Breyer: Bürgerrechte und TKG-Novelle - Daten-Speicherung.de ...
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<strong>Breyer</strong> – <strong>Bürgerrechte</strong> <strong>und</strong> <strong>TKG</strong>-<strong>Novelle</strong> Seite 3<br />
sich <strong>de</strong>r Staat einen erweiterten Zugriff auf Kommunikationsdaten, in<strong>de</strong>m er<br />
Diensteanbietern eine Vorratsdatenspeicherung erlaubt, so greift er mittelbar in das<br />
Gr<strong>und</strong>recht <strong>de</strong>r Kommunikationsteilnehmer aus Art. 10 GG ein.<br />
Eine Vorratsspeicherung von Verkehrsdaten ist in Anbetracht ihres geringen Nutzens<br />
unverhältnismäßig (siehe auch Punkt 7 unten). Die bloße theoretische Eignung eines<br />
Datums für Zwecke <strong>de</strong>r Störungsbeseitigung o<strong>de</strong>r Missbrauchsunterbindung kann<br />
<strong>de</strong>ssen <strong>Speicherung</strong> noch nicht legitimieren 7 . Ansonsten wäre praktisch das gesamte<br />
<strong>Daten</strong>schutzrecht sinnlos, weil sich bei keinem Datum ausschließen lässt, dass es<br />
einmal benötigt wer<strong>de</strong>n könnte. Ließe man diese theoretische Möglichkeit genügen,<br />
dann wäre auf <strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r Telekommunikation selbst die <strong>Speicherung</strong> von Inhalten<br />
gerechtfertigt. Auch anhand von gespeicherten Telekommunikationsinhalten könnte<br />
nämlich in einzelnen Fällen nachgewiesen wer<strong>de</strong>n, dass ein Nutzer einen Dienst<br />
rechtswidrig benutzt hat. Telefonunternehmen dürften dann beispielsweise alle<br />
Telefongespräche aufzeichnen, um anhand <strong>de</strong>r Stimme nachweisen zu können, wer<br />
einmal rechtswidrig telefoniert haben könnte. Den Diensteanbietern die <strong>Speicherung</strong><br />
von Verkehrsdaten nur im Einzelfall zu erlauben, ist <strong>de</strong>n Anbietern zumutbar, <strong>de</strong>nn sie<br />
können sich gegen eventuelle Störungen, Schä<strong>de</strong>n <strong>und</strong> gegen Missbrauch versichern<br />
<strong>und</strong> die Versicherungsprämie auf ihre K<strong>und</strong>en umlegen.<br />
Damit ist § 100 <strong>TKG</strong> wegen Verstoßes gegen das Verhältnismäßigkeitsgebot mit Art. 10<br />
GG unvereinbar <strong>und</strong> nichtig. Eine verfassungskonforme Auslegung <strong>de</strong>r Vorschrift dahin<br />
gehend, dass eine <strong>Daten</strong>speicherung nur in einzelnen Fällen zulässig sei, ist mit <strong>de</strong>m<br />
klaren Wortlaut <strong>de</strong>s § 100 <strong>TKG</strong> wie auch mit <strong>de</strong>m in <strong>de</strong>r Begründung zum Ausdruck<br />
kommen<strong>de</strong>n Willen <strong>de</strong>s Gesetzgebers nicht in Einklang zu bringen.<br />
Umgekehrt hätte <strong>de</strong>r Gesetzgeber – auch gegenüber <strong>de</strong>r bisherigen Rechtslage –<br />
Anlass gehabt, in § 100 Abs. 3 <strong>TKG</strong> einschränkend klarzustellen, dass<br />
Telekommunikationsunternehmen keine Strafverfolgungsbehör<strong>de</strong>n sind. Ohne<br />
richterliche Anordnung dürfen sie auch bei Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte im<br />
Einzelfall nicht auf eigene Faust in das Fernmel<strong>de</strong>geheimnis eingreifen, um<br />
vermeintliche „rechtswidrige Inanspruchnahmen <strong>de</strong>r Telekommunikationsnetze <strong>und</strong> -<br />
dienste” aufzu<strong>de</strong>cken, zumal sie für <strong>de</strong>rartiges Verhalten ihrer K<strong>und</strong>en nicht haften.<br />
Eine Ausnahme ist allenfalls für Leistungserschleichungen <strong>und</strong> Hackerangriffen<br />
gerechtfertigt, von <strong>de</strong>nen das jeweilige TK-Unternehmen selbst betroffen ist. In an<strong>de</strong>ren<br />
Fällen haben TK-Unternehmen – wie je<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Bürger auch – die<br />
Strafverfolgungsbehör<strong>de</strong>n einzuschalten. Das Fernmel<strong>de</strong>geheimnis muss Vorrang vor<br />
rechtsstaatlich be<strong>de</strong>nklichen Überwachungsambitionen von TK-Unternehmen haben.<br />
Der Wille <strong>de</strong>s Gesetzgebers, die <strong>Speicherung</strong>srechte <strong>de</strong>r Diensteanbieter auszuweiten,<br />
hat sich <strong>de</strong>mgegenüber in verschie<strong>de</strong>nen Vorschriften <strong>de</strong>s neuen <strong>TKG</strong><br />
nie<strong>de</strong>rgeschlagen, etwa in § 88 <strong>TKG</strong>, <strong>de</strong>r Vorschrift über das Fernmel<strong>de</strong>geheimnis.<br />
Bisher sah § 85 Abs. 3 S. 1 <strong>TKG</strong> a.F. vor, dass sich Diensteanbieter nur insoweit<br />
Kenntnis von Inhalt <strong>und</strong> <strong>de</strong>n näheren Umstän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Telekommunikation verschaffen<br />
dürfen, wie es zur geschäftsmäßigen Erbringung <strong>de</strong>r Telekommunikationsdienste<br />
erfor<strong>de</strong>rlich ist. § 88 Abs. 3 S. 1 <strong>TKG</strong> erlaubt Diensteanbietern nunmehr die<br />
Kenntnisnahme „für die geschäftsmäßige Erbringung <strong>de</strong>r Telekommunikationsdienste<br />
einschließlich <strong>de</strong>s Schutzes ihrer technischen Systeme“. Die Einfügung <strong>de</strong>r Worte<br />
7 Ähnlich die Erklärung <strong>de</strong>r <strong>Daten</strong>schutzbeauftragten <strong>de</strong>s B<strong>und</strong>es <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Län<strong>de</strong>r vom 25. Juni 2004,<br />
www.lda.bran<strong>de</strong>nburg.<strong>de</strong>/sixcms/<strong>de</strong>tail.php?id=161413&template=aktuell_d1: „Das gr<strong>und</strong>gesetzlich garantierte<br />
Fernmel<strong>de</strong>geheimnis lässt eine <strong>Speicherung</strong> von <strong>Daten</strong> über die Nutzung öffentlicher Telekommunikationsnetze<br />
(insbeson<strong>de</strong>re auch <strong>de</strong>s Internets) außer für betriebliche Zwecke nur zu, wenn ein konkreter<br />
Verdacht für eine Straftat von erheblicher Be<strong>de</strong>utung besteht.“<br />
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