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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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<strong>Vertrauen</strong> fängt dort an, wo Kalkulierbarkeit <strong>und</strong> Kontrollierbarkeit aufhören, bzw. hat<br />

we<strong>der</strong> mit dem e<strong>in</strong>en, noch mit dem an<strong>der</strong>en etwas zu tun. <strong>Vertrauen</strong> ist e<strong>in</strong>e Entscheidung<br />

unter Ungewissheit 92 , mit dem Ziel, sich gegenseitig e<strong>in</strong>en Spielraum zu eröffnen.<br />

Damit bleibt e<strong>in</strong> Akteur zurück, <strong>der</strong> sich im Bewusstse<strong>in</strong> se<strong>in</strong>er begrenzten Rationalität<br />

aufgr<strong>und</strong> e<strong>in</strong>es aufgeklärten Eigen<strong>in</strong>teresses auf e<strong>in</strong>en an<strong>der</strong>en Akteur selbst e<strong>in</strong>lässt. Er<br />

vertraut dabei nicht (alle<strong>in</strong>) auf dessen Motivstruktur im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen<br />

Zielerreichung, son<strong>der</strong>n verlässt sich auf die Kont<strong>in</strong>genz des an<strong>der</strong>en selbst. Dieses Sich-<br />

Verlassen auf den an<strong>der</strong>en unterliegt dann <strong>der</strong> spezifischen E<strong>in</strong>schätzung des Treugebers über<br />

die <strong>Vertrauen</strong>swürdigkeit des Treuhän<strong>der</strong>s. Der Schlüssel zum <strong>Vertrauen</strong> verbleibt <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Freiheit des Treugebers.<br />

Für Böhme (1998) nimmt <strong>Vertrauen</strong> dann die Form e<strong>in</strong>er Tugend an. D.h., <strong>Vertrauen</strong><br />

kann man nicht e<strong>in</strong>for<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> erzw<strong>in</strong>gen, da das Tugendhafte gerade nicht die Erfüllung<br />

e<strong>in</strong>er äußeren Pflicht be<strong>in</strong>halten darf. <strong>Vertrauen</strong> stellt die Bereitschaft e<strong>in</strong>es Akteurs dar, sich<br />

als Souverän e<strong>in</strong>em Risiko auszusetzen, im Wissen, dass die Verhältnisse nicht halten müssen,<br />

was sie versprechen. Jemandem zu vertrauen heißt damit immer, ihm zugleich e<strong>in</strong>en<br />

<strong>Vertrauen</strong>svorschuss zu gewähren. Dem Gegenüber zu unterstellen, dass er me<strong>in</strong>t, was er sagt,<br />

bedeutet durch <strong>Vertrauen</strong> die Subjektivität des an<strong>der</strong>en anzunehmen. <strong>Vertrauen</strong> ist dann e<strong>in</strong>e an<br />

den Akteur geb<strong>und</strong>ene Kompetenz <strong>und</strong> stellt e<strong>in</strong>e dispositionale Handlungsfähigkeit dar.<br />

Letztlich bleibt es dabei: Erstens bedeutet <strong>Vertrauen</strong> e<strong>in</strong>e Entscheidung unter Risiko 93<br />

im Bewusstse<strong>in</strong> um die Nicht-Reduzierbarkeit auf formelhafte, situative Parameter. Und von<br />

daher gründet <strong>Vertrauen</strong> zweitens auf rationaler Kalkulation, unter den Bed<strong>in</strong>gungen von<br />

sozialer Vertrautheit o<strong>der</strong> persönlicher Selbst-Vertrautheit 94 . D.h., weil <strong>Vertrauen</strong> sozial<br />

bed<strong>in</strong>gt ist, kann es nicht un-sozial gr<strong>und</strong>gelegt werden. <strong>Vertrauen</strong> erheischt dann <strong>Vertrauen</strong><br />

<strong>und</strong> kann zur Konsequenz se<strong>in</strong>er eigenen Voraussetzung werden. Der Nutzen liegt dann nicht<br />

dar<strong>in</strong>, Unsicherheit zu elim<strong>in</strong>ieren, son<strong>der</strong>n willentlich e<strong>in</strong>en Spielraum positiver Konnotation<br />

von Handlungen zu erzeugen im Wissen um die Gemachtheit <strong>und</strong> Bed<strong>in</strong>gtheit dieser<br />

Entscheidung. In diesem Arrangement mehrt <strong>Vertrauen</strong> sich selbst als soziales Kapital <strong>und</strong><br />

„erzieht“ die Akteure, <strong>in</strong>dem es ihnen die Freiheit lässt, so zu werden, wie man es ihnen positiv<br />

unterstellt.<br />

92 Dies gilt pr<strong>in</strong>zipiell ebenso für Zutrauen, was nicht weiter explizit behandelt, son<strong>der</strong>n lediglich implizit<br />

vorausgesetzt wird.<br />

93 Risiko hierbei lediglich im S<strong>in</strong>ne von riskant <strong>und</strong> nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Unterscheidung: Risiko versus Ungewissheit.<br />

94 In diesem S<strong>in</strong>ne ist auch Selbstvertrauen e<strong>in</strong>e zur Gewohnheit gewordene Selbstdarstellung, welche sich selbst<br />

gegenüber Vertrautheit erzeugt <strong>und</strong> Komplexität reduziert.<br />

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