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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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Interesse, nämlich die Jugend an die herrschenden Werte <strong>und</strong> Normen des wilhelm<strong>in</strong>ischen<br />

Obrigkeitsstaates zu b<strong>in</strong>den <strong>und</strong> ergebene Staatsbürger auszubilden. Die Reziprozität lag dann<br />

dar<strong>in</strong>, dass die Gesellschaft den Berufsstatus verleiht <strong>und</strong> dafür gewährleistet, dass <strong>der</strong><br />

ordentliche Arbeiter, Facharbeiter, Meister mit dem ihm vermittelten Können für die Betriebe<br />

etwas leistet, ohne dass die Unternehmen letztlich die Def<strong>in</strong>itionsmacht darüber haben, was er<br />

wie können muss, <strong>und</strong> vor allem wie er sich <strong>in</strong>dividuell verhalten soll.<br />

Unbestritten <strong>in</strong> <strong>der</strong> gegenwärtigen Diskussionslage ist allerd<strong>in</strong>gs genau dieser Verlust<br />

e<strong>in</strong>er umfassenden Integration <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Gesellschaft durch Berufsarbeit, wie es <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

klassischen Industriegesellschaft noch möglich war. Vor allen D<strong>in</strong>gen macht es immer weniger<br />

S<strong>in</strong>n von nationalen Gesellschaften zu sprechen, so als ob diese noch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage wären, sich<br />

<strong>in</strong> wichtigen Überlebensfragen den globalen Zusammenhängen zu entziehen. Das traditionelle<br />

Berufskonzept ist unter den Bed<strong>in</strong>gungen weltumspannen<strong>der</strong> Interdependenz <strong>und</strong><br />

Abhängigkeit nicht mehr denkbar (vgl. u.a. Brunner 1997, 12f u. Wimmer 1999, 29f). Das Ende <strong>der</strong><br />

Industriegesellschaft ist damit aber ke<strong>in</strong>esfalls gleichzusetzen mit dem Ende <strong>der</strong><br />

Arbeitsgesellschaft. Re<strong>in</strong>e Arbeit ist nur das, was übrig bleibt, wenn <strong>der</strong> Beruf wegfällt.<br />

Re<strong>in</strong>e Arbeit besteht dann aus den fachlichen Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>und</strong> dem, was <strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>zelne für sich daraus macht. Und so folgert Arnold weiter, dass die gegenwärtige<br />

Fokussierung auf die re<strong>in</strong>e Tätigkeit nicht e<strong>in</strong> „Ende“, son<strong>der</strong>n die „Rückkehr des<br />

Facharbeiters“ bedeutet. Dies be<strong>in</strong>haltet e<strong>in</strong>e Wie<strong>der</strong>erstarkung arbeits<strong>in</strong>haltlicher<br />

Handlungskompetenz, welche die Qualifikationsmuster im Kontext <strong>der</strong> neuen<br />

Produktionskonzepte prägen (vgl. <strong>der</strong>s. 1998, 229).<br />

Es ist unbenommen, dass sich „Spezial“-Kompetenzen möglicherweise <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong><br />

Notwendigkeit funktionaler Aufgaben ausprägen <strong>und</strong> handlungsrelevant werden. Auch für<br />

Dehnbostel stellen die dezentralisierten Entscheidungs- <strong>und</strong> Dispositionsfunktionen e<strong>in</strong>e<br />

notwendige Bed<strong>in</strong>gung zur Durchsetzung eigenverantwortlichen Handelns dar (vgl. 1998, 190).<br />

Die Folgerungen, welche er daraus zieht, dass erhöhte Selbständigkeit <strong>und</strong> Selbstorganisation<br />

die sozialen B<strong>in</strong>dungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Arbeitswelt wachsen lassen <strong>und</strong> berufliche (!) Handlungskompetenz<br />

<strong>in</strong> wesentlichen Teilen <strong>in</strong> <strong>der</strong> realen Arbeitswelt erworben werden, weisen m.E.<br />

gerade ke<strong>in</strong>e zw<strong>in</strong>gende <strong>in</strong>nere Logik auf.<br />

Wenn neue Kompetenzen ihre S<strong>in</strong>nhaftigkeit nur für das Interagieren <strong>in</strong>nerhalb des<br />

utilitaristisch-kalkulativen Organisationskontextes besitzen, haben sie dann zugleich auch<br />

e<strong>in</strong>en Eigens<strong>in</strong>n für normative Subjektivitätsansprüche <strong>und</strong> alltägliche <strong>und</strong> kulturelle<br />

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