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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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Kapitel 4.1<br />

Der Weg <strong>in</strong>s Kontrolldilemma<br />

Sozialer Wandel ist we<strong>der</strong> <strong>der</strong> majestätische Ablauf <strong>der</strong><br />

Geschichte, <strong>der</strong>en Gesetze e<strong>in</strong>fach nur aufzudecken <strong>und</strong> zu<br />

befolgen wären, noch die Ausarbeitung <strong>und</strong> Umsetzung<br />

e<strong>in</strong>es „rationaleren“ Modells sozialer Ordnung.<br />

Günter Ortmann 1992, 249<br />

Das Kontrolldilemma, welches im folgenden Abschnitt <strong>in</strong> drei Phasen beschrieben<br />

wird, ergibt sich aus <strong>der</strong> Logik, dass durch Kontrolle nur Kontrollierbares kontrolliert werden<br />

kann, nicht aber Unkontrollierbares. Folgt man den Def<strong>in</strong>itionen im Lexikon, so kann man<br />

e<strong>in</strong>en Arbeitsablauf unter Kontrolle haben, <strong>in</strong>dem man ihn überwacht <strong>und</strong> beaufsichtigt, man<br />

kann aber auch die Kontrolle über se<strong>in</strong> Fahrzeug verlieren, <strong>in</strong>dem man es nicht mehr<br />

beherrscht (Das deutsche Wörterbuch, Knaur 1985). Überwachen, Beaufsichtigen, Prüfen,<br />

Überprüfen, Herrschen <strong>und</strong> Beherrschen s<strong>in</strong>d Begriffe, welche nur dann „funktionieren“, wenn<br />

man e<strong>in</strong>en Soll-Ist Vergleich anstellen kann. Außer Kontrolle kann man nur dann geraten,<br />

wenn man sich zuvor glaubhaft als kontrolliert dargestellt hat.<br />

Wie noch genauer aufgezeigt werden wird, bef<strong>in</strong>den wir uns zur Zeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Umbruchsituation,<br />

im Übergang von e<strong>in</strong>er Industriegesellschaft zu e<strong>in</strong>er Dienstleistungs- Informations<strong>und</strong><br />

Wissensgesellschaft. Man mag diese Entwicklung als e<strong>in</strong>en „epochalen Umbruch“<br />

(Dehnbostel 1998, 175) o<strong>der</strong> „gr<strong>und</strong>legenden Strukturwandel“ (Klau<strong>der</strong> 1994, 764) bezeichnen,<br />

letztlich kann man bisher nur feststellen, dass sich etwas verän<strong>der</strong>t, bzw. dass die bisherigen<br />

Erklärungsmodelle an Überzeugungskraft verloren haben. 96<br />

Daher soll die These um so schärfer ausfallen: Das Ende <strong>der</strong> Kontrollkultur ist erreicht,<br />

sowie alle damit verb<strong>und</strong>enen Implikationen. Die Konsequenz ist Nicht-Kontrolle, d.h. das<br />

freie Spiel <strong>der</strong> unkontrollierten <strong>und</strong> unkontrollierbaren Kräfte. Das kann man Chaos nennen<br />

o<strong>der</strong> Markt.<br />

Anhand dreier Epochen soll zunächst <strong>der</strong> Weg <strong>in</strong> die Ungewissheit beschrieben werden.<br />

Der Begriff <strong>der</strong> Ungewissheit steht dabei <strong>in</strong> <strong>der</strong>selben L<strong>in</strong>ie wie die Unvertrautheit, so dass<br />

sich dieser Prozess auch als Entwicklung zur Unvertrautheit nachzeichnen lassen kann.<br />

96 Vor diesem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> lässt sich auch die Debatte verstehen, ob die Beschreibung unserer Gesellschaft als<br />

Postmo<strong>der</strong>ne, Reflexive Mo<strong>der</strong>ne o<strong>der</strong> Verschärfte Mo<strong>der</strong>ne die Bezeichnung e<strong>in</strong>er faktisch neuen Epoche<br />

signalisiert o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>erseits nur die Verlegenheit darstellt, die beson<strong>der</strong>e Spielart e<strong>in</strong>er kont<strong>in</strong>uierlichen<br />

Fortentwicklung zu bezeichnen, wie es Beck <strong>und</strong> Giddens sehen. Im Folgenden werde ich, <strong>in</strong> Ermangelung e<strong>in</strong>es<br />

wirklich treffenden Begriffs für die aktuelle Ausprägung, weitgehend von <strong>der</strong> „Wissensgesellschaft“ reden.<br />

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