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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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Untersuchungen von Kotthoff, dass sich viele Angestellte <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em „Inselmeer von<br />

partikularen Subkulturen <strong>und</strong> Lokal-Patriotismen“ (1995, 21) wie<strong>der</strong>f<strong>in</strong>den. Unter diesen<br />

Bed<strong>in</strong>gungen entwickelt sich nun genau das Gegenteil dessen, was<br />

Managementwissenschaftler <strong>und</strong> Unternehmensberater heute als starke Unternehmenskultur<br />

beschwören.<br />

Alle Beteiligungsangebote des Managements bleiben systemwidrigerweise auf das<br />

freiwillige Mitspielen <strong>der</strong> Adressaten angewiesen. Diese Notwendigkeit des Mitspielens<br />

verleiht dementsprechend den abhängigen Akteuren gewisse Ressourcen, die e<strong>in</strong>e „relevante<br />

Ungewissheitszone“ (Ortmann 1992, 248) <strong>in</strong> Bezug auf die Managementkontrolle darstellt. Und<br />

dieses Kontrolldilemma löst man eben entwe<strong>der</strong> durch „aktive“ Subjektivierung <strong>und</strong>/ o<strong>der</strong> als<br />

Alternative durch Personalselektion, d.h. es wird geprüft, <strong>in</strong>wieweit die Internalisierung bereits<br />

stattgef<strong>und</strong>en hat. E<strong>in</strong> Zeichen hierfür s<strong>in</strong>d all die „neuen“ Anfor<strong>der</strong>ungsprofile, bezogen auf<br />

die Qualifikation <strong>und</strong> die Persönlichkeit <strong>der</strong> Arbeitnehmer: Gesucht werden solide<br />

Fachkenntnisse <strong>und</strong> breites Weltwissen, mit dem Vermerk, auf beiden Fel<strong>der</strong>n lernfähig zu<br />

se<strong>in</strong>; man sollte durchsetzungsfähig <strong>und</strong> entscheidungsstark (Typ „e<strong>in</strong>samer Jäger“) <strong>und</strong><br />

zugleich anpassungsfähig, kooperativ, <strong>in</strong>tegrierend <strong>und</strong> teamfähig (Typ „fürsorgende Mutter“)<br />

se<strong>in</strong> (vgl. Faust et al. 1994, 124). Je mehr die ehemals klar def<strong>in</strong>ierten Rollen <strong>und</strong> Positionen <strong>der</strong><br />

Akteure 151 ihre normativen <strong>und</strong> kognitiven Konturen verlieren, wachsen die frei<br />

verhandelbaren mentalen Anfor<strong>der</strong>ungen an e<strong>in</strong>, wie auch immer geartetes, subjektives<br />

„Charisma“.<br />

Unter diesen Bed<strong>in</strong>gungen ist es nur konsequent, den Werte- <strong>und</strong> Tugendbegriff wie<strong>der</strong><br />

zu reaktivieren, um, wie es bei Luhmann hieß, das Durche<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zwar nicht verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n, aber<br />

doch mäßigen zu können (vgl. 2000, 238). „Neue Werte wie Kreativität, Sensibilität <strong>und</strong><br />

Teamgeist treten neben die „alten Werte“ Fleiß, Diszipl<strong>in</strong> <strong>und</strong> Pflichtbewusstse<strong>in</strong>“ (Walter 1999,<br />

114). „Die Ansprüche an Arbeit verlagern sich immer mehr von Pflichterfüllung, Diszipl<strong>in</strong>,<br />

Gehorsam, <strong>in</strong> Richtung Selbstbestimmung, Eigenverantwortlichkeit, Partizipation“ (Reske 1998,<br />

8 <strong>in</strong> Anlehnung an Eckard M<strong>in</strong>x). Damit aber verlieren diese Werte <strong>und</strong> Ansprüche ihre „Positivität“<br />

im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er als Entscheidung e<strong>in</strong>geführten Entscheidungsprämisse (vgl. Luhmann 2000, 242) 152 ,<br />

<strong>und</strong> sie „wirken“ nicht mehr qua Setzung e<strong>in</strong>er als Ideal (von wem auch immer) vorgestellten<br />

Handlung.<br />

151 Z.B. <strong>der</strong> treusorgende Ehemann, <strong>der</strong> loyale Angestellte, <strong>der</strong> ehrbare Handwerker.<br />

152 In eben diesem S<strong>in</strong>ne spricht Deutschmann von Vermeidungsimperativen (siehe unten), weil sie nicht positiv<br />

dargelegt werden können, son<strong>der</strong>n nur ex negativo vermieden werden sollen. Der als Regel gesetzten Pflicht nach<br />

Pünktlichkeit ist leichter nachzukommen.<br />

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