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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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von Konzepten, Strategien <strong>und</strong> Techniken des Managements führte 112 (vgl. Faust 1998, 154).<br />

Ebenso s<strong>in</strong>d die F<strong>in</strong>anzakteure weltweit <strong>in</strong> Echtzeit mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> verb<strong>und</strong>en, <strong>und</strong> das Kapital<br />

mit se<strong>in</strong>er Mobilität hat nun se<strong>in</strong>erseits e<strong>in</strong>en Kontrollapparat geschaffen, <strong>der</strong> auf die<br />

Kommastelle genau den Alltag <strong>der</strong> Unternehmen bzgl. ihrer Rentabilität bestimmt.<br />

Die Frage lautet nun, ob <strong>der</strong> Markt se<strong>in</strong>e Aktionen „schon irgendwie richten“ wird o<strong>der</strong><br />

ob wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>mal die alte Gleichung <strong>der</strong> Nullsumme zu gelten sche<strong>in</strong>t, dass die Entfesselung<br />

<strong>der</strong> Marktkräfte auf Kosten des Sozialstaats gehen. Als Dichotomie stünde die<br />

unternehmerische Informationsgesellschaft gegen e<strong>in</strong>e arbeitnehmerzentrierte<br />

Industriegesellschaft, es stünde <strong>der</strong> Mensch, <strong>der</strong> als Unternehmer se<strong>in</strong>e Arbeitskraft<br />

vermarktet, gegen das kollektive Leitbild von Erwerbstätigkeit <strong>und</strong> Dase<strong>in</strong>svorsorge (vgl.<br />

Bergmann 1998, 319).<br />

Die neoliberalen Argumente gegen mo<strong>der</strong>ne Industrienationen, beson<strong>der</strong>s Deutschland,<br />

lauten immer gleich: Da die Arbeit zu teuer <strong>und</strong> die Lohnnebenkosten zu hoch s<strong>in</strong>d, müssten<br />

Produktion <strong>und</strong> Kapitalströme zwangsweise umgeleitet werden, um wettbewerbsfähige<br />

Rahmenbed<strong>in</strong>gungen erlangen zu können. 113 Im e<strong>in</strong>zelnen geht es um die zu hohen Löhne für<br />

e<strong>in</strong>fache Dienstleitungen (soziale Dienste, Hotel, Gastronomie <strong>und</strong> E<strong>in</strong>zelhandel), die aus<br />

sozio-kulturellen Gründen überhöht <strong>und</strong> nicht produktivitätsorientiert s<strong>in</strong>d; zu hoch s<strong>in</strong>d auch<br />

die Arbeitslosen- <strong>und</strong> Sozialhilfesätze; <strong>der</strong> Missbrauch von sozialen Leistungen <strong>und</strong><br />

Schwarzarbeit ist zu weit verbreitet; <strong>und</strong> ganz allgeme<strong>in</strong> ist die Nachfrage nach „e<strong>in</strong>fachen<br />

Diensten“ <strong>in</strong> Deutschland noch völlig unbefriedigend. Der e<strong>in</strong>zig verlässliche <strong>und</strong> wirksame<br />

Ausweg aus <strong>der</strong> Beschäftigungskrise wäre e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>kommen weit unterhalb des kulturellen<br />

Existenzm<strong>in</strong>imums (vgl. aus Teil III des Berichts <strong>der</strong> bayerisch-sächsischen Zukunftskommission n.<br />

Bergmann 1998, 323ff). Als bestechen<strong>der</strong> Beweis dafür, dass es genau so funktioniert, wird dann<br />

die USA angeführt, die es geschafft hat, ihre Arbeitslosenquote von knapp 10 % <strong>in</strong> den 80er<br />

Jahren auf ca. 5 % Ende <strong>der</strong> 90er Jahre zu drücken (vgl. Glott et al. 1998, 16). Das Argument ist,<br />

dass sich die Arbeitsmärkte umso besser an die Globalisierung anpassen, je weniger<br />

regulatorische Schranken auf diesen Märkten bestehen. Dies führt <strong>in</strong> den USA zu e<strong>in</strong>er<br />

stärkeren Betonung <strong>der</strong> Privatautonomie, was auch e<strong>in</strong>er kulturell determ<strong>in</strong>ierten Orientierung<br />

am Individuum entspricht, verb<strong>und</strong>en mit <strong>der</strong> starken Zurückhaltung des Staates. Die<br />

Arbeitsbeziehungen <strong>und</strong> –bed<strong>in</strong>gungen werden zumeist <strong>in</strong>dividuell ausgehandelt, wobei<br />

112 So sprach man 1996 u.a. von <strong>der</strong> McK<strong>in</strong>sey-Gesellschaft.<br />

113 Nach Herbert Ehrenberg (<strong>in</strong> Galuske 1999, 74) stieg im Zeitraum von 1992 bis 1997 das Nettoe<strong>in</strong>kommen aus<br />

Unternehmertätigkeit <strong>und</strong> Vermögen um 46,8 %, während das <strong>der</strong> Arbeitnehmer um real 3,1 % anstieg. Es bedarf<br />

schon e<strong>in</strong>er beson<strong>der</strong>en Perspektive um nachzuvollziehen, wie e<strong>in</strong>erseits die Aktienkurse explodieren, aber es<br />

an<strong>der</strong>erseits dem Standort Deutschland so schlecht geht, weil se<strong>in</strong>e Arbeitnehmer so unersättlich s<strong>in</strong>d.<br />

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