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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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Lösungen zur Schadensbegrenzung: Erhalt von <strong>Vertrauen</strong>skapital<br />

Es wäre ungenau davon zu reden, dass das <strong>Vertrauen</strong>skapital <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich gesunken ist. Es ist vielmehr so, dass <strong>Vertrauen</strong> noch nie so relevant war wie<br />

heute – e<strong>in</strong> <strong>Vertrauen</strong> als riskante personale Entscheidung über die <strong>Vertrauen</strong>swürdigkeit des<br />

Treuhän<strong>der</strong>s. Diese <strong>in</strong>dividuelle Entscheidung für <strong>Vertrauen</strong> stand lange Zeit nicht zur<br />

Disposition, da ausreichend „Vertrautheits-Organisationen“ vorhandenen waren, die diese<br />

Komplexität pauschal reduzierten. Da aber die alten Vertrautheiten ihre Legitimationen im<br />

Laufe <strong>der</strong> Zeit e<strong>in</strong>büßten, musste dieses soziale Vakuum irgendwie gefüllt werden. Insofern<br />

war noch nie <strong>der</strong> Bedarf an <strong>in</strong>dividuell generiertem <strong>Vertrauen</strong> so hoch, ohne dass hierzu<br />

h<strong>in</strong>reichend soziale Gr<strong>und</strong>lagen verfügbar s<strong>in</strong>d.<br />

Natürlich ist es e<strong>in</strong>e „selbstverschuldete Unmündigkeit“ wenn man sich mehr o<strong>der</strong><br />

weniger bl<strong>in</strong>d auf <strong>Vertrauen</strong>s<strong>in</strong>termediäre (Coleman 1991) verlässt. Expertensysteme wie<br />

Stiftung Warentest, ADAC, TQM, ISO, Unternehmensberatungen <strong>und</strong> viele mehr reduzieren<br />

die eigene Unfähigkeit, Risiken vollständig abschätzen zu können. Dann hieße Mündigkeit<br />

letztlich aber, dass je<strong>der</strong> selbst <strong>in</strong> allem zum Experten werden muss <strong>und</strong> ke<strong>in</strong>em mehr trauen<br />

darf, denn pr<strong>in</strong>zipiell ist ja je<strong>der</strong> dazu <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage. Man kann aber nicht an allen Fronten als<br />

E<strong>in</strong>zelkämpfer zugleich kämpfen. Im Gegenteil, es ist die persönliche Unzulänglichkeit <strong>und</strong><br />

das gleichzeitige Wissen darüber, das e<strong>in</strong> soziales Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zur Voraussetzung von<br />

Kooperation werden lässt. Wir können gar nicht an<strong>der</strong>s, als über gegenseitige Selbstb<strong>in</strong>dung<br />

<strong>und</strong> das Hervorheben <strong>der</strong> eigenen <strong>Vertrauen</strong>swürdigkeit Kooperationen e<strong>in</strong>zugehen. Denn wie<br />

das „re<strong>in</strong>e“ Gefangenendilemma es zeigte, war <strong>Vertrauen</strong> <strong>und</strong> Kooperation unter re<strong>in</strong><br />

rationalen Bed<strong>in</strong>gungen irrational. Es wurde dann „rational“, als soziale Perspektiven mit<br />

h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> flossen: dazu gehörten die Aspekte <strong>der</strong> Zeitperspektive <strong>und</strong> die Unterstellung, dass man<br />

den an<strong>der</strong>en für kooperativ hält.<br />

Der Schwerpunkt von <strong>Vertrauen</strong> als Konzept e<strong>in</strong>er Organisationsgestaltung sollte<br />

weniger <strong>in</strong> <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> Generierung von <strong>Vertrauen</strong> liegen, son<strong>der</strong>n vielmehr <strong>in</strong> <strong>der</strong> Sicherung<br />

<strong>der</strong> Vorkehrungen, die zum Erhalt von vorhandenem <strong>Vertrauen</strong>skapital, gerade auch <strong>in</strong><br />

Prozessen organisationalen Wandels beitragen (vgl. Beckert et al. 1998, 63). So wie sich <strong>Vertrauen</strong><br />

nicht vollständig auf Rationalität reduzieren lässt, so kann man das <strong>in</strong>dividuelle Engagement<br />

für die Aufgaben <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Firma auch nicht auf den re<strong>in</strong>en Lohnnexus reduzieren. Soziale<br />

Sicherheit, Status <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e längerfristige Lebensperspektive s<strong>in</strong>d gleichsam die<br />

Voraussetzungen, um sich über die Konzentration auf das eigene Überleben kreativ <strong>und</strong><br />

<strong>in</strong>novativ für die Firma zu engagieren. Heid (2000, 4) def<strong>in</strong>iert <strong>in</strong> diesem Zusammenhang drei<br />

„elementare Bedürfnisse“, welchen die Unternehmensleitung als Identifikationsangebot für den<br />

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