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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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von Organisationskultur reagiert wird auf Organisationsentwicklungen, die oft als<br />

„postmo<strong>der</strong>n“ beschrieben werden, jedenfalls als Verlust von (o<strong>der</strong> Verzicht auf) zentralen<br />

Kontrollmöglichkeiten, Bevorzugung <strong>in</strong>formaler Kontakte, weiche E<strong>in</strong>stellungen <strong>und</strong><br />

Kategorisierungen, lose Kopplungen <strong>und</strong> Netzwerkbildungen, stärkere Abhängigkeit von<br />

<strong>Vertrauen</strong>, ... . Das mag im Vergleich zu klassischen Organisationskulturen beunruhigen; <strong>und</strong><br />

just <strong>in</strong> time ist jetzt <strong>der</strong> Begriff Organisationskultur zur Hand, <strong>der</strong> wie e<strong>in</strong> Fetisch dazu dienen<br />

kann, den Glauben an e<strong>in</strong>e trotzdem noch vorhandene Ordnung zu stärken“ (S.240).<br />

Die Frage nach <strong>der</strong> Organisationskultur wird also zu e<strong>in</strong>er Frage nach <strong>der</strong> Markierung<br />

<strong>der</strong> Differenz von entscheidbaren <strong>und</strong> unentscheidbaren Entscheidungsprämissen. „Damit wird<br />

gut verständlich, dass Organisationskulturen dort entstehen, wo Probleme auftauchen, die nicht<br />

durch Anweisung gelöst werden können“ (S. 241). Das heißt aber gerade auch, dass sie<br />

irgendwie bzw. wie von selbst entstehen. „Die sie erzeugenden Kommunikationen s<strong>in</strong>d eher<br />

dem Bereich des Klatsches <strong>und</strong> <strong>der</strong> Unterhaltung zuzurechnen“ (S.243). „Wohl alle<br />

Organisationskulturen überschätzen <strong>in</strong> diesem Zusammenhang den Beitrag von Personen <strong>und</strong><br />

e<strong>in</strong>zelner Handlungen. ... Geschichtlich stabilisierte Organisationskulturen schließen den<br />

Wandel nicht aus ..., aber Wandel kann nicht als Än<strong>der</strong>ung, nicht per Dekret e<strong>in</strong>geführt<br />

werden“ (S. 245).<br />

„Für Zwecke <strong>in</strong>terner Kommunikation bleibt die Organisationskultur unsichtbar, <strong>und</strong> es<br />

wäre unzweckmäßig, ja verdachterregend, wollte man sie formulieren. E<strong>in</strong> Management, das<br />

sich um „Organisationskultur“ bemüht, ..., würde Misstrauen erwecken – etwa dies: dass<br />

Organisationskultur <strong>der</strong> Selbstdarstellung des Führungspersonals dient o<strong>der</strong> dass sie e<strong>in</strong> Mittel<br />

<strong>der</strong> Erzeugung unbezahlter Motive ist“ (S. 246). Und ich möchte diese Passage beenden mit<br />

Luhmanns Anmerkung, dass e<strong>in</strong>e Organisationskultur nicht unmittelbar formuliert, wohl aber,<br />

„wenn die Zeit reif ist“ auf spektakuläre Weise verletzt werden kann (S. 247).<br />

Das Problem <strong>der</strong> „Kultur“ als Integrationsmechanismus <strong>der</strong> Organisation, um auf den<br />

Unternehmenskulturansatz wie<strong>der</strong> zurück zu kommen, ist bei aller Aktualität ke<strong>in</strong> son<strong>der</strong>lich<br />

neues Managementproblem. In den 20er/ 30er Jahren sprach man von Werkgeme<strong>in</strong>schaften<br />

o<strong>der</strong> Betriebsgeme<strong>in</strong>schaften, <strong>in</strong> den 50er Jahren wurde das Betriebsklima hochgehalten <strong>und</strong><br />

heute spricht man eben von Organisations- o<strong>der</strong> Unternehmenskultur (vgl. Deutschmann 1991, 29).<br />

Insgesamt läuft es immer auf dasselbe h<strong>in</strong>aus, die –kultur soll latent e<strong>in</strong> Portfolio von<br />

Semantiken <strong>und</strong> Codierungen, e<strong>in</strong>en Themenvorrat für Entscheidungen zur Verfügung stellen,<br />

<strong>der</strong> für <strong>in</strong>terne <strong>und</strong> externe Kommunikationszwecke aufbewahrt wird (vgl. Jansen 2000, 42); o<strong>der</strong><br />

wie es bei Re<strong>in</strong>mann-Rothmeier/ Mandl (1998, 211) heißt, ist Unternehmenskultur „die<br />

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