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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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Kapitel 4:<br />

Als die Arbeit unvertraut wurde<br />

E<strong>in</strong>leitung:<br />

Das Maß an Selbständigkeit <strong>und</strong> Eigenverantwortung, das erfor<strong>der</strong>lich wäre,<br />

um aus Netzwerkorganisationen e<strong>in</strong>e soziale <strong>und</strong> vor allem<br />

wirtschaftlich bedeutsame Bewegung entstehen zu lassen,<br />

ist sozial nicht tra<strong>in</strong>iert.<br />

Birger Priddat 1999, 133<br />

Me<strong>in</strong>e zentrale These <strong>in</strong> diesem Kapitel möchte ich wie folgt e<strong>in</strong>leiten: Nachdem die<br />

Arbeit von aller Rout<strong>in</strong>e befreit, die Abhängigkeiten unter den Mitarbeitern aufgelöst <strong>und</strong> die<br />

Hierarchien zwischen den Ebenen abgeflacht wurden, haben die e<strong>in</strong>zelnen Akteure nun alle<br />

Zeit zur Verfügung, sich ganz alle<strong>in</strong> <strong>und</strong> <strong>in</strong>dividuell um ihr Wissen <strong>und</strong> um sich selbst zu<br />

kümmern – eigentlich könnten sie dann auch auf das verme<strong>in</strong>tliche „Relikt“ <strong>Vertrauen</strong><br />

verzichten.<br />

Wenn die Arbeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> heutigen Zeit unvertraut <strong>und</strong> <strong>in</strong> bestimmten Bereichen<br />

unkontrollierbar geworden ist, ergeben sich hieraus zwei Fragestellungen:<br />

Wenn dem erstens so ist, dass Arbeit heute unvertraut <strong>und</strong> unkontrollierbar geworden<br />

ist, muss sie früher e<strong>in</strong>mal vertraut <strong>und</strong> kontrollierbar gewesen se<strong>in</strong>. Die Unterscheidung<br />

vertraut versus unvertraut soll dabei <strong>in</strong> dem oben beschriebenen S<strong>in</strong>ne verwandt werden.<br />

Vertraute Arbeit war rout<strong>in</strong>ierte <strong>und</strong> rout<strong>in</strong>isierte Arbeit, sie war selbstverständlich, wurde<br />

nicht h<strong>in</strong>terfragt <strong>und</strong> war <strong>in</strong> ihrer Struktur klar <strong>und</strong> kontrollierbar. Auf dem Weg <strong>in</strong> die<br />

Unvertrautheit muss ihr ihre Gewohnheit (<strong>und</strong> Gewöhnlichkeit) abhanden gekommen se<strong>in</strong>, sie<br />

wird neuartig <strong>und</strong> fremd. Arbeit wird unsicher <strong>und</strong> ungewiss.<br />

Wenn zweitens Unsicherheit früher durch das Setzen von Vertrautheit reduziert wurde,<br />

dann war diese unh<strong>in</strong>terfragte Selbstverständlichkeit auch nicht mehr als e<strong>in</strong>e Täuschung,<br />

<strong>in</strong>dem durch bestimmte Akteure Rout<strong>in</strong>e anstelle von Kont<strong>in</strong>genz gesetzt wurde. Ebenso fand<br />

Kontrolle dadurch statt, dass e<strong>in</strong>e Aufgabe <strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es Rahmens gestellt, durchgeführt <strong>und</strong><br />

das Soll mit dem Ist verglichen wurde. Wenn Arbeit jedoch ungewiss <strong>und</strong> unkalkulierbar<br />

geworden ist, hieße das, dass es auch niemandem mehr gibt, <strong>der</strong> e<strong>in</strong> Soll vorschreibt, an dem<br />

e<strong>in</strong> „Ist“ gemessen werden könnte.<br />

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