Cumdente_DZW 40-09_18
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<strong>18</strong> Die ZahnarztWoche<br />
Praxis aktuell<br />
Ausgabe <strong>40</strong>/<strong>09</strong><br />
Prothesenmanagement – neue Techniken<br />
zur Fixierung abnehmbaren Zahnersatzes<br />
Interview mit PD Dr. Rainer Hahn, ärztlicher Leiter der Zahnärztlichen Privatklinik Tübingen<br />
und Geschäftsführer der Firma <strong>Cumdente</strong><br />
Mithilfe von Implantaten eröffnen sich für die prothetische Versorgung<br />
der Patienten viele neue Möglichkeiten. Aber gerade bei Voll- und Teilprothesen<br />
und bei schlechtem Knochenangebot gibt es Probleme, zudem wollen oder können<br />
nicht alle Patienten umfangreiche Knochenaufbaumaßnahmen vor Implantation<br />
akzeptieren. PD Dr. Rainer Hahn hat nun ein neues, einfacheres<br />
Konzept und ein neues Implantatsystem entwickelt, das hier auch dem Allgemeinzahnarzt<br />
neue Möglichkeiten eröffnet. Er gibt dazu im folgenden Interview<br />
Auskunft.<br />
?<br />
Was verstehen Sie unter Prothesenmanagement,<br />
und was ist neu an der Technik,<br />
abnehmbaren Zahnersatz mittels Implantaten<br />
zu fixieren?<br />
PD Dr. Rainer Hahn: Abnehmbarer Zahnersatz<br />
kann entweder zahngetragen, implantatgetragen<br />
oder schleimhautgetragen<br />
konzipiert werden. Da die Schleimhaut eine<br />
hohe Resilienz aufweist, ist eine Kombination<br />
implantat- und schleimhautgetragenen<br />
Zahnersatzes, insbesondere bei wenigen Implantaten,<br />
vorwiegend spongiösem Knochen<br />
(zum Beispiel im Oberkiefer) oder bei geplanter<br />
Sofort-Belastung häufig mit hohen<br />
Misserfolgen der Implantate verbunden.<br />
Unter Prothesenmanagement verstehen<br />
wir, dass Voll- oder Teilprothesen<br />
mit Sattel-<br />
1 auflage rein schleimhautgetragen<br />
konzipiert der zahnärztlichen Privatklinik Tübingen,<br />
PD Dr. Rainer Hahn ist ärztlicher Leiter<br />
werden und Implantate,<br />
wie zum Beispiel unsere<br />
Click-Implantate,<br />
die Funktion von Halteelementen<br />
übernehmen,<br />
die die Sattelauflage<br />
gegen die<br />
Schleimhaut vorspannen.<br />
Voraussetzung dabei<br />
ist, dass die Prothesen,<br />
wissenschaftlicher Leiter der Tübinger<br />
Dentalschool und Geschäftsführer der<br />
Firma <strong>Cumdente</strong>. Er ist Hochschullehrer<br />
und Autor zahlreicher wissenschaftlicher<br />
Originalarbeiten, Lehrbücher und Patentschriften.<br />
Seine Forschungsarbeiten<br />
wurden vielfach ausgezeichnet,<br />
unter anderem mit dem Miller-Preis der<br />
Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mundund<br />
Kieferheilkunde.<br />
bevor sie mit<br />
den Implantaten verbunden<br />
werden, Probe<br />
getragen werden,<br />
damit sie sich definitiv<br />
in die Schleimhaut<br />
auf Zugbeanspruchung präzise an den Implantaten<br />
fixieren, während auf Kaudruck die<br />
Verbindung eine größere Resilienz aufweisen<br />
muss als die Schleimhaut selbst.<br />
einlagern können. In<br />
der Regel sind zwei<br />
?<br />
Was ist neu an<br />
Wochen Probetragen den Click-Implantaten?<br />
Abb. 1: Prothesenmanagement mithilfe von Click-Implantaten.<br />
Eine Sitzung mit minimal-invasiver Operation, für Oberkiefer<br />
und Unterkiefer geeignet und kostengünstig<br />
ausreichend, auch um<br />
Druckstellen zu entfernen<br />
und um unter<br />
Umständen eine funktionelle<br />
Remontage<br />
vorzunehmen. Die Verbindungselemente<br />
müssen die Prothese<br />
Hahn: Click-Implantate wurden für den Allgemeinzahnarzt<br />
entwickelt. Indikationen sind<br />
die Befestigung von Prothesen, Teilprothesen<br />
im Ober- und im Unterkiefer sowie die Instandsetzung<br />
zum Beispiel von Teleskopprothesen,<br />
nachdem strategisch wichtige<br />
Pfeiler zu Verlust gegangen sind. Click-Implantate<br />
wurden vor allem für den atrophierten
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Kiefer entwickelt und können im Oberkiefer<br />
und im Unterkiefer üblicherweise sofort belastet<br />
werden.<br />
Das Schraubendesign (2,4 Millimeter Gewindedurchmesser)<br />
ist aus der Osteosynthese<br />
abgeleitet. Die Schraube hat eine verrundete<br />
glatt polierte Spritze mit lateraler<br />
Schneide. Die Schneidwirkung bei nur 1,8 Millimeter<br />
Vorbohrung in der Spongiosa ist ausgesprochen<br />
gut, Knochenkompakta kann jedoch<br />
nicht ungewollt perforiert<br />
werden. In den meisten Fällen ist<br />
es ausreichend, den Pilotstollen<br />
nur drei bis fünf Millimeter tief<br />
vorzubohren.<br />
In der Regel genügt es, dazu die<br />
Gingiva an der geplanten Implantationsstelle<br />
lediglich fingerbreit<br />
einzuritzen. Die Präparation eines<br />
umfangreichen Mukoperiostlappens<br />
ist zumeist nicht notwendig,<br />
was den Eingriff und übliche Komplikationen<br />
drastisch minimiert 2<br />
sowie deutlich verkürzt. Auch der<br />
implantologisch nicht sehr erfahrene<br />
Zahnarzt kann so mit hoher Sicherheit<br />
und großem Erfolg implantieren.<br />
?<br />
Was heißt das<br />
für den Patienten?<br />
Hahn: Üblicherweise müssen gerinnungshemmende<br />
Medikamente<br />
zur Eingliederung von Click-Implantaten<br />
nicht abgesetzt werden.<br />
Schwellungen, Nachbeschwerden<br />
oder Hämatome sind sehr selten.<br />
Es reichen meist zwei Einzelknopfnähte<br />
pro Implantat. Die Implantate<br />
haben eine hohe Primärfestigkeit<br />
und können auch im<br />
Oberkiefer in der Regel sofort belastet<br />
werden.<br />
?<br />
Gilt das für<br />
alle Gingivatypen?<br />
Hahn: Im Idealfall sollte die Gingiva<br />
am Implantationsort zwei Millimeter<br />
Stärke oder mehr aufweisen und befestigt<br />
sein. Click-Implantate gibt es in verschiedenen<br />
Gingivahöhen. Die Gingivadicke<br />
wird vor dem Eingriff mittels zahnärztlicher<br />
Sonde und Endostopper gemessen. Die Click-<br />
Implantate haben an dieser sensiblen Stelle<br />
der biologischen Breite eine besondere konische<br />
Form, die den atrophierten Knochen<br />
spreizen kann und für eine dichte Anlagerung<br />
Abb. 2 und 3: Typisch für Click-Implantate: neuartiges selbstschneidendes<br />
Mini-Implantat-Design, speziell für den (stark) atrophierten<br />
Kiefer. In der Regel wird die Schleimhaut nur fingerbreit<br />
eingeritzt. Ein Vorbohrer von nur 1,8 Millimetern Durchmesser<br />
reicht, um wenige Millimeter tief vorzubohren. Umfangreiche<br />
chirurgische Lappenpräparationen sind meist genauso<br />
umgänglich wie Augmentationstechniken.<br />
des periimplantären Bindegewebes sorgt.<br />
Dadurch wird die Ausbildung von Saumepithel<br />
am Implantat begünstigt.<br />
?<br />
Wie hält<br />
die Prothese?<br />
Hahn: Wir nennen die Click-Implantate auch<br />
häufig „Prothesen-Andrücker“. Man stelle<br />
sich vor, der Patient hält seine Prothese mit<br />
zwei Fingern zum Beispiel an Regio 4 gegen<br />
die Schleimhaut fest. Dadurch wird die<br />
Prothese hervorragend fixiert, und es gelangen<br />
keine Speisereste unter die Prothesenbasis.<br />
Die Click-Implantate erfüllen exakt diese<br />
Funktion der Finger, jedoch von basal.<br />
Das heißt, die Prothese ist auch in Kombination<br />
mit diesem Implantat schleimhautgetragen.<br />
Erst nach zwei Wochen (Probe-)Tragezeit<br />
der Prothese wird implantiert.<br />
Die Prothese dient bei der OP-Planung als<br />
Röntgenschablone. Dazu werden an den Zähnen<br />
nahe des geplanten Implantationsortes,<br />
zum Beispiel an den beiden ersten oder zweiten<br />
Prämolaren beziehungsweise an den Eckzähnen,<br />
Zinnfolienabschnitte definierter Länge<br />
(zum Beispiel fünf Millimeter) angebracht<br />
und mit der Prothese ein Röntgenbild, zum Beispiel<br />
ein OPG, angefertigt. So<br />
kann man den geplanten Implantationsort<br />
mit der Prothese<br />
und Zähnen in Relation setzen<br />
und gleichzeitig das Knochenangebot<br />
bewerten.<br />
Zur Markierung der Implantatposition<br />
im Mund wird die<br />
trockene Prothesenbasis an der<br />
geplanten Stelle basal zum Beispiel<br />
mit einem Fettstift (Lippenstift<br />
etc.) beschickt und in<br />
den Mund eingegliedert. Der Lippenstift<br />
markiert so die Schleimhaut<br />
am geplanten Implantationsort.<br />
Die Implantate können so<br />
präzise an der gewünschten Stelle<br />
eingegliedert werden. Bei<br />
Click-Implantaten ist die Achsrichtung<br />
weniger von Bedeutung,<br />
da diese bezüglich der Abzugsrichtung<br />
der Prothese sehr tolerant<br />
ist und schräge Abzugswinkel<br />
bis zu 30 Grad zur Implantatachse<br />
zulässt.<br />
Sollten in Ausnahmefällen die<br />
3<br />
Implantate bereits vor dem Probetragen<br />
der Prothese eingegliedert<br />
sein, müssen diese<br />
während des Probetragens der<br />
neuen Prothese oder der neu<br />
unterfütterten alten Prothese<br />
an der Prothesenbasis ausreichend<br />
hohl geschliffen werden.<br />
Erst wenn keine Druckstellen<br />
mehr bestehen, und sich die Prothese<br />
definitiv in die Schleimhaut<br />
eingelagert hat, werden die<br />
Implantate im Mund des Patienten durch Einpolymerisation<br />
von auf die Implantate aufgesteckte<br />
Matrizen mit Kunststoff-Retainer-<br />
Einsätzen mit der Prothesenbasis verbunden.<br />
Während der Aushärtung des Kunststoffs<br />
beißt der Patient mit ca. 50 Prozent<br />
Kraft auf die gegebenenfalls zuvor remontierte<br />
Prothese. Wenn der Patient später die<br />
Prothese einsetzt und auf die Implantate
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Praxis aktuell<br />
Ausgabe <strong>40</strong>/<strong>09</strong><br />
klickt, halten diese die Prothese in der<br />
Schleimhaut eingelagerten Position fest. Somit<br />
sind auch gaumenfreie Prothesen im<br />
Oberkiefer mit großem Erfolg machbar.<br />
?<br />
Wie viele Click-Implantate braucht ein<br />
Patient?<br />
Hahn: Üblicherweise genügen zwei Click-<br />
Implantate in Unterkiefer- und zwei bei Oberkieferprothesen<br />
mit herkömmlicher Gaumenplatte,<br />
am besten in regio 3 oder 4. Bei<br />
gaumenfreien Oberkieferprothesen sind<br />
vier Implantate zum Beispiel in regio 3 und<br />
4 beidseitig zu empfehlen. Alternativ kann<br />
zumindest einseitig ein Implantat im retromolaren<br />
Bereich im Unterkiefer oder im Bereich<br />
der Tuber maxillae oder direkt angrenzend<br />
an eine Extraktionsalveole eines zuvor<br />
extrahierten Zahn eingegliedert werden.<br />
?<br />
Wie ist die Akzeptanz<br />
bei den Patienten?<br />
Hahn: Die großartige Resonanz der Zahnärzte<br />
für dieses System basiert auf begeisterten<br />
Patienten, die in einer Sitzung kostengünstig<br />
eine festsitzende Prothese erhalten haben.<br />
?<br />
Sie erwähnten Click-Implantate in Zusammenhang<br />
mit Teleskopprothesen.<br />
Was hat es damit auf sich?<br />
Hahn: Nicht selten kommt es einige Jahre<br />
nach dem Eingliedern einer hochwertigen<br />
Teleskoparbeit zum Verlust von strategisch<br />
wichtigen Pfeilerzähnen.<br />
Oft ist der Halt der Teleskoparbeit danach reduziert.<br />
Durch minimal-invasive Eingliederung<br />
eines oder mehrerer Click-Implantate<br />
an der Stelle des verlorenen Pfeilers oder an<br />
anderer geeigneter Stelle kann die Teleskopversorgung<br />
ohne große Änderungen<br />
schnell und einfach wieder instand gesetzt und<br />
befestigt werden.<br />
?<br />
Was braucht man<br />
an Instrumenten?<br />
Hahn: Neben einem zum Beispiel 15er Skalpell,<br />
zwei Raspatorien und Nahtmaterial braucht<br />
man in der Regel nur einen Vorbohrer (1,8<br />
4<br />
5<br />
Abb. 4 und 5: Fallbeispiel – In-situ-Zustand/OPG-Röntgenkontrolle nach zwölf Monaten.<br />
Im Oberkiefer gaumenfreie Vollprothese mit vier Click-Implantaten. Im Unterkiefer<br />
Vollprothese mit zwei Click-Implantaten<br />
Millimeter) sowie einen kompatiblen Schraubenschlüssel<br />
nebst Ratsche und ein Instrument<br />
zum Wechseln der Retainereinsätze. Als Gedankenstütze<br />
gibt es eine <strong>Cumdente</strong>-Arbeitskarte<br />
auch zu diesem Thema, die auch das<br />
Team vor Ort in der Praxis unterstützt. ■<br />
Quelle: <strong>DZW</strong> Die ZahnarztWoche · Ausgabe <strong>40</strong>/<strong>09</strong> vom 30.<strong>09</strong>.20<strong>09</strong>