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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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Im Zeichen e<strong>in</strong>er um sich greifenden Dezentralisierungseuphorie wird jegliche Form<br />

von Formalität zum Schimpfwort <strong>und</strong> automatisch auf die selbe Stufe mit Bürokratisierung<br />

gestellt. Hierzu schreibt Zech: „Formale Strukturen schaffen jedoch Sicherheit bezüglich<br />

erwartbaren Verhaltens; sie reduzieren also die doppelte Kont<strong>in</strong>genz <strong>in</strong> <strong>der</strong> Interaktion <strong>und</strong><br />

schaffen Handlungssicherheit bezogen auf sich selbst wie bezogen auf das, was man von den<br />

an<strong>der</strong>en legitimerweise erwarten darf. Die Ablehnung von Formalität erhöht automatisch den<br />

Kommunikationsbedarf, weil die reduzierte Verhaltenssicherheit durch <strong>in</strong>formellen Mehraufwand<br />

kompensiert werden muss. ... (Dies) führt auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite aber auch zu<br />

Intransparenz <strong>und</strong> Unplanbarkeit, zu Unverb<strong>in</strong>dlichkeit <strong>und</strong> Une<strong>in</strong>deutigkeit.“ (1999/ III, 183f.).<br />

Und dies wird immer dann <strong>der</strong> Fall se<strong>in</strong>, wenn Informalität die formellen Strukturen <strong>der</strong><br />

Konfliktlösung kompensieren muss.<br />

Das soll nicht heißen, dass die Akteure dazu nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage wären! Es war nur bisher<br />

nicht sozial tra<strong>in</strong>iert. Und die Frage ist, was passiert, wenn man <strong>der</strong>artige Prozesse per<br />

Akklamation e<strong>in</strong>führt?<br />

Mittelbare soziale Folgen – o<strong>der</strong> wenn Konkurrenz auf Dauer gestellt wird<br />

„Die Zunahme marktlicher, wettbewerblicher Steuerungsformen für<br />

organisations<strong>in</strong>terne Koord<strong>in</strong>ation beför<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>e Ökonomisierung <strong>in</strong>nerorganisationaler<br />

Beziehungen, bei <strong>der</strong> sich im Extremfall je<strong>der</strong> Mitarbeiter als Profit-Center versteht <strong>und</strong><br />

entsprechend handelt“ (Beckert et al. 1998, 61f, kursiv im Orig.). In Konsequenz leistet dies e<strong>in</strong>em<br />

Verhalten Vorschub, bei dem die Mitarbeiter nur ihren eigenen Erfolg sehen <strong>und</strong> letztlich sogar<br />

bestehende <strong>Vertrauen</strong>s-verhältnisse gezielt ausbeuten. Totales unternehmerisches Verhalten<br />

e<strong>in</strong>zufor<strong>der</strong>n heißt dann auch, die Ausbeutung <strong>der</strong> eigenen Organisation mit zu för<strong>der</strong>n.<br />

Die Dezentralisierung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelne, f<strong>in</strong>anziell autonome Unternehmense<strong>in</strong>heiten, ihre<br />

Orientierung am jeweils eigenen Geschäftserfolg <strong>und</strong> die auf Dauer gestellten Konkurrenzmechanismen<br />

mit an<strong>der</strong>en Subsystemen, stehen e<strong>in</strong>em Zusammenhalt des Unternehmens als<br />

Netzwerk, bzw. e<strong>in</strong>er Koord<strong>in</strong>ierbarkeit als Ganzes diametral entgegen. E<strong>in</strong> <strong>der</strong>artiger<br />

„struktureller Egoismus“ (Hirsch-Kre<strong>in</strong>sen 1995) führt zur Eigenbrötelei <strong>und</strong> macht aus dem<br />

Ganzen weniger als die Summe se<strong>in</strong>er Teile. Die Folge ist e<strong>in</strong> sozialdarw<strong>in</strong>istisches Klima, das<br />

die kontraproduktive Wirkung hat, <strong>der</strong> auf immer komplexere Kooperationsbeziehungen<br />

angewiesenen <strong>in</strong>novativen Aktivitäten alles an<strong>der</strong>e als för<strong>der</strong>lich zu se<strong>in</strong>. Die Handlungshorizonte<br />

werden verkürzt <strong>und</strong> lösen das Innovationsdilemma zu(un)gunsten kurzfristiger<br />

Gew<strong>in</strong>n<strong>in</strong>teressen auf <strong>und</strong> unterm<strong>in</strong>ieren unentbehrliche Synergien (vgl. Deutschmann 1999, 171f).<br />

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