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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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eherrschbar werden. Das Dilemma <strong>der</strong> Führungsspitze e<strong>in</strong>es Unternehmens besteht nun dar<strong>in</strong>,<br />

das Expertenwissen se<strong>in</strong>er vielen Untergebenen zu nutzen, ohne es zuzulassen, dass die<br />

Organisation als Ganzes dabei <strong>in</strong> Unordnung gerät. Der e<strong>in</strong>fache Fakt ist nur, dass selbst <strong>der</strong><br />

autokratischste Chef erkennen muss, dass er vom speziellen Wissen se<strong>in</strong>er Angestellten<br />

abhängig ist, auch wenn dies noch so ger<strong>in</strong>g ist. Die Expertise e<strong>in</strong>es Spezialisten wird, je<br />

„unersetzbarer“ sie ist, zu e<strong>in</strong>er Machtressource <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Firma. Je weniger austauschbar<br />

dann die Personen auf den Positionen s<strong>in</strong>d, desto eher wird die Organisation von den<br />

Persönlichkeiten <strong>und</strong> nicht mehr vom Personal abhängig se<strong>in</strong>.<br />

Damit hängt es wohl zusammen, dass noch nie zuvor so oft von Individuen <strong>und</strong><br />

Subjekten <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Organisation gesprochen wurde. Demgegenüber sehen sich jedoch<br />

gerade diese Arbeitnehmer tatsächlich <strong>in</strong> die Rolle von Objekten e<strong>in</strong>er wenig kreativen<br />

E<strong>in</strong>sparungswelle gedrängt. „Die Ankündigung <strong>der</strong> Reorganisation als E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e neue<br />

partizipative betriebliche Sozialorganisation erweist sich als Bumerang. Die Angestellten<br />

entlarven das Versprechen als leere Floskel, die nun unter dem Vorwurf <strong>der</strong><br />

Glaubwürdigkeitslücke auf das Management zurückfällt“ (Kotthoff 1995, 17).<br />

Da ist die Aussage, dass je<strong>der</strong> Mensch für sich selbst das Verhältnis zwischen<br />

ökonomischen <strong>und</strong> pädagogischen Zweckbestimmungen auszubalancieren hat (vgl. Heid 2000, 7)<br />

doch wesentlich ehrlicher. Und wenn offen kommuniziert wird, dass <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelne für sich<br />

selbst entscheiden soll, wie weit er zugunsten ökonomischer, dem Gel<strong>der</strong>werb gewidmeter<br />

Interessen auf die dafür nicht mehr ergiebige Erweiterung <strong>und</strong> Vertiefung se<strong>in</strong>er<br />

Persönlichkeitsentwicklung verzichtet o<strong>der</strong> wie weit er im Interesse an umfassen<strong>der</strong><br />

Persönlichkeitserweiterung zu Abstrichen an se<strong>in</strong>er Erwerbskarriere bereit ist – dann ist es<br />

doch legitim, diese Alternativen offen zulegen.<br />

Wirklich weiter kommt man mit dieser Offenheit allerd<strong>in</strong>gs auch nicht, im Gegenteil<br />

wir stehen wie<strong>der</strong> an dem Punkt, dass niemand mehr bereit ist, e<strong>in</strong>en Spielraum zu def<strong>in</strong>ieren.<br />

Niemand ist bereit, die riskante Entscheidung zu treffen, sich auf e<strong>in</strong>en Angestellten als<br />

Treuhän<strong>der</strong> e<strong>in</strong>zulassen. Auch Unternehmensberater helfen <strong>in</strong> dieser Situation nicht weiter,<br />

auch wenn man ihnen gern die Rolle <strong>der</strong> Orientierungs- <strong>und</strong> Legitimations<strong>in</strong>stanz zuschreiben<br />

möchte 131 .<br />

130 so besitzt auch <strong>der</strong> Markt e<strong>in</strong>e verb<strong>in</strong>dliche Kultur: die Kultur <strong>der</strong> unverb<strong>in</strong>dlichen Kurzfristigkeit.<br />

131 Nach Faust hatten 81 % <strong>der</strong> 111 befragten Unternehmen 1998 e<strong>in</strong>e Unternehmensberatung genossen. Daraus<br />

ergab sich für ihn weniger die Frage, warum es so viele waren, son<strong>der</strong>n eher, warum es sich die restlichen 19%<br />

leisten konnten, ke<strong>in</strong>en Berater zu brauchen (<strong>der</strong>s. 1998, 161).<br />

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