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Vertrauen und Vertrauensspielräume in Zeiten der Unkontrollierbarkeit

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Menschen dann automatisch mit romantischem Landleben assoziiert werden, während sich<br />

egoistische <strong>und</strong> verlogene Individuen statistisch natürlich eher im vere<strong>in</strong>samten Stadtleben<br />

antreffen lassen. Dies s<strong>in</strong>d aber nur sehr implizite Bestimmungen des <strong>Vertrauen</strong>sproblems.<br />

Indem man an<strong>der</strong>erseits die Frage nach dem Warum stellt, kann man <strong>Vertrauen</strong> abheben<br />

von dieser eher gefühlsbetonten, attraktiven Gr<strong>und</strong>haltung, welche <strong>Vertrauen</strong> vor<strong>der</strong>gründig als<br />

generell bevorzugenswert ersche<strong>in</strong>en lässt: Warum aber bewirkt <strong>Vertrauen</strong> diese beschriebenen<br />

Effekte, warum wird es als „a sort of ever-ready lubricant that permits voluntary participation<br />

<strong>in</strong> production and exchange“(Dasgupta 1988, 49) angesehen? Welches ist die Funktion von<br />

<strong>Vertrauen</strong>, woraus besteht diese Ressource <strong>und</strong> was ist sie wert?<br />

Diese Fragen sollen im Zentrum des ersten Teils dieser Arbeit stehen. Hierbei wird im<br />

ersten Kapitel <strong>Vertrauen</strong> <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>ne als etwas betrachtet, das dem sozialen Geschehen<br />

konstitutionslogisch vorgeordnet ist. <strong>Vertrauen</strong> besteht bereits als soziales Kapital, als<br />

Startmechanismus, <strong>und</strong> die Frage ist, was daraus resultiert.<br />

Das zweite Kapitel folgt <strong>der</strong> paradoxen Logik von Groucho Marx: „Ich trete doch nicht<br />

e<strong>in</strong>em Club bei, <strong>der</strong> jemanden wie mich aufnimmt“, o<strong>der</strong> auf das <strong>Vertrauen</strong>sproblem<br />

angewandt: E<strong>in</strong>em Menschen, <strong>der</strong> jemandem wie mir vertraut, kann ich nicht vertrauen. 1<br />

<strong>Vertrauen</strong> wird hier nicht als bereits gegeben angesehen, son<strong>der</strong>n <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Prozesshaftigkeit<br />

dargestellt. <strong>Vertrauen</strong>sbildung steht dabei immer unter e<strong>in</strong>em bestimmten Risiko, es wird zu<br />

e<strong>in</strong>er riskanten Angelegenheit. Das Problem stellt sich dann wie folgt dar: Hält es e<strong>in</strong><br />

potentieller Treugeber für wahrsche<strong>in</strong>lich, dass se<strong>in</strong> <strong>Vertrauen</strong> durch den Treuhän<strong>der</strong> 2<br />

missbraucht wird, dann wird er ke<strong>in</strong> <strong>Vertrauen</strong> vergeben. Diese spezifische E<strong>in</strong>schätzung stützt<br />

<strong>der</strong> Treugeber dabei auf se<strong>in</strong>e eigene Bewertung <strong>der</strong> möglichen Beweggründe des Treuhän<strong>der</strong>s,<br />

dem <strong>Vertrauen</strong> nicht gerecht werden zu wollen. E<strong>in</strong>e mögliche Kooperation wird dann ebenso<br />

ausbleiben. Diese Situation, <strong>in</strong> <strong>der</strong> ke<strong>in</strong> <strong>Vertrauen</strong> gegeben wird, könnte nun aber für beide<br />

Partner schlechter se<strong>in</strong>, als wenn <strong>Vertrauen</strong> explizit vergeben <strong>und</strong> honoriert worden wäre.<br />

Damit stehen die Beteiligten dem klassischen Problem <strong>der</strong> unbeabsichtigten Folgen<br />

absichtsgeleiteten Handelns (vgl. Raub 1999, 253) gegenüber. <strong>Vertrauen</strong> wird <strong>in</strong> dieser<br />

Konstellation zu e<strong>in</strong>em Problem <strong>der</strong> zeitlichen Interdependenz zwischen den Handlungen. Der<br />

Akteur ist dem sozialen Geschehen vorgeordnet <strong>und</strong> Reziprozität, Kooperation <strong>und</strong> <strong>Vertrauen</strong><br />

1 Ob man jemandem vertrauen kann, <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Arbeit über <strong>Vertrauen</strong> schreibt, mag <strong>der</strong> Leser am Ende selbst<br />

entscheiden.<br />

2 Die Term<strong>in</strong>ologie Treugeber, für denjenigen, <strong>der</strong> das <strong>Vertrauen</strong> vergibt <strong>und</strong> Treuhän<strong>der</strong> für denjenigen, dem<br />

vertraut wird, entlehne ich James Coleman (1991).<br />

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