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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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Lebensentwürfe? O<strong>der</strong> muss man die unternehmerischen Partizipationsofferten nicht eher als<br />

subtile Herrschaftsmittel bezeichnen, welche als bloße Instrumente die E<strong>in</strong>sozialisierung<br />

unternehmensspezifischer Spielregeln gewährleisten sollen, im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>neren<br />

Programmierung <strong>und</strong> im Gegensatz zu wirklicher Mitbestimmung (vgl. Dörre 1996, 7)?<br />

Vielleicht hilft e<strong>in</strong>e aktuelle Def<strong>in</strong>ition von Mündigkeit <strong>und</strong> Tüchtigkeit weiter (vgl. Heid<br />

2000, 10f). Tüchtigkeit könnte verstanden werden als die Eignung, die jeweilige Aufgabe zu<br />

erfüllen; <strong>und</strong> mündig wäre man dabei, wenn dies unter kompetenter <strong>und</strong> verantwortlicher<br />

Selbstbestimmung geschieht. Betriebliche Arbeit kann dann so organisiert werden, dass die<br />

Beschäftigten lernen, wissen, wollen <strong>und</strong> tun, was jeweils von ihnen verlangt wird, ohne nach<br />

<strong>der</strong> Qualität des Arbeitszwecks o<strong>der</strong> Arbeitsvollzugs zu fragen. O<strong>der</strong> die Beschäftigten können<br />

die Gelegenheit erhalten zu lernen, die jeweilige Arbeitsaufgabe nicht nur kompetent zu<br />

beurteilen, son<strong>der</strong>n sich an <strong>der</strong> Def<strong>in</strong>ition dieser Arbeitsaufgabe verantwortlich zu beteiligen<br />

<strong>und</strong> dabei Kompetenzen e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> zu entwickeln. Und dann lautet die Frage, ob diese<br />

Potentialität überhaupt umsetzbar war <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Strukturen <strong>der</strong> traditionellen<br />

<strong>in</strong>dustriegesellschaftlichen Mo<strong>der</strong>ne o<strong>der</strong> erst im Prozess ihrer postmo<strong>der</strong>n reflexiven<br />

Überw<strong>in</strong>dung (vgl. Markert 1998, 64).<br />

War also doch Unmündigkeit <strong>der</strong> Preis für e<strong>in</strong> Leben <strong>in</strong> Vertrautheit? Damit stehen wir<br />

wie<strong>der</strong> am Anfang dieses Abschnitts, als Vertrautheit zur Bed<strong>in</strong>gung <strong>der</strong> Möglichkeit für<br />

autonome Subjektivität def<strong>in</strong>iert wurde, <strong>in</strong>dem sie den darw<strong>in</strong>istischen Anpassungsdruck<br />

entschärfte <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en Spielraum für Subjektivierungschancen bot.<br />

Plurale Tätigkeitsgesellschaft<br />

„Wir haben <strong>in</strong> unserer Fixierung auf Erwerbsarbeit nicht bemerkt, dass wir längst <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er pluralen Tätigkeitsgesellschaft leben“ (Beck 2000, 11).<br />

Die Tätigkeiten mögen zwar vielfältiger geworden se<strong>in</strong>, es bleibt aber <strong>der</strong>zeit dabei,<br />

dass <strong>der</strong> S<strong>in</strong>n von Erwerbsarbeit die Anerkennung <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Gesellschaft war <strong>und</strong> ist. Die<br />

persönliche Identitätsf<strong>in</strong>dung beruht primär auf Arbeit, ebenso wie das materielle<br />

Existenzmonopol. Auch wenn Identitätsstiftung immer auch jenseits davon stattf<strong>in</strong>den kann,<br />

bspw. über Freizeit <strong>und</strong> Konsum (vgl. Wimmer 1999 u. Hengsbach 1999,126). Da nun aber die<br />

Individualisierung e<strong>in</strong>e Erosion traditioneller sozialer Netze mit sich br<strong>in</strong>gt, steigt gerade<br />

deshalb die Bedeutung <strong>der</strong> Erwerbsarbeit nicht nur im S<strong>in</strong>ne ökonomischer, son<strong>der</strong>n auch<br />

wie<strong>der</strong>um im S<strong>in</strong>ne sozialer Teilhabe an <strong>der</strong> Gesellschaft. Wobei es unschärfer geworden ist,<br />

was alles von <strong>der</strong> Gesellschaft noch umfasst wird. Es könnte sich e<strong>in</strong>e Situation entwickeln, <strong>in</strong><br />

<strong>der</strong> Persönlichkeitsbildung durch Arbeit nur noch bei jenen sozialen Schichten möglich ist,<br />

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