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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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wirtschaftlichen Struktur <strong>und</strong> <strong>der</strong> mit ihr verknüpften sozialen Verhältnisse, die <strong>der</strong><br />

Unternehmer betreibt, schlägt am Ende auf ihn selbst zurück <strong>und</strong> erzeugt e<strong>in</strong>en Zustand<br />

allgeme<strong>in</strong>er Unsicherheit, <strong>in</strong> dem alles <strong>und</strong> nichts zugleich möglich ist“ (Deutschmann 1999, 162).<br />

Die Radikalisierung <strong>der</strong> Kritik am Alten, die Dramatisierung des Neuen,<br />

Übertreibungen, Fehldosierungen <strong>und</strong> Orientierungsprobleme des Managements durch die<br />

Beschleunigung <strong>der</strong> Abfolge <strong>der</strong> Konzepte führt dazu, dass noch nie „e<strong>in</strong>e<br />

Zivilisationsgenossenschaft ihre Lebensbed<strong>in</strong>gungen weniger verstanden (hat), als die unsere“<br />

(Lübbe 1991, 43). Noch nie war das gleichzeitig verfügbare Wissen so umfangreich, noch nie war<br />

man so abhängig von den unterschiedlichen subjektiven Verarbeitungskapazitäten <strong>der</strong> Akteure,<br />

<strong>und</strong> noch nie war es gerade unter diesen Bed<strong>in</strong>gungen so abwegig, von <strong>Vertrauen</strong> zu sprechen.<br />

Mit <strong>der</strong> dezentralen Verwissenschaftlichung <strong>und</strong> Technisierung <strong>der</strong> alltäglichen Lebenswelten<br />

gew<strong>in</strong>nen die e<strong>in</strong>zelnen Bereiche <strong>in</strong> wachsendem Maße Black-Box-Eigenschaften. Wir<br />

schaffen überall die Abhängigkeiten ab <strong>und</strong> w<strong>und</strong>ern uns, dass zugleich auch das <strong>Vertrauen</strong> mit<br />

abgeschafft wurde. <strong>Vertrauen</strong> stellt als soziales Kapital, ähnlich wie Normen <strong>und</strong> Netzwerke,<br />

e<strong>in</strong> kollektives Gut dar. Damit steht es im Gegensatz zum ökonomischen Kapital, das sich<br />

üblicherweise <strong>in</strong> Privatbesitz bef<strong>in</strong>det. Wenn es nichts Verb<strong>in</strong>dendes mehr zwischen den<br />

Akteuren gibt, so führt diese Entwicklung zu e<strong>in</strong>em Fatalismus, dem man nur noch Zuversicht<br />

entgegenbr<strong>in</strong>gen kann, weil es nichts mehr zu bereuen <strong>und</strong> nichts mehr zu entscheiden gibt.<br />

Der Vorwurf, <strong>der</strong> gern von Unternehmerseite getätigt wird, ist <strong>der</strong>, dass an die Stelle<br />

von Leistungsstreben <strong>und</strong> dem Bewusstse<strong>in</strong> von Eigenverantwortung bei vielen<br />

Anspruchsdenken <strong>und</strong> Bequemlichkeit getreten s<strong>in</strong>d (vgl. Walter 1999, 111). Die Frage ist, ob es<br />

wirklich so e<strong>in</strong>fach ist, das Bedürfnis nach sozialer Sicherheit, Status <strong>und</strong> Langfristigkeit als<br />

Bequemlichkeit zu def<strong>in</strong>ieren? Die geteilte Verantwortung zwischen L<strong>in</strong>ienfunktionen,<br />

<strong>in</strong>direkten Bereichen <strong>und</strong> Stäben hatte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit entlastende Wirkung, auch wenn<br />

sie zumeist eher als Beschränkung <strong>der</strong> Handlungs- <strong>und</strong> Entscheidungsmöglichkeiten <strong>der</strong><br />

L<strong>in</strong>ienmanager thematisiert wurde. Der gegenwärtig erkennbare Zug zum „Generalisten“ <strong>und</strong><br />

„Intrapreneur“ führt nun vor Augen, dass ungeteilte Verantwortung eben auch als Belastung<br />

wirken kann. Gerade <strong>in</strong> den Bereichen <strong>der</strong> Kernbelegschaften, <strong>der</strong> Facharbeiter, <strong>der</strong><br />

(hoch)qualifizierten Angestellten, manifestiert sich <strong>in</strong> diesem Zusammenhang e<strong>in</strong>e<br />

tiefgreifende <strong>Vertrauen</strong>skrise. „Wegen <strong>der</strong> weitgehenden Destruktion <strong>der</strong> <strong>in</strong>ternen<br />

betrieblichen Sozial<strong>in</strong>tegration hat <strong>der</strong> Betrieb nicht mehr, son<strong>der</strong>n weniger corporate identity<br />

als <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit“ (Kotthoff 1995, 20). Dies muss noch ke<strong>in</strong>e f<strong>in</strong>ale Krise des<br />

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