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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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Handlungsketten möglich wird. „<strong>Vertrauen</strong> ist e<strong>in</strong> Mechanismus, <strong>der</strong> – im Gegensatz zu Macht<br />

etwa – von Luhmann nirgendwo explizit als e<strong>in</strong> Steuerungsmedium sozialer Systeme diskutiert<br />

wird. Implizit wird aber genau diese Annahme gemacht“ (Bachmann 1997, 258).<br />

Zur Verdeutlichung e<strong>in</strong> Beispiel aus <strong>der</strong> Transplantationsmediz<strong>in</strong> (Schmidt 1999, 74f):<br />

Dort vertrauen Ärzte auf die These, dass für jedes verfügbar werdende Organ am Ende nur e<strong>in</strong><br />

optimal passen<strong>der</strong> Patient übrig bleibt. Wor<strong>in</strong> liegt hierbei die Reduktion? Wenn die These<br />

richtig ist, dann würde ke<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en etwas vorenthalten werden, an dem dieser<br />

vernünftigerweise <strong>in</strong>teressiert se<strong>in</strong> könnte. Es gibt ke<strong>in</strong>e Frage nach dem Warum <strong>der</strong> Zuteilung,<br />

da ja das spezielle Suchverfahren den schon im Voraus e<strong>in</strong>zig Richtigen f<strong>in</strong>den wird. Die<br />

moralisch unlösbare Frage: „wer soll leben, wenn nicht alle leben können“, stellt sich nicht<br />

mehr, da es nur noch auf die geeignete Technologie ankommt. Das <strong>Vertrauen</strong> auf diesen<br />

Mythos, auf diese „barmherzige Lüge“ (ebd. 76) stellt für die Ärzte e<strong>in</strong>e enorme Entlastung –<br />

e<strong>in</strong>e enorme Reduktion von Komplexität dar. Am Ende glauben selbst die Erf<strong>in</strong><strong>der</strong> des<br />

Mythos‘ an dessen Wahrheit.<br />

In e<strong>in</strong>em weiteren Schritt möchte ich nun diesen Mechanismus als e<strong>in</strong>e Ressource<br />

sozialen Kapitals def<strong>in</strong>ieren. Die Frage lautet dann: was s<strong>in</strong>d die Voraussetzung <strong>der</strong> sozialen<br />

E<strong>in</strong>bettung von <strong>Vertrauen</strong>? Wobei soziale E<strong>in</strong>bettung hierbei nicht gleichgesetzt werden soll<br />

mit e<strong>in</strong>em Rückzug <strong>in</strong> vertraute Welten o<strong>der</strong> auch Traditionen. 3 <strong>Vertrauen</strong> kommt <strong>in</strong> dieser<br />

Betrachtung <strong>der</strong> Stellenwert e<strong>in</strong>es gr<strong>und</strong>legenden <strong>und</strong> elementaren Aspekts sozialen Handelns<br />

<strong>und</strong> sozialer Beziehungen zu, ähnlich wie soziale Normen, soziale Rollen o<strong>der</strong> soziale<br />

Herrschaft (vgl. auch F<strong>und</strong>er 1999, 78). Das Problem, wie die Akteure mit Ungewissheit im<br />

täglichen Leben umgehen, steht am Ausgangspunkt; <strong>und</strong> <strong>Vertrauen</strong> soll als Mechanismus<br />

begriffen werden, <strong>der</strong> soziale Interaktion ermöglicht 4 . Def<strong>in</strong>ieren werde ich den Begriff mit<br />

Hilfe e<strong>in</strong>er vergleichende Betrachtung von Bourdieu (1983) <strong>und</strong> Coleman (1991) 5 .<br />

<strong>Vertrauen</strong> als Ressource im S<strong>in</strong>ne sozialen Kapitals<br />

E<strong>in</strong>e wohl naheliegende Assoziation zum Begriff des Kapitals ist die des Geldes als das<br />

Kapital schlechth<strong>in</strong>. Br<strong>in</strong>gt man <strong>Vertrauen</strong> mit dieser Term<strong>in</strong>ologie des Kapitals zusammen,<br />

3 Hierzu ausführlicher Kap. 3<br />

4 <strong>Vertrauen</strong> ist damit nicht ausschließlich das Ergebnis rationalen Abwägens, wobei nicht ausgeschlossen wird,<br />

dass e<strong>in</strong> Akteur auch explizit das Risiko bedenkt, dass se<strong>in</strong> <strong>Vertrauen</strong> missbraucht werden könnte (Bachmann<br />

1997, 261)<br />

5 Zitationen <strong>und</strong> Verweise, welche sich <strong>in</strong> diesem Abschnitt auf e<strong>in</strong>en <strong>der</strong> beiden Texte beziehen, werden nur mit<br />

den Anfangsbuchstaben <strong>der</strong> Autoren <strong>und</strong> <strong>der</strong> Seitenzahl versehen.<br />

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