01.12.2014 Aufrufe

2/07 - GLB

2/07 - GLB

2/07 - GLB

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Magazin des <strong>GLB</strong><br />

Von Michael Linser<br />

60 Jahre Verstaatlichung der<br />

Elektrizitätswirtschaft<br />

Das Bundesgesetz vom 26. März 1947 organisierte die öffentliche Stromversorgung österreichweit neu. Damit<br />

wurden die Aufgaben der Landes- und Sondergesellschaften und der Verbundgesellschaft definiert. Die<br />

Landesgesellschaften sollen die allgemeine Versorgung herstellen, der Verbund für den Ausgleich zwischen<br />

Stromerzeugung und Verbrauch über die Sondergesellschaften sorgen.<br />

Der elektrische Strom muss unmittelbar<br />

mit dem Verbrauch hergestellt<br />

werden, denn er hat nun einmal die<br />

Schnelligkeit eines Blitzes. Um dieser<br />

Unmittelbarkeit zwischen Produktion<br />

und Konsumtion folgen zu können, sollte<br />

zum einen durch eine möglichst umfassende<br />

Vernetzung der Produktionen<br />

mit den Verbrauchern ein statistischer<br />

Ausgleich erfolgen und zum anderen die<br />

Produktion und der Transport von einer<br />

Hand geregelt werden.<br />

Zum technischen Verständnis ein Vergleich:<br />

Verbraucher von Wasser beziehen<br />

dieses meist über Rohrleitungen.<br />

Wenn man mehr verbraucht als zu rinnt,<br />

so sinkt der Druck in der Leitung bis<br />

sie leer ist. Daher legt man bei<br />

Wasserversorgungen ein Reservoir an,<br />

das so groß ist, dass man kurzfristig<br />

mehr verbrauchen kann als zurinnt. Der<br />

Druck sinkt dadurch nur sehr geringfügig.<br />

Je größer die Schwankungen<br />

zwischen Verbrauch und Zufluss sind,<br />

umso größer muss das Reservoir sein.<br />

Um den Druck möglichst konstant zu<br />

halten, ist ein möglichst großer Wasserspiegel<br />

nötig.<br />

Beim Strom ist es ähnlich: Den<br />

Schwankungen des Druckes im<br />

Wasserleitungssystem entsprechen die<br />

Spannungs- und Frequenzschwankungen<br />

im Stromnetz. Da die elektrischen<br />

Geräte so ausgelegt sind, dass<br />

sie optimal bzw. überhaupt nur in einem<br />

engen Spannungs- und Frequenzbereich<br />

funktionieren, müssen im Netz<br />

diese Bedingungen eingehalten werden.<br />

Da Strom noch nicht großtechnisch direkt<br />

gespeichert werden kann, muss<br />

neben der statistischen Verteilung über<br />

verschieden Produktionsmöglichkeiten<br />

dem Verbrauch nachgefahren werden.<br />

Je größer das Netz umso geringer wirken<br />

sich die momentanen Schwankungen<br />

bei Abweichungen zwischen Produktion<br />

und Verbrauch aus.<br />

Da die Produktion, das Transportnetz<br />

und der Verbrauch unmittelbar und<br />

sehr schnell zusammenhängen und untereinander<br />

Rückwirkungen haben, ist<br />

es auch sinnvoll die Regelung der E-<br />

Wirtschaft in einer Hand zu lassen.<br />

Daher sind die österreichischen Nutzer<br />

von elektrischem Strom lange Zeit<br />

mit diesem Gesetz gut gefahren.<br />

Die EU-Liberalisierung verlangt nun<br />

die Trennung von Produktion und Netz<br />

und die Marktöffnung dieser bislang<br />

von meist gemeinwirtschaftlichen Monopolen<br />

betriebenen Anlagen und Versorgungszuständen.<br />

Da die elektrische<br />

Energieversorgung wegen der bisherigen<br />

Zuverlässigkeit ein volkswirtschaftlich<br />

wichtiger Faktor für das Funktionieren<br />

wirtschaftlicher Prozesse im Allgemeinen<br />

geworden ist, wird diese<br />

Zuverlässigkeit hoch bewertet. Gleichzeitig<br />

versuchen Marktfetischisten über<br />

Marktmechanismen diese allgemeine<br />

Abhängigkeit zu reduzieren in dem sie<br />

zu den verbrauchs- und produktionsbedingten<br />

Unsicherheiten noch solche<br />

aus dem Markt in die Elektrizitätswirtschaft<br />

einbauen. Es zeigt sich in<br />

Europa, dass in diesem Spannungsfeld<br />

die großen Elektrizitätsunternehmen die<br />

Zuverlässigkeit herstellen können,<br />

wenn sie dabei ihre Netze und Versorgungsgebiete<br />

erweitern können. So<br />

wird es schließlich wieder nur mehr<br />

einige – kapitalistische – Monopolisten<br />

geben.<br />

Das zweite Verstaatlichungsgesetz<br />

bietet die Gewähr, dass die gemeinwirtschaftlichen<br />

Interessen durch das<br />

gesellschaftliche Eigentum weiterhin im<br />

Vordergrund der Elektrizitätswirtschaft<br />

stehen. Ein Hoch auf den damaligen<br />

Energieminister Karl Altmann, der das<br />

Problem der österreichweiten Einführung<br />

einer neuen Technologie weitsichtig<br />

durch Verstaatlichung gelöst hat, die<br />

heute noch funktioniert.<br />

DI Michael Linser ist Techniker bei<br />

der Tiroler Landesenergiegesellschaft<br />

TIWAG und lebt in Innsbruck,<br />

er ist Mitglied der ÖGB-<br />

Landeskontrolle Tirol<br />

2/<strong>07</strong> die Arbeit Seite 17

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!