al. 1995, 444) dar. E<strong>in</strong>e Politik, welche all die <strong>in</strong>ternen<br />

Aufstiegswege weitgehend elim<strong>in</strong>iert <strong>und</strong> das mittlere Management systematisch ausdünnt,<br />

blockiert damit nicht nur den Erwerb von Organisations- <strong>und</strong> Führungswissen, son<strong>der</strong>n ebenso<br />

die Rekrutierung des Führungsnachwuchses. Und dort wo ke<strong>in</strong>e Führung mehr ist, wird auch<br />

nichts mehr gedämpft o<strong>der</strong> gefiltert, <strong>der</strong> ganze Rationalisierungs- <strong>und</strong> Leistungsdruck wird<br />

unmittelbar an den „shop-floor“ weitergegeben.<br />

Wird e<strong>in</strong>e solche Tendenz nicht sozial verantwortlich aufgefangen, dann werden<br />

Führungskräfte wie Beschäftigte immer wie<strong>der</strong> die Tendenz e<strong>in</strong>er Re-Konventionalisierung<br />

159 Bubenzer (ebd.) zieht daraus drei Konsequenzen: Erstens werden Gewerkschaften <strong>und</strong> Betriebsräte <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong>artigen Beziehungen zum Anachronismus, weil sie überflüssig s<strong>in</strong>d. Zweitens kann es Solidarität als Voraussetzung<br />

zur Emanzipation e<strong>in</strong>er Gruppe zwischen „K<strong>und</strong>en“ <strong>und</strong> „Lieferanten“ gar nicht mehr geben. So dass<br />

drittens Mitbestimmung <strong>und</strong> Demokratie zu Fremdworten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er „K<strong>und</strong>en-Lieferanten-Beziehung“ werden.<br />

160 Bspw. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Automobilwerk wo unterhalb <strong>der</strong> Vorstand-/ Direktorenebene aus 7 Ebenen 4 gemacht wurden<br />

(vgl. Faust et al. 1994, 116).<br />

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