Hochhäuser im Planungs- und Baugesetz - Walker Späh, Carmen
Hochhäuser im Planungs- und Baugesetz - Walker Späh, Carmen
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PBG<br />
ZÜRCHER ZEITSCHRIFT FÜR<br />
ÖFFENTLICHES BAURECHT<br />
2/201 1<br />
aktuell<br />
Hochhäuser <strong>im</strong> <strong>Planungs</strong><strong>und</strong><br />
<strong>Baugesetz</strong><br />
von <strong>Carmen</strong> <strong>Walker</strong> Späh
THEMA 5<br />
Hochhäuser <strong>im</strong> <strong>Planungs</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Baugesetz</strong><br />
<strong>Carmen</strong><br />
<strong>Walker</strong> Späh<br />
I. Hochhäuser werden wieder gebaut<br />
Hochhäuser gelten heute angesichts der drohenden flächendeckenden<br />
Zersiedelung als eine mögliche Form<br />
der effizienten Nutzung von teurem Bauland; noch in<br />
den Sechziger- <strong>und</strong> Siebzigerjahren formierte sich gegen<br />
sie breiter Widerstand. Hochhäuser symbolisieren heute<br />
die urbane, fortschrittliche <strong>und</strong> selbstbewusste Schweiz,<br />
die auch architektonisch konkurrenzfähig bleiben will.<br />
Projekte <strong>und</strong> Ideen für Hochhausbauten gibt es deshalb<br />
zur Zeit nicht nur in den Grossstädten, sondern auch in<br />
kleineren städtischen Zentren. Allen gemeinsam ist<br />
das grosse öffentliche Interesse <strong>und</strong> die jeweils ausgelösten<br />
kontroversen Debatten über Standort, Volumen, Aussehen<br />
<strong>und</strong> vor allem auch über den erzeugten Schattenwurf. Das<br />
Thema ist daher aktuell, weshalb jetzt ein guter Zeitpunkt<br />
ist, die rechtlichen Rahmenbedingungen für den Bau von<br />
Hochhäusern aufzuzeigen.<br />
«Hochhäuser<br />
gelten heute angesichts<br />
der drohenden<br />
flächendeckenden<br />
Zersiedelung<br />
als eine<br />
mögliche Form<br />
der effizienten<br />
Nutzung von teurem<br />
Bauland.»
6<br />
THEMA<br />
II. Nutzungsplanerische Voraussetzungen<br />
«Soll der Bau<br />
von Hochhäusern<br />
möglich sein,<br />
muss die entsprechende<br />
Bau- <strong>und</strong><br />
Zonenordnung<br />
dies ausdrücklich<br />
zulassen.»<br />
Soll der Bau von Hochhäusern möglich sein, muss die<br />
entsprechende Bau- <strong>und</strong> Zonenordnung dies ausdrücklich<br />
zulassen (§ 282 <strong>Planungs</strong>- <strong>und</strong> <strong>Baugesetz</strong> des Kantons<br />
Zürich; PBG; LS 700.1). Dies kann entweder mittels Festlegung<br />
von Hochhausgebieten <strong>im</strong> Zonenplan oder durch<br />
Umschreibungen in den Zonenvorschriften geschehen,<br />
wobei auch Festlegungen in Sonderbauvorschriften, Gestaltungsplänen<br />
oder Arealüberbauungen möglich sind 1 .<br />
A. Bau- <strong>und</strong> Zonenordnung bzw. Zonenplan<br />
«Hochhäuser<br />
sind Gebäude mit<br />
einer Höhe von<br />
mehr als 25m.»<br />
Das PBG best<strong>im</strong>mt in § 278 Abs. 3 die höchstzulässige<br />
Gebäudehöhe von Bauten <strong>und</strong> Anlagen unter Vorbehalt<br />
der Best<strong>im</strong>mungen über die Hochhäuser mit 25m. Damit<br />
sind Hochhäuser – wie § 282 PBG besagt – Gebäude mit<br />
einer Höhe von mehr als 25 m.<br />
Viele Bau- <strong>und</strong> Zonenordnungen geben die max<strong>im</strong>ale Gebäudehöhe<br />
nicht in Metern an, sondern setzen lediglich<br />
die Anzahl erlaubter Geschosse fest. Die max<strong>im</strong>ale Gebäudehöhe<br />
errechnet sich diesfalls gemäss § 279 Abs. 1 PBG<br />
nach der Bruttogeschosshöhe von 3,3 m bzw. 4 m für<br />
Zentrums- <strong>und</strong> Industriezonen sowie einer 1,5m hohen<br />
Erhebung für das Erdgeschoss. Sind also in einer Zone 8<br />
bzw. 6 Geschosse erlaubt, kann damit die höchstzulässige<br />
Gebäudehöhe von 25m (8 x 3,3m + 1,5m = 27,9m bzw.<br />
6 x 4m + 1,5m = 25,5m) überschritten werden <strong>und</strong> das<br />
Gebäude ist nach § 282 PBG rechtlich als Hochhaus zu<br />
qualifizieren.<br />
Da jedoch eine Bau- <strong>und</strong> Zonenordnung den Bau von Hochhäusern<br />
ausdrücklich zulassen muss (§ 282 PBG), ist die Überschreitung<br />
der höchstzulässigen Gebäudehöhe von 25m trotz<br />
der Anzahl erlaubter Geschosse nur dann möglich, wenn<br />
das Wort «Hochhaus» explizit erwähnt wird. Ob dieses nun<br />
in der Bau- <strong>und</strong> Zonenordnung in einem Gesetzesartikel<br />
steht oder ob ein Ergänzungsplan für Hochhäuser zusätzlich<br />
zum Zonenplan angefertigt wird, ist nicht relevant.
THEMA 7<br />
B. Sonderbauvorschriften, Gestaltungsplan, Arealüberbauung<br />
Im Rahmen von Sonderbauvorschriften (§ 79 ff. PBG) <strong>und</strong><br />
Gestaltungsplänen (§ 83 ff. PBG) kann für ein best<strong>im</strong>mtes<br />
Gebiet eine Spezialbauordnung aufgestellt werden, was die<br />
Möglichkeit bringt, Hochhäuser in einem Gebiet zu erstellen,<br />
in welchem nach Bau- <strong>und</strong> Zonenordnung eigentlich<br />
keine Hochhäuser erlaubt wären. Beide Institute werden<br />
durch das für Nutzungsplanungen zuständige Gemeindeorgan<br />
festgesetzt <strong>und</strong> bedürfen der Genehmigung durch die<br />
kantonale Baudirektion. Sonderbauvorschriften bewirken<br />
<strong>im</strong> Gegensatz zu Gestaltungsplänen keinen Zwang, nach den<br />
speziell aufgestellten Regeln zu bauen (§ 81 Abs. 1 PBG).<br />
Auch Arealüberbauungen (§ 69 ff. PBG) können den Bau von<br />
Hochhäusern ermöglichen, dies jedoch nur dann, wenn<br />
die entsprechende Bau- <strong>und</strong> Zonenordnung Arealüberbauungen<br />
zulässt <strong>und</strong> zusätzlich darin explizit Hochhäuser<br />
erlaubt.<br />
Da <strong>im</strong>mer mindestens das für den Erlass von Nutzungsplanungen<br />
zuständige Gemeindeorgan best<strong>im</strong>mt, ob Hochhäuser<br />
zulässig sind, wird gewährleistet, dass das Bauen<br />
von sehr hohen Gebäuden genügend legit<strong>im</strong>iert ist. Alle<br />
Nutzungspläne können nämlich von der Bevölkerung <strong>im</strong><br />
Anschluss an deren Erlass angefochten werden 2 .<br />
C. Groberschliessung<br />
Bei der Festlegung von Gebieten, welche für den Hochhausbau<br />
geeignet sind, ist die Groberschliessung von <strong>im</strong>menser<br />
Wichtigkeit. Nicht nur der Erschliessungsplan muss<br />
beachtet werden, auch der allgemeine Verkehr <strong>und</strong> das Entwicklungspotenzial<br />
eines Gebietes muss berücksichtigt<br />
werden. Nur in Gebieten mit genügender Anbindung an den<br />
öffentlichen Verkehr, sowie an das Autobahnnetz sind<br />
Hochhäuser sinnvoll. Gemäss eines Arbeitsberichtes der Stadt<br />
Zürich zur Herleitung von Hochhausgebieten beträgt<br />
zum Beispiel der Radius für die nächste Tramhaltestelle<br />
300m, für die nächste S-Bahnhaltestelle 600m <strong>und</strong> für<br />
«Sonderbauvorschriften<br />
bewirken<br />
<strong>im</strong> Gegensatz<br />
zu Gestaltungsplänen<br />
keinen Zwang,<br />
nach den speziell<br />
aufgestellten Regeln<br />
zu bauen.»<br />
«Da <strong>im</strong>mer mindestens<br />
das für<br />
den Erlass von<br />
Nutzungsplanungen<br />
zuständige<br />
Gemeindeorgan<br />
best<strong>im</strong>mt, ob<br />
Hochhäuser zulässig<br />
sind, wird<br />
gewährleistet,<br />
dass das Bauen<br />
von sehr hohen<br />
Gebäuden genügend<br />
legit<strong>im</strong>iert<br />
ist.»<br />
«Nicht nur der Erschliessungsplan<br />
muss beachtet werden,<br />
auch der allgemeine<br />
Verkehr<br />
<strong>und</strong> das Entwicklungspotenzial<br />
eines Gebietes<br />
muss berücksichtigt<br />
werden.»
8<br />
THEMA<br />
«Es sollten – wenn<br />
<strong>im</strong>mer möglich –<br />
genügend Parzellen<br />
frei sein, um<br />
eine mögliche Fortsetzung<br />
dieser<br />
Quartierentwicklung,<br />
welche durch<br />
den Bau von einem<br />
oder mehreren<br />
Hochhäusern ausgelöst<br />
werden<br />
könnte, aufzufangen.»<br />
die nächste Autobahnausfahrt 1000m 1 . Der Bericht stammt<br />
aus dem Jahr 2001 <strong>und</strong> betrifft eine Grossstadt. Da diese<br />
Vorgaben gesetzlich nicht festgelegt sind, können die<br />
Distanzen als Richtschnur dienen. Die Anbindung an den<br />
öffentlichen Verkehr muss auf jeden Fall zum einen den<br />
richtplanerischen Vorgaben entsprechen <strong>und</strong> zum anderen<br />
die örtliche Situation <strong>im</strong> Einzelfall (städtisch oder ländlich)<br />
<strong>und</strong> das Gebot einer zukunftsorientierten Planung berücksichtigen.<br />
Zudem sollten – wenn <strong>im</strong>mer möglich – genügend<br />
Parzellen frei sein, um eine mögliche Fortsetzung<br />
dieser Quartierentwicklung, welche durch den Bau von<br />
einem oder mehreren Hochhäusern ausgelöst werden<br />
könnte, aufzufangen.<br />
III. Bauliche Vorschriften<br />
A. Was ist ein Hochhaus?<br />
«Das Zürcher<br />
PBG macht es<br />
den Bauherren<br />
<strong>und</strong> Architekten<br />
einfach, indem es<br />
für die Umschreibung<br />
des Hochhauses<br />
lediglich<br />
auf die Höhe<br />
von über 25m<br />
abstellt.»<br />
Das Zürcher PBG macht es den Bauherren <strong>und</strong> Architekten<br />
einfach, indem es für die Umschreibung des Hochhauses<br />
lediglich auf die Höhe von über 25m abstellt (§ 282<br />
PBG). Unwichtig ist demnach die Nutzweise des Gebäudes:<br />
Ob Wohnhaus, Stadion, Büro- oder Industriegebäude,<br />
Lagergebäude oder Lehranstalt, einzig die Höhe ist ausschlaggebend<br />
für die Zuordnung.<br />
Wenn nun aber keine Hochhäuser erlaubt sind, ein Gebäude<br />
oder Teile von ihm durch ihre besondere Art oder ihre<br />
Funktion die höchsterlaubte Höhe überschreiten, sind sie<br />
gemäss § 19 Abs. 1 Besondere Bauverordnung II des Kantons<br />
Zürich (BBV II; LS 700.22) dennoch erlaubt. Zu denken<br />
ist etwa an Kirchtürme, Hochkamine, Silos für Landwirtschaftsbetriebe<br />
<strong>und</strong> dergleichen.<br />
B. Anforderungen an den Hochhausbau<br />
§ 284 PBG umschreibt in relativ allgemeiner Ausdrucksweise<br />
die Anforderungen an den Hochhausbau, weshalb<br />
diese nachstehend zu präzisieren sind.
THEMA 9<br />
1. Ortsbaulicher Gewinn<br />
Gemäss § 284 Abs. 1 PBG müssen Hochhäuser, verglichen<br />
mit einer gewöhnlichen Überbauung, ortsbaulich einen<br />
Gewinn bringen, ausser die Höhe sei durch die Art <strong>und</strong><br />
Zweckbest<strong>im</strong>mung des Gebäudes bedingt. Ein ortsbaulicher<br />
Gewinn besteht dann, wenn die Baute von besonders<br />
guter städtebaulicher Qualität zeugt. Was dies genau<br />
heisst, hat das Hochbaudepartement der Stadt Zürich in<br />
Richtlinien umschrieben 4 .<br />
Je nach Standort des Hochhauses ist der Bezug zum öffentlichen<br />
Raum <strong>und</strong> damit die Schaffung von Innen- <strong>und</strong><br />
Aussenräumen mit Öffentlichkeitscharakter von grosser Bedeutung.<br />
Entsprechend soll eine mehr oder weniger intensive<br />
Mischnutzung angestrebt werden. Im Erdgeschoss ist<br />
<strong>im</strong>mer mindestens ein öffentlicher oder halböffentlicher<br />
Anteil zu planen, wenn möglich soll auch in einem der obersten<br />
Geschosse ein halböffentlicher Anteil zur Verfügung<br />
stehen. Dadurch entstehen beispielsweise neue Wohnkonzepte<br />
mit Services, Wellness <strong>und</strong> Hoteldienstleistungen oder<br />
Stadien <strong>und</strong> Büros mit Panoramarestaurants. Der Mehrwert<br />
<strong>im</strong> Sockel des Hochhauses <strong>und</strong> die Art der Nutzung können<br />
vertikale Stadtteile mit hoher Nutzungsdurchmischung<br />
ergeben <strong>und</strong> damit den ortsbaulichen Gewinn bringen.<br />
«Gemäss § 284<br />
Abs. 1 PBG müssen<br />
Hochhäuser, verglichen<br />
mit einer<br />
gewöhnlichen<br />
Überbauung, ortsbaulich<br />
einen Gewinn<br />
bringen, ausser<br />
die Höhe sei<br />
durch die Art <strong>und</strong><br />
Zweckbest<strong>im</strong>mung<br />
des Gebäudes bedingt.»<br />
2. Architektur<br />
Architektonisch ist die Planung eines Hochhauses eine<br />
grosse Herausforderung. § 284 Abs. 2 PBG fordert eine besonders<br />
sorgfältige architektonische Gestaltung, womit<br />
auch die Anforderungen an die Einordnung in die Umgebung<br />
mit einbezogen werden.<br />
Ǥ 284 Abs. 2 PBG<br />
fordert eine besonders<br />
sorgfältige<br />
architektonische<br />
Gestaltung.»<br />
Die Architektur soll insbesondere bezüglich Proportionen,<br />
Gliederung, Erscheinungsbild Tag <strong>und</strong> Nacht, Fassadengestaltung<br />
<strong>und</strong> Fernwirkung überzeugen. Auch<br />
die städtebauliche Einordnung, d.h. die Einbindung des<br />
Hochhauses in das bestehende Quartier, ist von grosser<br />
Wichtigkeit. Das Verhältnis von Gr<strong>und</strong>riss zur Höhe <strong>und</strong> das
10<br />
THEMA<br />
öffentliche Erdgeschoss als Bezugspunkt zwischen Innen-<br />
<strong>und</strong> Aussenraum sind hier entscheidende Faktoren.<br />
Im Gegensatz zur Regelbauweise überragt ein Hochhaus<br />
naturgemäss seine Umgebung, so dass an die Einordnung<br />
auch aufgr<strong>und</strong> der Solitärwirkung des Hochhauses besondere<br />
Anforderungen gestellt werden<br />
3. Ausnützung<br />
«Gr<strong>und</strong>sätzlich<br />
soll ein Hochhaus<br />
gemäss § 284<br />
Abs. 3 PBG keine<br />
grössere Ausnützung<br />
erzielen können<br />
als eine gewöhnliche<br />
Überbauung.»<br />
Ǥ 284 Abs. 4 PBG<br />
will sicherstellen,<br />
dass die Nachbarschaft<br />
eines Hochhauses<br />
durch<br />
dieses nicht wesentlich<br />
beeinträchtigt<br />
wird.»<br />
Gr<strong>und</strong>sätzlich soll ein Hochhaus gemäss § 284 Abs. 3 PBG<br />
keine grössere Ausnützung erzielen können als eine gewöhnliche<br />
Überbauung. Vorbehalten sind natürlich die Best<strong>im</strong>mungen<br />
über Arealüberbauungen, Sonderbauvorschriften<br />
<strong>und</strong> Gestaltungspläne, welche ein Abweichen<br />
von den Regelbauvorschriften erlauben. Diese Vorschrift<br />
stellt sicher, dass Hochhäuser nicht einfach der Verdichtung<br />
dienen, sondern einen Mehrwert bieten 5 .<br />
4. Nachbarschaftsschutz<br />
§ 284 Abs. 4 PBG will schliesslich sicherstellen, dass die Nachbarschaft<br />
eines Hochhauses durch dieses nicht wesentlich<br />
beeinträchtigt wird. Hier ist insbesondere an den Schattenwurf<br />
des hohen Gebäudes zu denken. § 30 der Allgemeinen<br />
Bauverordnung des Kantons Zürich (ABV) präzisiert denn<br />
die Anforderungen bezüglich Schattenwurf. Der Nachweis<br />
des Ausmasses der Beeinträchtigung ist zwingender Bestandteil<br />
der Baueingabe.<br />
Die vom Zürcher Gesetz entwickelte sogenannte 2-St<strong>und</strong>en-Schattenregel<br />
besagt, dass der Schattenwurf eines<br />
Hochhauses an mittleren Wintertagen nicht länger als<br />
zwei St<strong>und</strong>en ein Nachbargr<strong>und</strong>stück beeinträchtigen<br />
darf. Die Berechnung ist komplex <strong>und</strong> wird zum Teil in<br />
Frage gestellt. Zum einen würde bereits die Ausdehnung<br />
der 2-St<strong>und</strong>en-Regel um eine halbe St<strong>und</strong>e viele jetzt nicht<br />
gesetzeskonforme Projekte ermöglichen <strong>und</strong> zum anderen<br />
ist nicht die Dauer des Schattens, sondern die Anwesenheit<br />
der Sonne für die Ges<strong>und</strong>heit massgebend. Verlangt wird<br />
deshalb <strong>im</strong>mer wieder eine Besonnungsregel anstelle einer
THEMA<br />
11<br />
Schattenregel. Die Schattenregel bewirkt zudem, dass<br />
die Hochhäuser kein Mittel für Verdichtungen darstellen,<br />
wie André Odermatt, Zürichs Hochbauvorsteher, erklärt 6 .<br />
Um eine Gruppe von Hochhäusern bauen zu können, um<br />
damit eine deutliche Verdichtung zu erzielen, müsste die<br />
Schattenregel revidiert werden.<br />
Bei der Beurteilung, ob ein Hochhausprojekt ein Nachbargr<strong>und</strong>stück<br />
übermässig beschattet, sind die bereits<br />
bestehenden Gebäude <strong>und</strong> deren Schattenwurf auf jeden<br />
Fall in die Beurteilung mit einzubeziehen 7 . Mit der heutigen<br />
Digitalisierung sollten dreid<strong>im</strong>ensionale Modelle,<br />
welche sowohl die Beschattung als auch die Besonnung<br />
aufzeigen eigentlich keinerlei Probleme mehr darstellen<br />
<strong>und</strong> die Beurteilung eines Projektes bezüglich Beeinträchtigung<br />
der Nachbarschaft ohne Weiteres ermöglichen.<br />
«Bei der Beurteilung,<br />
ob ein Hochhausprojekt<br />
ein<br />
Nachbargr<strong>und</strong>stück<br />
übermässig<br />
beschattet, sind<br />
die bereits bestehenden<br />
Gebäude<br />
<strong>und</strong> deren Schattenwurf<br />
auf jeden<br />
Fall in die Beurteilung<br />
mit einzubeziehen.»<br />
5. Weitere Anforderungen<br />
Bezüglich Grenzabstände zu den Nachbargr<strong>und</strong>stücken<br />
schreibt § 270 Abs. 2 PBG vor, dass ab 12 m über dem gewachsenen<br />
Boden ein Mehrhöhenzuschlag zu berechnen<br />
sei. Der Max<strong>im</strong>alabstand, welcher bei Hochhäusern zur<br />
Anwendung kommt, beträgt 16,5m.<br />
Auch be<strong>im</strong> Brandschutz erfordert ein Hochhaus besondere<br />
Vorkehrungen (§ 56 i.V.m. § 5 Abs. 2 Verordnung über<br />
den baulichen Brandschutz des Kantons Zürich; BBSV; LS<br />
861.13).<br />
Die Feinerschliessung eines Hochhauses muss durchdacht<br />
sein. Nicht nur benötigen Wasserversorgung, Abwasserbeseitigung<br />
<strong>und</strong> elektrische Energie besondere technische<br />
Vorrichtungen aufgr<strong>und</strong> der Höhe des Gebäudes, sondern<br />
auch die Erschliessung für die Benutzer ist von grosser<br />
Wichtigkeit. Zu denken ist hier an die motorisierte gewerbliche<br />
An- <strong>und</strong> Ablieferung sowie an den motorisierten<br />
Individualverkehr <strong>und</strong> an den Fussgänger <strong>und</strong> Veloverkehr.<br />
Benötigt werden Plätze <strong>und</strong> innen liegende Hallen, welche<br />
den Strom von Fahrzeugen, Waren <strong>und</strong> Personen abferti-<br />
«Die Feinerschliessung<br />
eines Hochhauses<br />
muss<br />
durchdacht sein.<br />
Nicht nur benötigen<br />
Wasserversorgung,<br />
Abwasserbeseitigung<br />
<strong>und</strong><br />
elektrische Energie<br />
besondere<br />
technische Vorrichtungen<br />
aufgr<strong>und</strong><br />
der Höhe<br />
des Gebäudes,<br />
sondern auch die<br />
Erschliessung für<br />
die Benutzer ist<br />
von grosser Wichtigkeit.»
12<br />
THEMA<br />
gen können, ohne den bereits bestehenden Verkehr <strong>im</strong> Quartier<br />
zu beeinträchtigen.<br />
IV. Baubewilligungsverfahren<br />
«Abgesehen<br />
von der gemäss<br />
§ 285 PBG erforderlichen<br />
Genehmigung<br />
der baurechtlichen<br />
Bewilligung<br />
durch<br />
die Baudirektion<br />
des Kantons<br />
Zürich gestaltet<br />
sich das Verfahren<br />
zum Bau eines<br />
Hochhauses gleich<br />
wie be<strong>im</strong> Bau<br />
eines Gebäudes<br />
nach Regelbauweise.»<br />
«Das zuständige<br />
Organ für Baubewilligungen<br />
prüft<br />
alle Voraussetzungen<br />
<strong>und</strong> bewilligt<br />
das Hochhausprojekt<br />
schliesslich<br />
unter Auflagen.<br />
Die Baudirektion<br />
eröffnet ihre Genehmigung<br />
gleichzeitig<br />
mit dem<br />
kommunalen Entscheid.»<br />
Abgesehen von der gemäss § 285 PBG erforderlichen Genehmigung<br />
der baurechtlichen Bewilligung durch die Baudirektion<br />
des Kantons Zürich gestaltet sich das Verfahren<br />
zum Bau eines Hochhauses gleich wie be<strong>im</strong> Bau eines Gebäudes<br />
nach Regelbauweise.<br />
Da jedoch die planerischen Anforderungen an ein Hochhaus<br />
besonders hoch sind, wird allgemein empfohlen, das zuständige<br />
Organ für Baubewilligungen über eine Bauabsicht zu informieren<br />
<strong>und</strong> das Projekt begleiten zu lassen. Weiter wird<br />
ein Konkurrenzverfahren mit verschiedenen Projektideen<br />
empfohlen, um eine hohe <strong>Planungs</strong>sicherheit in Bezug auf<br />
die Anwendung des § 284 PBG zu erzielen. Das hohe Interesse<br />
der Öffentlichkeit an allen Hochhäusern sollte durch eine<br />
offene Information über die beabsichtigten <strong>Planungs</strong>- <strong>und</strong><br />
Projektierungsschritte seitens des Projektierenden gestillt<br />
werden.<br />
Das zuständige Organ für Baubewilligungen prüft alle<br />
Voraussetzungen <strong>und</strong> bewilligt das Hochhausprojekt<br />
schliesslich unter Auflagen. Die Baudirektion eröffnet<br />
ihre Genehmigung gleichzeitig mit dem kommunalen<br />
Entscheid, wobei sich die Baudirektion bei der Prüfung<br />
des Hochhausprojektes auf die Aspekte von § 284 PBG beschränken<br />
muss 8 .<br />
Im Rahmen einer Baueingabe müssen alle Projekte ausgesteckt<br />
werden (§ 311 Abs. 1 PBG), um Dritte darauf Aufmerksam<br />
zu machen, dass ein Bauprojekt öffentlich aufgelegt ist<br />
<strong>und</strong> die Pläne von Interessierten eingesehen werden können.<br />
Dies gilt insbesondere auch für Hochhausprojekte,<br />
welche durch die Höhe die Interessen von Dritten beeinträchtigen<br />
könnten. Es sollte deshalb nur in absoluten<br />
Ausnahmefällen – etwa aus Sicherheitsgründen – auf eine
THEMA<br />
13<br />
Profilierung in voller Höhe verzichtet werden 9 . Auch das<br />
derzeit höchste bestehende Hochhaus der Schweiz, der<br />
Pr<strong>im</strong>e-Tower in Zürich, wurde unter Zuhilfenahme eines<br />
Pneu-Krans sowie eines Hubschraubers bis auf die gesamte<br />
Höhe von 126 m ausgesteckt.<br />
Immer wenn Hochhäuser oder andere sehr hohe Gebäudeteile<br />
gebaut werden, könnte dadurch der Zivil- <strong>und</strong> Militärluftverkehr<br />
behindert werden. Aus diesem Gr<strong>und</strong><br />
besteht für Gebäude mit einer Höhe von 60 m in dicht besiedelten<br />
Zonen <strong>und</strong> 25m in anderen Gebieten eine Meldepflicht<br />
zu Handen des Verkehrsdienstes des Zürcher Flughafens<br />
10 .<br />
«Auch das derzeit<br />
höchste bestehende<br />
Hochhaus<br />
der Schweiz, der<br />
Pr<strong>im</strong>e Tower in<br />
Zürich, wurde unter<br />
Zuhilfenahme<br />
eines Pneu-Krans<br />
sowie eines Hubschraubers<br />
bis auf<br />
die gesamte Höhe<br />
von 126 m ausgesteckt.»<br />
V. Risiken<br />
Ein gelungener Hochhausneubau fasst Wohn-, Geschäfts<strong>und</strong><br />
Freizeitnutzungen in einem Gebäude zusammen <strong>und</strong><br />
stellt ein mögliches Mittel zum nachhaltigen Bauen <strong>und</strong> zum<br />
Erhalt von Grünzonen dar. Hochhausprojekte bergen aber<br />
etliche Risiken, welche das Gelingen des Projektes stark erschweren<br />
können 11 .<br />
Hochhäuser sind in der Schweiz in der Regel Solitäre; ihre<br />
Integration in das vorhandene bauliche Umfeld stellte<br />
deshalb eine heikle Aufgabe dar. Zudem können sie das Mikrokl<strong>im</strong>a<br />
durch Fallwinde, den Verschattungsgrad sowie<br />
durch die Unterbrechung von Sichtachsen empfindlich<br />
stören. Auch die bei der Projektierung versprochene Durchmischung<br />
erfolgt oftmals nur funktional, d.h. durch die verschiedenen<br />
Nutzungsarten, nicht jedoch sozial, indem<br />
das Angebot auf wenige Nutzungsgruppen ausgerichtet ist.<br />
Beispiele aus dem In- <strong>und</strong> Ausland zeigen die soziale <strong>und</strong><br />
architektonische Problematik der Grosswohnsiedlungen<br />
(z.B. die Plattenbauten in der ehemaligen DDR, die wie künstliche<br />
Trabantenstädte wirken). Hochhausbauten für den<br />
reinen Wohnungsbau stellen daher eine besonders komplexe<br />
Bauaufgabe dar.<br />
«Hochhäuser sind<br />
in der Schweiz<br />
in der Regel Solitäre;<br />
ihre Integration<br />
in das vorhandene<br />
bauliche<br />
Umfeld stellte deshalb<br />
eine heikle<br />
Aufgabe dar.»
14<br />
THEMA<br />
«Die <strong>im</strong> Vergleich<br />
zu einfachen Bauten<br />
ähnlicher<br />
Dichte sehr hohen<br />
Baukosten bewirken,<br />
dass nur<br />
sehr wenige potenzielle<br />
Investoren<br />
die Möglichkeit<br />
haben, Hochhausprojekte<br />
überhaupt in Angriff<br />
zu nehmen.»<br />
Die <strong>im</strong> Vergleich zu einfachen Bauten ähnlicher Dichte<br />
sehr hohen Baukosten bewirken, dass nur sehr wenige<br />
potenzielle Investoren die Möglichkeit haben, Hochhausprojekte<br />
überhaupt in Angriff zu nehmen. Die zusätzlich<br />
hohen Realisierungsrisiken wegen hohen Anforderungen<br />
an den Bau von Hochhäusern <strong>und</strong> die Projektverzögerungen<br />
wegen Einsprachen <strong>und</strong> Rekursen treiben die<br />
Kosten ebenfalls in die Höhe. Die Nutzfläche ist <strong>im</strong> Verhältnis<br />
zu den Geschossflächen in einem Hochhaus eher tief,<br />
da aufwändige vertikale Erschliessungen (mehrere Liftanlagen,<br />
Treppenhäuser <strong>und</strong> Fluchtwege) viel Platz einnehmen.<br />
Dies wiederum lässt die Kosten für Betrieb <strong>und</strong><br />
Unterhalt steigen.<br />
«Ein Investor<br />
sollte <strong>im</strong>mer<br />
gleichzeitig prüfen,<br />
ob ein geplantes<br />
Vorhaben auch<br />
mit einer konventionellen,<br />
nicht<br />
überhohen Überbauung<br />
erreicht<br />
werden kann. Mittels<br />
Sonderbauvorschriften,<br />
Gestaltungsplan<br />
oder Arealüberbauung<br />
kann so<br />
eventuell mehr erreicht<br />
werden als<br />
mit einem Hochhaus.»<br />
<strong>Carmen</strong> <strong>Walker</strong><br />
Späh, Rechtsanwältin,<br />
Zürich<br />
VI. Fazit<br />
Die Dauer bis zum Erlangen einer rechtskräftigen Baubewilligung<br />
<strong>und</strong> Genehmigung für einen Hochhausneubau<br />
ist aufgr<strong>und</strong> der speziellen Anforderungen an ein solches<br />
Projekt deutlich höher. Nicht nur die Komplexität eines Hochhauses,<br />
sondern vor allem auch die Anforderungen an die<br />
Architektur <strong>und</strong> die Einordnung in das bestehende Quartier<br />
erfordert eine minutiöse Planung in Absprache mit<br />
den Baubehörden. Und obwohl ein Hochhausprojekt in der<br />
Regel sowohl bautechnisch, ökologisch <strong>und</strong> städtebaulich<br />
den höchsten Anforderungen entspricht <strong>und</strong> rechtlich einwandfrei<br />
ist, sind Einsprachen <strong>und</strong> Baurekurse fast <strong>im</strong>mer<br />
garantiert <strong>und</strong> bewirken eine Verzögerung der Realisation<br />
des Neubaus um Jahre. Die dadurch entstehenden hohen<br />
Kosten lassen ein Hochhausneubauprojekt schnell ineffizient<br />
werden. Ein Investor sollte deshalb <strong>im</strong>mer gleichzeitig<br />
prüfen, ob ein geplantes Vorhaben auch mit einer<br />
konventionellen, nicht überhohen Überbauung erreicht<br />
werden kann. Mittels Sonderbauvorschriften, Gestaltungsplan<br />
oder Arealüberbauung kann so eventuell mehr erreicht<br />
werden als mit einem Hochhaus. Dennoch bringen<br />
Hochhäuser – wenn sie denn gelingen – Verdichtung,<br />
Aufwertungs- <strong>im</strong>pulse <strong>und</strong> Modernität.
THEMA<br />
15<br />
1 Fritzsche Christoph/Bösch Peter, Zürcher <strong>Planungs</strong>- <strong>und</strong> Baurecht, 3. Auflage,<br />
Zürich 2003, Ziff. 13.4.1.1.<br />
2 Haller Walter/Karlen Peter, Rechtsschutz <strong>im</strong> Raumplanungs- <strong>und</strong> Baurecht,<br />
2. Auflage, Zürich 1998, N 1066.<br />
3 Hochbaudepartement der Stadt Zürich, Amt für Städtebau, Herleitung der Hochhausgebiete<br />
in Zürich, Arbeitsbericht, November 2001, Ziff. 4.3.3.<br />
4 Hochbaudepartement der Stadt Zürich, Amt für Städtebau, Hochhäuser in Zürich,<br />
Richtlinien für die Planung <strong>und</strong> Beurteilung von Hochhausprojekten, November<br />
2001.<br />
5 NZZ, Hochhäuser müssen einen Mehrwert bieten, Interview mit dem Direktor<br />
des Amts für Städtebau der Stadt Zürich, 11./12. April 2009, S. 47.<br />
6 NZZ, Wie viele Hochhäuser für Zürich-West?, 7. Mai 2011, S. 21.<br />
7 BGE 99 Ia 143 E. 6.<br />
8 Fritzsche Christoph/Bösch Peter, Zürcher <strong>Planungs</strong>- <strong>und</strong> Baurecht, 3. Auflage,<br />
Zürich 2003, Ziff. 13.4.1.3.<br />
9 Fritzsche Christoph/Bösch Peter, Zürcher <strong>Planungs</strong>- <strong>und</strong> Baurecht, 3. Auflage,<br />
Zürich 2003, Ziff. 20.7.4.1.<br />
10 Fritzsche Christoph/Bösch Peter, Zürcher <strong>Planungs</strong>- <strong>und</strong> Baurecht, 3. Auflage,<br />
Zürich 2003, Ziff. 21.5.11.1.<br />
11 Wüest & Partner, Immo-Monitoring 2010/1, Hochhäuser in der Schweiz,<br />
S. 72.