01.12.2014 Aufrufe

Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

(4)) <strong>und</strong> eben nicht <strong>der</strong> Subjektivierung 147 . Das Subjekt soll nun aber via Subjektivierung<br />

<strong>in</strong>strumentalisiert werden. Diese Art <strong>der</strong> Argumentation folgt damit ke<strong>in</strong>eswegs e<strong>in</strong>er<br />

traditionellen Klassenkampf-Logik. Es geht nicht darum, <strong>der</strong> Arbeit an sich e<strong>in</strong>en für das<br />

Subjekt subjektiven Wert abzusprechen, nach dem Motto, dass <strong>der</strong> Mensch erst außerhalb <strong>der</strong><br />

entfremdenden Arbeit Mensch se<strong>in</strong> kann. Arbeit hatte immer e<strong>in</strong>e subjektive Bedeutung über<br />

den Erwerb h<strong>in</strong>aus, <strong>in</strong>dem die Arbeitenden den fremdbestimmten Handlungskontexten selbst<br />

noch e<strong>in</strong>en subjektiven, biographischen o<strong>der</strong> sozialen S<strong>in</strong>n gaben (ebd. (5)).<br />

„Klassische Formen“ <strong>der</strong> Rationalisierung gestanden daher den Menschen ihre<br />

subjektive Eigenwilligkeit zu bzw. setzten diese als e<strong>in</strong>e (negative – weil nicht beherrschbare)<br />

Konstante voraus, die mit Mitteln <strong>der</strong> Macht <strong>und</strong> Diszipl<strong>in</strong>ierung zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> Grenzen<br />

gehalten werden musste 148 . Dabei wurde das Individuum zwar als eigenwillig <strong>und</strong> mitunter<br />

störrisch angesehen, aber gerade dadurch wurde diese „menschliche Seite“ als etwas def<strong>in</strong>iert,<br />

was außerhalb <strong>der</strong> Arbeit bleiben musste, sollte <strong>und</strong> auch außerhalb bleiben durfte. „Re-<br />

Subjektivierung soll nun die bürokratisch verschütteten subjektiven Potentiale freilegen,<br />

Engagement <strong>und</strong> Begeisterung mobilisieren, teure Kontrollsysteme durch kostenlose <strong>und</strong><br />

effektive Selbstkontrolle substituieren, Herrschaft durch Selbstbeherrschung virtualisieren, <strong>und</strong><br />

Planung durch Improvisation flexibilisieren. Kurz, sie soll die Person mit <strong>der</strong> Arbeitskraft, den<br />

Bürger mit dem Arbeitnehmer versöhnen“ (ebd. (6), kursiv im Orig.). Und <strong>in</strong> dieser Logik zitiert<br />

Moldaschl (2001/II, (1) 149 ) Michel Foucault (1987): „Im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert ist <strong>der</strong> Kampf gegen die<br />

Ausbeutung <strong>in</strong> den Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> getreten. Und heute wird <strong>der</strong> Kampf gegen Formen <strong>der</strong><br />

Subjektivierung, gegen die Unterwerfung durch Subjektivität zunehmend wichtiger.“<br />

Was aber macht diese Dynamik nun problematisch? Was sollte e<strong>in</strong>en solchen „Kampf“<br />

rechtfertigen? Die Überlegungen, welche die Gegenüberstellung Subjekt-Objekt überhaupt erst<br />

problematisch werden lassen, entstammen zumeist den Konzepten, die das Subjektive<br />

ausschließlich positiv konnotiert sehen 150 . „Subjektivierung ist die geme<strong>in</strong>sam vertretene<br />

normative For<strong>der</strong>ung, gerichtet gegen die Fremdbestimmung über Menschen durch Systeme,<br />

Formalismen <strong>und</strong> Menschen“ (Moldaschl 2001, (12)). All die Konzepte, die auf Subjektivierung<br />

setzen, s<strong>in</strong>d ihrerseits auf genau dieser Folie verhaftet, <strong>in</strong>dem sie Subjektivierungsprozesse<br />

147 Strategien <strong>der</strong> Rationalisierungssteigerung von Organisationen durch „e<strong>in</strong>deutige“ Objektivierung waren<br />

Taylorismus, Fordismus <strong>und</strong> Bürokratie. Sie zielten ab auf das bessere Funktionieren unabhängig von <strong>der</strong><br />

konkreten <strong>in</strong>dividuellen Person (vgl. Moldaschl 2001, (5)).<br />

148 Vgl. Kapitel 4.1: die „<strong>in</strong>dustrielle Fremdkontrolle“.<br />

149 Die Seitenangabe <strong>in</strong> Parenthese bezieht sich auf das Manuskript, da die Veröffentlichung <strong>in</strong> Vorbereitung ist.<br />

150 Beg<strong>in</strong>nend mit <strong>der</strong> philosophischen Tradition <strong>der</strong> Aufklärung, die das Bild e<strong>in</strong>es autonomen Subjekts entwirft,<br />

das nur se<strong>in</strong>er Vernunft <strong>und</strong> ke<strong>in</strong>er sonstigen Herrschaft unterworfen ist (vgl. Moldaschl 2001, (13)).<br />

187

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!