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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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Der Abbau des Kommandosystems führt also ke<strong>in</strong>eswegs zu e<strong>in</strong>em Abbau von Zwang.<br />

Im Gegenteil, die e<strong>in</strong>schlägigen Ergebnisse belegen, dass <strong>der</strong> äußere Zwang durch e<strong>in</strong>e<br />

neuartige Steigerung des <strong>in</strong>ternen Leistungsdrucks ersetzt wird. Womit wir wie<strong>der</strong> bei <strong>der</strong><br />

Dichotomie von Hierarchie versus Markt ankommen s<strong>in</strong>d. Akteure jenseits von<br />

Befehlshierarchien, jenseits von Kommandostrukturen, werden durch „Markt-Notwendigkeit“<br />

geführt. Der nicht beherrschbare <strong>und</strong> kontrollierbare Markt entwickelt sich autonom gegenüber<br />

den Akteuren <strong>und</strong> übt dadurch e<strong>in</strong>en Zwang ganz neuer - ganz an<strong>der</strong>er Art aus. Autonomie <strong>in</strong><br />

diesem S<strong>in</strong>ne ist lediglich Marktautonomie statt Unternehmensheteronomie (vgl. Peters 1995 28f).<br />

Und <strong>in</strong> dieser Dynamik nimmt <strong>der</strong> Arbeitnehmer die Arbeitsanfor<strong>der</strong>ungen nicht mehr länger<br />

als e<strong>in</strong>e von außen an ihn herangetragene, heteronome „Zumutung“ wahr, son<strong>der</strong>n beg<strong>in</strong>nt von<br />

sich selbst diese E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> die Arbeitsnotwendigkeit zu verlangen.<br />

Manfred Moldaschl hat <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Arbeiten (hier: 1998, 2001, 2001/II) zum Thema<br />

Subjektivierung <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Arbeitswissenschaften, die Problematik m.E. sehr exakt auf<br />

diesen Punkt gebracht: „Die wirkliche „Abstraktifizierung“ f<strong>in</strong>det nicht im Arbeits<strong>in</strong>halt statt<br />

... , son<strong>der</strong>n im Verhältnis <strong>der</strong> Arbeitenden zu sich selbst: die beruflichen Ziele <strong>und</strong> die<br />

lebensweltlichen Bedürfnisse werden an den „Erfor<strong>der</strong>nissen“ des Betriebs ausgerichtet – nicht<br />

erzwungen, son<strong>der</strong>n freiwillig. Die Rücknahme <strong>der</strong> Fremdbestimmung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeit wird quasi<br />

zur Voraussetzung e<strong>in</strong>er größeren Fremdbestimmung über den S<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Arbeit“ (1998, 232,<br />

kursiv im. Orig.). Für Moldaschl hat diese Auffor<strong>der</strong>ung zur „freiwilligen Unterwerfung ... die<br />

möglichst vollständige Ent-Faltung aller marktgängigen Falten <strong>der</strong> Subjektivität“ (ebd.) zum<br />

Ziel; <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e These lautet: „die Internalisierung des Marktes leistet mehr als alle<br />

symbolischen Politiken <strong>der</strong> Sozial<strong>in</strong>tegration (Human Relations, Corporate Identity,<br />

Unternehmenskultur), die den Beschäftigten „S<strong>in</strong>n“ ohne handfeste Gegenleistungen anbieten.<br />

... . Der Sachzwang Markt ist unmittelbar erfahrbar, gegen ihn kann man eben nicht<br />

rebellieren“ (ebd. 233, kursiv im Orig.). Diese „<strong>in</strong>nere Landnahme“ stellt sich als e<strong>in</strong>e Form von<br />

„erzwungener Autonomie“ dar, welche ehemals schützende Abgrenzungen e<strong>in</strong>reißt: „zwischen<br />

beruflichen <strong>und</strong> lebensweltlichen Interessen, Arbeitgeber- <strong>und</strong> Arbeitnehmer<strong>in</strong>teressen,<br />

Engagement <strong>und</strong> Distanzierung“ (ebd. 241).<br />

In dieser Logik heißt das neue Rationalisierungsparadigma radikale Subjektivierung<br />

(<strong>der</strong>s. 2001, (1) 146 ). Diese „neue“ Rationalisierungslogik, speziell bzgl. <strong>der</strong> Organisation von<br />

Arbeit <strong>und</strong> Arbeitskraftnutzung, entspricht aber weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Logik <strong>der</strong> Objektivierung (ebd.<br />

146 Die Seitenangabe <strong>in</strong> Parenthese bezieht sich auf das Manuskript, da die Veröffentlichung <strong>in</strong> Vorbereitung ist.<br />

186

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