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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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Geme<strong>in</strong>sames explizit als Kultur o<strong>der</strong> als <strong>Vertrauen</strong> kommuniziert wird, ist damit gerade e<strong>in</strong><br />

Zeichen dafür, dass beides als solches nicht mehr unh<strong>in</strong>terfragt wirkt.<br />

Luhmann (2000) hat <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em letzten Buch Organisation <strong>und</strong> Entscheidung das Kultur-<br />

Konzept <strong>in</strong> Organisationen unter <strong>der</strong> Überschrift „Entscheidungsprämissen“ behandelt 138 . Se<strong>in</strong><br />

Ausgangspunkt ist die These, dass Unsicherheitsabsorption nicht nur dazu dient, Unsicherheit<br />

zu reduzieren, son<strong>der</strong>n den Aufbau sek<strong>und</strong>ärer Komplexität (S. 222) <strong>in</strong>nerhalb des Systems<br />

se<strong>in</strong>erseits zu ermöglichen. E<strong>in</strong>e systemeigene Organisationskultur muss also über e<strong>in</strong>e<br />

Orientierung verfügen, die ihr System von Systemen ihrer Umwelt unterscheidet. Diese<br />

Orientierung kann zunächst <strong>in</strong> Form e<strong>in</strong>er Regel gedacht werden, die für mehr als nur e<strong>in</strong>e<br />

Entscheidung festgelegt wird (S. 225). Regulative Bed<strong>in</strong>gungen für richtiges Entscheiden<br />

können dann als Entscheidungsprogramme (S. 225) beschrieben werden. Personen, welche<br />

<strong>in</strong>nerhalb von Organisationen aufgr<strong>und</strong> ihrer Eignung für bestimmte Aufgaben e<strong>in</strong>gesetzt<br />

werden, „werden, ähnlich wie Programme, als Entscheidungsprämissen für Entscheidungen<br />

gewählt“ (ebd.). Schwieriger wird es immer dann, wenn e<strong>in</strong>e Aufgabe nicht mehr im Detail<br />

programmiert werden kann. Damit steigen die Anfor<strong>der</strong>ungen an eben die Person desjenigen,<br />

<strong>der</strong> die Entscheidung vor Ort treffen muss. So verstandene Entscheidungsprämissen gehorchen<br />

also gerade ke<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>deutigen Rationalität mehr „nach Art e<strong>in</strong>es logischen o<strong>der</strong> doch auf<br />

Fehler h<strong>in</strong> kontrollierbaren Verfahrens durch „Anwendung“ von Regeln“ (S. 226).<br />

„Organisationen s<strong>in</strong>d historische Masch<strong>in</strong>en, nichttriviale Systeme, die sich laufend <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>en bestimmten konkreten Zustand versetzen, auf den sie sich beziehen müssen, wenn sie<br />

entscheiden wollen, wie es weitergehen soll“ (S. 230). Die Entscheidung darüber, wie es weiter<br />

gehen soll, kann Planung genannt werden, was nichts an<strong>der</strong>es bedeutet, als Entscheidungen<br />

über Entscheidungsprämissen zu fällen (ebd.). Diese Festlegung von Entscheidungsprämissen<br />

ist notwendig, weil nur so Tempo mit Komplexität komb<strong>in</strong>iert werden kann. „Simultanen<br />

Unterscheidungen/ Entscheidungen fehlt aber die Möglichkeit, e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> wechselseitig zu<br />

kontrollieren“ (S.237), so dass durch diese Festlegung <strong>der</strong> Prämissen e<strong>in</strong> mögliches<br />

Durche<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zum<strong>in</strong>dest gemäßigt werden kann.<br />

Die Frage ist nun, ob es neben den entscheidbaren auch unentscheidbare<br />

Entscheidungsprämissen gibt. Hierbei bezieht sich Luhmann auf Dario Rodriguez, <strong>der</strong><br />

vorgeschlagen hat, „den Begriff „Organisationskultur“ als Komplex <strong>der</strong> unentscheidbaren<br />

Entscheidungsprämissen zu def<strong>in</strong>ieren“ (S.241). Damit, so Luhmann weiter, nähern wir uns dem<br />

Modethema „Organisationskultur“: „Im Rückblick kann man erkennen, dass mit <strong>der</strong> Betonung<br />

138 Alle Verweise <strong>und</strong> Zitate <strong>in</strong>nerhalb dieses Absatzes beziehen sich auf Luhmann 2000, S. 222 ff..<br />

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